Pretoria (dpa) – Nach dem historischen Verlust der absoluten Mehrheit bei der Parlamentswahl am 29. Mai strebt Südafrikas Regierungspartei African National Congress (ANC) eine Kooperation mit allen im Parlament vertretenen Parteien an. Präsident und ANC-Parteichef Cyril Ramaphosa verkündete diese Entscheidung nach einer mehrstündigen Sitzung der Parteispitze.
Der ANC hatte zum ersten Mal seit 30 Jahren die absolute Mehrheit verloren und verfügt nur noch über 159 der 400 Sitze im Parlament. Somit kann die Partei des einstigen Anti-Apartheid-Kämpfers Nelson Mandela nicht mehr alleine die Regierung stellen. Bis Ende nächster Woche müssen die neugewählten Parlamentarier eine Regierung bilden und einen Präsidenten wählen.
Eine Regierung der Nationalen Einheit ist eine Art Große Koalition mit allen Parteien, die bei der Wahl Sitze im Parlament gewonnen haben. Laut ANC-Sprecher Mahlengi Bhengu-Motsiri würde eine solche Regierung die Wünsche aller Wähler in Betracht ziehen und vertreten. Durch diesen Schritt könnte der ANC vermeiden, sich an einen einzelnen Koalitionspartner binden zu müssen, wie beispielsweise die wirtschaftsliberale Demokratische Allianz (DA), die einen großen Teil der ANC-Wählerschaft vergraulen könnte.
Allerdings sehen Analysten in einer Regierung der Nationalen Einheit auch Risiken. Es bestehen Zweifel an der Stabilität und Konsensfähigkeit einer solchen Koalition, da sie eine Vielzahl unterschiedlicher politischer Interessen und Ideologien unter einen Hut bringen müsste.
Der ANC steht nun vor der Herausforderung, eine tragfähige Regierungskoalition zu bilden, um die drängenden Probleme des Landes wie hohe Arbeitslosigkeit, Korruption und soziale Ungleichheit anzugehen. Die Entscheidung für eine Regierung der Nationalen Einheit könnte ein Versuch sein, die Verantwortung auf mehrere Schultern zu verteilen und einen breiten Konsens zu finden. Ob dieser Ansatz erfolgreich sein wird, bleibt abzuwarten.
Die kommenden Tage und Wochen werden zeigen, wie die Verhandlungen zwischen den Parteien verlaufen und ob es dem ANC gelingt, eine stabile Regierung zu bilden. Die Wähler in Südafrika werden genau beobachten, ob ihre Interessen in einer möglichen Regierung der Nationalen Einheit angemessen vertreten werden und ob diese in der Lage ist, die drängenden Herausforderungen des Landes effektiv anzugehen.
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