In einer überraschenden Wendung hat Südkoreas Präsident Yoon Suk Yeol am Dienstag das Kriegsrecht ausgerufen. In einer live im Fernsehen übertragenen Rede erklärte Yoon, dass die Regierungsarbeit durch wiederholte Verstöße der Opposition gelähmt sei und dass die Einführung des Kriegsrechts notwendig sei, um „pronordkoreanische Elemente“ zu entfernen und ein freies, demokratisches Südkorea wiederherzustellen. Medienberichten zufolge wurde das Parlament abgeriegelt und alle politischen Aktivitäten wurden verboten.
Die Erklärung erfolgt inmitten eines heftigen Streits zwischen der Regierung und der Demokratischen Partei, der größten Oppositionspartei, über den Staatshaushalt für 2025. Yoon warf der Opposition vor, das Parlament in ein „Zufluchtsort für Kriminelle“ und einen „Hort für eine legislative Diktatur“ verwandelt zu haben, die darauf abziele, das juristische und administrative System des Landes zu lähmen und die demokratische Ordnung zu untergraben.
„Um ein liberales Südkorea vor den Bedrohungen durch die nordkoreanischen kommunistischen Truppen zu schützen und antistaatliche Elemente zu eliminieren, rufe ich hiermit das Kriegsrecht aus“, sagte Yoon in seiner Ansprache. Der Präsident kritisierte die oppositionellen Abgeordneten scharf, da diese in der vergangenen Woche nur eine stark gekürzte Version des Haushaltsentwurfs im Parlamentsausschuss genehmigt hatten.
Yoon warf der Opposition vor, Gelder für wesentliche staatliche Aufgaben, wie die Bekämpfung von Drogenkriminalität und die Wahrung der öffentlichen Ordnung, gekürzt zu haben, was zu einem „Zustand des Chaos bei der öffentlichen Sicherheit“ geführt habe. „Ich werde das Land zur Normalität zurückführen, indem ich es von den antistaatlichen Kräften befreie“, so der Präsident weiter.
In seiner Rede verkündete Yoon weitreichende Maßnahmen, die nun unter dem Kriegsrecht in Kraft treten sollen. „Alle politischen Aktivitäten, einschließlich derjenigen der Nationalversammlung, der Gemeinderäte, der politischen Parteien und Vereinigungen sowie Versammlungen und Demonstrationen, sind strengstens verboten“, erklärte er. Auch alle Medien und Publikationen werden der Kontrolle des Kriegsrechtskommandos unterstellt und sind somit der staatlichen Aufsicht unterworfen.
Berichten zufolge blockierten Polizeibusse den Zugang zum südkoreanischen Parlament in Seoul. In Fernsehaufnahmen waren auch Hubschrauber zu sehen, die auf dem Dach des Parlamentsgebäudes landeten, was auf die Dringlichkeit und das Ausmaß der Sicherheitsmaßnahmen hinweist.
Südkorea befindet sich mit Nordkorea seit dem Ende des Korea-Krieges 1953 noch immer in einem formellen Kriegszustand, da der Konflikt mit einem Waffenstillstand und nicht mit einem Friedensvertrag beendet wurde. Die beiden Länder sind durch die etwa vier Kilometer breite entmilitarisierte Zone (DMZ) voneinander getrennt.
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