US-Behörden nutzen Tätowierungen als Beweis für angebliche Gang-Mitgliedschaften, um venezolanische Migranten in ein berüchtigtes Gefängnis in El Salvador abzuschieben. Laut Gerichtsdokumenten werden harmlose Motive wie Rosen, Kronen oder Logos spanischer Fußballvereine mit der kriminellen venezolanischen Gang „Tren de Aragua“ in Verbindung gebracht.
Während die Trump-Regierung mit einem Bundesrichter über die Rechtmäßigkeit der Abschiebungen streitet, verteidigt sie die Praxis als notwendige Maßnahme im Kampf gegen organisierte Kriminalität. Präsident Donald Trump hat „Tren de Aragua“ offiziell als Terrororganisation eingestuft.
Wer ist „Tren de Aragua“?
Die kriminelle Organisation entstand ursprünglich als Gefängnisgang im venezolanischen Bundesstaat Aragua und hat sich inzwischen über ganz Lateinamerika ausgebreitet. Sie ist für Erpressung, Schmuggel und Drogenhandel bekannt. In den USA wurde sie mit Ladendiebstählen, Raubüberfällen mit Motorrollern in New York und einem Juwelenraub in Denver in Verbindung gebracht.
Allerdings zeigt eine USA TODAY-Recherche, dass die Gang in den USA nur in geringer Anzahl vertreten ist – weit weniger als etablierte Gruppen wie MS-13. 2024 wurden an der US-Grenze lediglich 27 Personen mit angeblichen TdA-Verbindungen festgenommen, im Jahr zuvor waren es 41.
Unschuldige Migranten mit willkürlichen Tattoo-Vorwürfen abgeschoben
Laut Menschenrechtsorganisationen sind viele der bereits abgeschobenen 50 Migranten nicht vorbestraft – weder in den USA noch in Venezuela. Kate Wheatcroft, Aktivistin der Organisation Together & Free, hält die Vorwürfe für fragwürdig:
„Wir stehen dieser Gang-Narrative äußerst skeptisch gegenüber.“
Zahlreiche Anwälte und Angehörige berichten, dass ihre Familienmitglieder wegen völlig unbedeutender Tätowierungen als Kriminelle abgestempelt wurden.
Einige Beispiele:
J.A.B.V. (24 Jahre alt) – Wurde abgeschoben, weil er eine Rose, eine Uhr und eine Krone mit dem Namen seines Sohnes tätowiert hatte. Seine Abschiebungsakte vermerkt: „gangbezogene Tattoos“ – obwohl er kein Mitglied von „Tren de Aragua“ ist.
E.V. – Hat Tattoos von Anime-Figuren, Blumen und Tieren. Seine Krone sei laut Behörden ein Indiz für eine Gangmitgliedschaft – tatsächlich ist sie eine Hommage an seine verstorbene Großmutter.
Jerce Reyes Barrios (36 Jahre alt) – Ein Profi-Fußballer, der aus Venezuela floh, nachdem er dort gefoltert wurde. Sein Tattoo: Eine Krone auf einem Fußball mit einem Rosenkranz – inspiriert vom Real-Madrid-Logo. US-Behörden sehen darin ein Zeichen für „Tren de Aragua“.
Anyelo Jose Sarabia (19 Jahre alt) – Wurde abgeschoben, weil er eine Rose mit Geldscheinen als Blütenblätter auf der Hand hat. Er hat zudem die Wörter „Stärke und Mut“ sowie ein biblisches Zitat tätowiert. Seine Schwester bezeichnet die Vorwürfe als „komplett haltlos“.
Experten: Abschiebungen basieren auf Panikmache
Laut David Brotherton, Professor für Kriminologie am John Jay College of Criminal Justice, verfolgt die Trump-Regierung mit diesen Abschiebungen vor allem ein Ziel: Latino-Communities zu kriminalisieren und Massendeportationen zu rechtfertigen.
„Die Panikmache rund um die Gang dient als Vorwand, um Razzien durchzuführen und die Zahl der Abschiebungen massiv zu erhöhen.“
Kritiker werfen der Regierung vor, mit rassistischen Stereotypen und willkürlichen Vorwürfen Migranten zu kriminalisieren. Selbst harmlose Tätowierungen können inzwischen zu einer Abschiebung führen – selbst dann, wenn kein krimineller Hintergrund vorliegt.
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