Thorsten Koch von DeFi kennen Sie das?Fernunterricht und das Fernunterrichtsschutzgesetz im Zusammenhang mit Organhaftung

Published On: Freitag, 06.09.2024By

Einleitung

Der Fernunterricht gewinnt zunehmend an Bedeutung, insbesondere im Zuge der Digitalisierung und der COVID-19-Pandemie. Das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) regelt die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Fernunterricht in Deutschland und zielt darauf ab, Lernende vor unseriösen Bildungsanbietern zu schützen. In diesem Bericht werden nicht nur die Bestimmungen des FernUSG untersucht, sondern auch deren Bedeutung im Kontext der Organhaftung von Unternehmensleitern und Bildungseinrichtungen betrachtet.

Ziele des Fernunterrichtsschutzgesetzes

Das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) trat 1977 in Kraft und hat zum Ziel, die Qualität von Fernunterricht zu sichern und Lernende vor Missbrauch und Täuschung zu schützen. Zentrale Aspekte des FernUSG sind:

  • § 1 FernUSG definiert den Geltungsbereich des Gesetzes und stellt klar, dass es auf Angebote des Fernunterrichts anwendbar ist, die entgeltlich angeboten werden und eine längerfristige Lernbetreuung umfassen.
  • § 2 FernUSG verpflichtet Fernunterrichtsanbieter, ihre Programme von der Staatlichen Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU) prüfen und genehmigen zu lassen. Dies stellt sicher, dass die angebotenen Kurse den erforderlichen Standards entsprechen.
  • § 4 FernUSG sichert den Teilnehmern ein Widerrufsrecht zu. Es garantiert, dass Lernende innerhalb von 14 Tagen nach Vertragsschluss vom Fernunterrichtsvertrag zurücktreten können, ohne Angabe von Gründen.
  • § 5 FernUSG regelt die Vertragsinhalte, die transparent und umfassend sein müssen. Dazu gehören Informationen über die Dauer, die Kosten, die zu erbringenden Leistungen und die Kündigungsfristen.

Das FernUSG sorgt somit für Transparenz, Verbraucherschutz und Qualitätssicherung im Fernunterricht. Doch mit der zunehmenden Digitalisierung und den neuen Formen des E-Learnings treten auch Herausforderungen auf, die im FernUSG nicht ausreichend berücksichtigt werden. Dies betrifft nicht nur die rechtliche Regelung moderner Lernformen, sondern auch die Verantwortung und Haftung der Leitungsebene der Fernunterrichtsanbieter.

Organhaftung im Kontext des Fernunterrichtsschutzgesetzes

Im Rahmen der Geschäftsführung von Unternehmen, die Fernunterricht anbieten, spielt die sogenannte Organhaftung eine zentrale Rolle. Diese Haftung betrifft Mitglieder der Geschäftsführung oder des Vorstands, die für ihre Entscheidungen persönlich haften, wenn sie ihre Pflichten verletzen.

  • § 93 Abs. 1 AktG (Aktiengesetz) legt fest, dass die Geschäftsleiter von Aktiengesellschaften die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters walten lassen müssen. Verstöße gegen das FernUSG können als Pflichtverletzungen gewertet werden, die zu einer persönlichen Haftung der Verantwortlichen führen können.
  • § 43 Abs. 1 GmbHG (Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung) schreibt ähnliches für Geschäftsführer von Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) vor. Sie haften, wenn sie ihre Pflichten nicht sorgfältig erfüllen, z.B. indem sie unzureichende oder unzulässige Fernunterrichtsangebote verantworten.
  • In Anbetracht des FernUSG sind Geschäftsleiter dafür verantwortlich, dass die angebotenen Fernunterrichtsprogramme die Anforderungen des Gesetzes erfüllen. Ein Versäumnis, die Kurse von der ZFU genehmigen zu lassen (nach § 2 FernUSG), könnte als Pflichtverletzung ausgelegt werden. Dies könnte nicht nur rechtliche Konsequenzen für das Unternehmen haben, sondern auch zu einer persönlichen Haftung der leitenden Organe führen.

Bedeutung der Organhaftung in der Praxis

  1. Pflicht zur Genehmigung und Qualitätsprüfung: Geschäftsleiter müssen sicherstellen, dass alle Fernunterrichtsangebote den gesetzlichen Anforderungen entsprechen und von der ZFU genehmigt wurden. Die Nichtbeachtung dieser Pflicht könnte zur Haftung führen, insbesondere wenn Lernende dadurch Schaden erleiden.
  2. Transparente Vertragsgestaltung: Laut § 5 FernUSG müssen alle Vertragsinhalte klar und verständlich sein. Wenn ein Unternehmen dies missachtet und es zu betrügerischen oder irreführenden Vertragsabschlüssen kommt, könnte dies ebenfalls die persönliche Haftung der Unternehmensleitung nach sich ziehen.
  3. Widerrufsrecht: Geschäftsleiter müssen dafür sorgen, dass das gesetzlich vorgeschriebene Widerrufsrecht nach § 4 FernUSG korrekt umgesetzt wird. Versäumnisse könnten Schadensersatzansprüche der Teilnehmer zur Folge haben.
  4. Haftungsrisiken im digitalen Zeitalter: Mit dem Aufkommen neuer E-Learning-Plattformen und international agierender Anbieter wird die Einhaltung der nationalen Regelungen des FernUSG komplizierter. Unternehmen, die im Fernunterricht tätig sind, müssen darauf achten, dass sie sich auch bei digitalen Angeboten an die Bestimmungen des Gesetzes halten, um die Haftungsrisiken zu minimieren.

Fazit

Das Fernunterrichtsschutzgesetz bleibt eine wichtige rechtliche Grundlage zum Schutz der Lernenden vor unseriösen Bildungsanbietern. Doch es zeigt Schwächen, insbesondere im Kontext der modernen, technologiegestützten Lernumgebungen. Dies stellt nicht nur Herausforderungen für die Anbieter dar, sondern bringt auch erhebliche Haftungsrisiken für die Geschäftsleitung mit sich. Die Organhaftung macht klar, dass Geschäftsleiter für die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften im Unternehmen persönlich verantwortlich sind. Fehlende Sorgfalt bei der Einhaltung des FernUSG kann daher zu schwerwiegenden rechtlichen und finanziellen Konsequenzen führen. Vor diesem Hintergrund ist es unerlässlich, das Gesetz zu modernisieren und an die Erfordernisse der heutigen Bildungslandschaft anzupassen. Nur so können die Rechte der Lernenden gewahrt und die rechtlichen Risiken für Anbieter minimiert werden.

 

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