Manche mögen dies so sehen, so Dr. Werner Wehmer vom Tafel Leipzig e.V., aber neben vielen Herausforderungen hat das Jahr 2020 aber auch gezeigt, dass Menschen in der Not in der Lage sind, dann auch zusammen zu halten.
Das war für mich die tollste Erkenntnis des Jahres 2020. Gerade zu Zeiten des ersten Lockdowns standen wir vor Problemen, deren Lösung uns wirklich auch Kopfzerbrechen gemacht hat. Das Wichtigste war für uns, „wie halten wir unseren Sozialbetrieb weiterhin aufrecht?“. Ideen waren gefragt, und in der Not kommt man dann auch auf Ideen, derer es sonst nicht bedurft hätte.
Die Tafel wurde zu einem Liefer-Service für jene Menschen, die man in diesen Zeiten besonders schützen muss, unsere älteren und behinderten Kunden.
Zurückblickend hat das dann auch alles geklappt, aber eben nur deshalb, weil es Menschen und Unternehmen gegeben hat, die uns geholfen haben.
Besonderen Dank wollen wir hier dann am Ende des Jahres noch einmal dem Leipziger Konsum sagen, der trotz eigener angespannter Personallage, ohne Wenn und Aber sofort geholfen hat, als wir ihn um Unterstützung gebeten haben.
Gleiches gilt aber auch für Kaufland, Rewe, Lidl und ALDI, die uns auch dann noch mit frischen Lebensmitteln unterstützt haben, als man sie defacto leer gekauft hatte. Keines dieser Unternehmen, und das hat mich besonders gefreut, hat versucht, aus dieser Situation einen maximalen Profit zu schlagen, sondern hat Solidarität gezeigt.
Jetzt zum 2. Lockdown haben wir natürlich schon die Erfahrung aus dem ersten Lockdown, können noch besser mit den Anforderungen dieser erneuten außergewöhnlichen Situation umgehen.
Nun gehen wir in ein Jahr, dessen Herausforderungen wir noch nicht einmal kennen. Wir wissen nur, dass es vielen Menschen immer schwerer fällt, die Einschränkungen der Pandemie dann auch einzuhalten. Für mich nachvollziehbar.
Auch ich mache bei so manchen Anweisungen oft „eine Faust in der Tasche“, aber es geht eben nicht immer nur meiner Meinung und meinen Ansichten nach, sondern der Nutzen für unsere Gemeinschaft muss erkennbar und nachvollziehbar sein, dann muss man mit persönlichen Ansichten auch einmal hintenanstehen.
Derzeit diskutieren meine Mitarbeiter und ich natürlich auch über das Thema „Impfung“. Ja, jeder von uns hat eine eigene Meinung dazu, aber einig sind wir uns darüber, dass sich jeder impfen lassen sollte, um auch die Gemeinschaft zu schützen. Meine Mitarbeiter würden sich wohler fühlen, wenn sie wüssten, dass unser Tafelkunde geimpft ist, denn ohne persönlichen Kontakt geht es bei uns natürlich nicht.
Schaut man sich heute an, welche Schlangen immer bei uns vor den Toren in der Leipziger Jordanstraße stehen, dann empfinden wir das für diese Menschen als erniedrigend an.
Eine Menschenschlange von mehr als 100 m ist da leider oft keine Seltenheit. Früher konnten die Menschen bei uns ungezwungen auf den Hof kommen, sich miteinander unterhalten, mussten nicht in einer „Schlange der Schande“ stehen, nur um ein paar Lebensmittel zu bekommen. Menschen, die zu über 90 % an dieser persönlichen Situation keinerlei Schuld haben.
Schlimm finden wir, so Dr. Werner Wehmer, dass es immer mehr Kinder und junge Menschen sind, die unsere Hilfe benötigen. Kinder und junge Menschen, die eigentlich die Hoffnung der Zukunft sein sollten, lernen hier einen Staat kennen, auf den sie nicht sonderlich stolz sind.
Wir müssen hier aufpassen, dass wir diese jungen Menschen nicht an irgendwelche radikalen Gedanken verlieren. Wir müssen da um jeden Einzelnen kämpfen, auch in dem man ihn einfach nur mit Essen versorgt.
Meine Wünsche für 2021? Ein Stück mehr Normalität wäre schon toll und natürlich hoffe ich auch für 2021 auf viele Spenden, damit wir Menschen helfen können. Ich wünsche mir viele Tafelhelden.
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