Nachdem Nordkorea erneut massenhaft Ballons mit Müll über die Grenze nach Südkorea geschickt hat, zieht Südkorea Konsequenzen. Der Nationale Sicherheitsrat in Seoul kündigte am Sonntag an, den verfeindeten Nachbarstaat wieder mit Lautsprecherdurchsagen zu beschallen. In der Vergangenheit strahlte Südkorea über diese Lautsprecher unter anderem Nachrichten und südkoreanische Popmusik aus. Die Boxenanlagen sind entlang der Grenze aufgetürmt und in Richtung Norden ausgerichtet.
Entscheidung des Präsidialamts
Das Präsidialamt in Seoul erklärte am Sonntag im Vorfeld, dass die Lautsprecheranlagen noch am selben Tag aufgestellt und Durchsagen gemacht würden. Die Verantwortung für die „Eskalation der Spannungen“ zwischen beiden Ländern liege „allein beim Norden“. Das Vorgehen Pjöngjangs habe diese Gegenmaßnahme notwendig gemacht. Die Reichweite der Beschallungssysteme beträgt mehr als 20 Kilometer.
Aktuelle Ballonaktionen Nordkoreas
Zwischen Samstag und Sonntag hat Nordkorea nach Angaben der südkoreanischen Armee etwa 330 an Ballons befestigte Müllsäcke über die Grenze in den Süden geschickt. Etwa 80 Müllsäcke seien „in unserem Gebiet niedergegangen“, und in der Luft sei derzeit nichts zu erkennen, so der südkoreanische Generalstab. Analysen ergaben, dass die Säcke mit Altpapier und Plastik gefüllt seien und „keine sicherheitsgefährdenden Substanzen“ enthielten.
Warnungen und Reaktionen
Die Stadtverwaltung von Seoul und die Behörden der umliegenden Grenzprovinz Gyeonggi-do im Nordwesten des Landes hatten am Samstag per Textnachricht die Einwohner vor den Ballons gewarnt. Seouls Bürgermeister Oh Se Hoon bezeichnete die Aktion via Facebook als „minderwertige Provokation gegen unsere zivilen Gebiete“.
Frühere Ballonaktionen und Aussetzung des Militärabkommens
Nordkorea hatte in den vergangenen Wochen bereits Hunderte Ballons mit Müll über die Grenze geschickt. Diese Müllsendungen enthielten unter anderem Zigarettenstummel, Plastik, Stoff- und Papierreste sowie möglicherweise Fäkalien oder Tiermist. Südkorea setzte daraufhin ein Militärabkommen mit Nordkorea aus dem Jahr 2018 aus. Das Abkommen zielt darauf ab, die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel abzubauen und eine unbeabsichtigte Eskalation zu vermeiden. Seoul hatte das Abkommen bereits im vergangenen Jahr teilweise ausgesetzt, nachdem Pjöngjang einen Spionagesatelliten ins All gebracht hatte.
Erwartete Verschärfung der Spannungen
Die Aussetzung des Militärabkommens ermöglicht Südkorea die Wiederaufnahme von Schießübungen und Propagandakampagnen über Lautsprecher entlang der Grenze. Der Schritt Südkoreas, die Lautsprecherdurchsagen, die auf den Koreakrieg zurückgehen, wieder aufzunehmen, könnte nach Ansicht von Fachleuten die Spannungen zwischen beiden Ländern weiter verstärken.
Reaktionen südkoreanischer Aktivisten
Als Reaktion auf die Müllballons haben südkoreanische Aktivisten in den vergangenen Wochen Dutzende Ballons mit K-Pop-Aufnahmen, Dollarscheinen und Flugblättern, die Kritik am nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Un enthalten, in Richtung Norden steigen lassen. Diese Aktionen haben Pjöngjang verärgert. Die Aktivitäten der Gruppen, die teils von nordkoreanischen Flüchtlingen gegründet wurden, sind in Südkorea jedoch umstritten.
Die jüngsten Entwicklungen lassen vermuten, dass die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel in naher Zukunft zunehmen könnten.
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