Dem US-Konzern 3M, weltweit bekannt unter anderem für Post-its, steht vor einer Sammelklage und drohenden Entschädigungszahlungen in Milliardenhöhe. Gegen das Unternehmen, das 50.000 Produkte der unterschiedlichsten Art herstellt, haben mehr als 100.000 ehemalige US-Soldaten Klage eingereicht – wegen kleiner Gehörschutzstöpsel.
In den Klagen wird dem Unternehmen vorgeworfen, die für die US-Armee produzierten Ohrstöpsel seien für Hörschäden und Tinnitus (unangenehmes, oft permanentes Geräusch im Ohr, Anm.) bei den Betroffenen verantwortlich. Anwälte werfen 3M vor, dass der Gehörschutz nicht ordnungsgemäß und den vorgegebenen Anforderungen im Feld entsprechend vor Lärmschäden schütze.
Laut „Wall Street Journal“ drohen dem weltweit bekannten Konzern möglicherweise Schadenersatzzahlungen in Höhe mehrerer Milliarden Dollar, und das bei einem Preis für ein Stöpselset von 7,63 Dollar (7,25 Euro). Im Extremfall könnten Schadenersatzzahlungen das Unternehmen ein Vielfaches dessen kosten, was es damit eingenommen hat. Laut der US-Bank JP Morgan könnte es zur größten Sammelklage der US-Geschichte werden – noch größer als die Asbestklage, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg.
Im August startet 3M – auf Anweisung eines Gerichts in Florida – Verhandlungen über einen Vergleich mit Rechtsvertretern der Veteranen, die diesen Gehörschutz verwendeten. Die Klagen belasten bereits den Kurs der Unternehmensaktie – umso mehr, als der Konzern zuletzt einräumte, bisher keine Rückstellungen für den Rechtsstreit gebildet zu haben.
Klagen aus verschiedensten Bundesstaaten sind mittlerweile zu einem großen Schadenersatzfall in Florida zusammengeführt worden. Derzeit haben sich 107.000 der Klage angeschlossen und diese Zahl könnte sich noch mehr als verdoppeln.
3M argumentiert, die Ohrstöpsel würden sehr wohl funktionieren – vorausgesetzt Soldaten erhalten die nötige Einschulung und verwenden sie richtig. Und das Unternehmen beruft sich darauf, als Lieferant für die Regierung vor solchen Klagen geschützt zu sein. Die rechtliche Bestimmung sieht vor, dass ein beauftragtes Unternehmen, das ein Produkt nach den Regierungsvorgaben liefert, nicht geklagt werden kann.
Eric Rucker, ein Anwalt für 3M, sagte gegenüber dem „WSJ“, dass das Produkt funktioniere. Das US-Militär verwende bis heute – freilich neuere Varianten – dieser Stöpsel. Diese seien „basierend auf unserer Kooperation mit dem Militär“ entworfen worden.
Der führende Anwalt der Klägervertreter, Bryan Aylstock, dagegen betont: „Das sind schlechte Ohrstöpsel.“ Die meisten Geschworenenjurys würden sich die Beweise ansehen und „große Schadenersatzzahlungen gewähren“, gibt sich Aylstock vom Erfolg der Klage überzeugt.
Für die Kläger geht es darum, nachweisen zu können, dass der Grund für die Hörprobleme die Stöpsel selbst sind, nicht eine falsche Verwendung oder dass sie nicht genug getragen wurden. Die Gehörstöpsel haben zwei Seiten: eine, die generell Lärm filtert, die andere, bei der nur gewisse Frequenzen durchgelassen werden, sodass man hört, wenn jemand mit einem redet.
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