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Toja Connected Water – das totgeborene Projekt der blueplant investments AG

ronymichaud (CC0), Pixabay
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In den letzten Tagen haben wir verstärkt über den mutmaßlichen Ausfall der Anleihe der Blueplante Investments AG berichtet, da dort bis zum heutigen Tage keine fällige Zinszahlung an die investierten Anleger erfolgt war. Da schaut man sich dann auch einmal die weiteren Projekte des Unternehmens an, soweit diese dann bekannt sind. Hier vor allem das Projekt Toja Connected Water.

Am 5. Mai 2022 hat der CEO der blueplanet investments AG (blueplanet) Alexander Lattmann vollmundig verkündigt: „Water Posivity wird nach der CO2-Komensation das nächste große Nachhaltigkeitsthema für Unternehmen“ (Quelle: Presseerklärung der blueplant investments AG vom 05.05.22).

Toja Connected Water

Gemeint ist das „Toja Connected Water“-Projekt der blueplanet, bei dem von Kunden in Deutschland deren Wasser­ver­brauch von Unternehmen, Vereinen oder von Privatleuten mittels einer speziellen Wasseruhr direkt ermittelt und sofort per SIM-Karte an das Toja-Portal zur Abrechnung gemeldet wird. Zur Kompensation diese Wasserverbrauchs stellt blueplanet in Afrika (gegenwärtig ist Namibia und Nigeria geplant) selbst aufbereites Trinkwasser der Bevölkerung zur Verfügung. Der deutsche Kunde dieses Systems soll 1 Cent pro Liter an die blueplanet bezahlen und dafür betreibt blueplanet in Afrika in nicht mit Trink­wasser versorgten Gebieten mobile Wasser­aufbereitungs­anlagen, die aus unge­rein­igtem Wasser Trinkwasser herstellen sollen. Damit soll nach der Sprachregelung der blueplanet der Nutzer dieses Toja-Sy­stems „wasserpositiv“ werden. (Quelle: www.tojagoespositive.com)

Aus diesen 7 Gründe wird das „Toya Connected Water“-Projekt nach unserer Auffassung möglicherweise nicht funktionieren:

 

  1. Zu hohe Kosten für den Nutzer

Die zu zahlende Gebühr wird mit 1 Cent pro Liter genutztem Trinkwasser ange­geben. Damit wurde der Preis um das 10fache gegenüber den Angaben bei der Her­einnahme der Finanzierung durch die Begebung einer Wandelanleihe im Februar 2021 angehoben. In dem „blueplanet Green Bond Rahmenwerk“, das eine Grundlage der Begebung der Wandelanleihe ist, wird auf Seite 5 ein Preis von „etwa 0,1 Cent pro Liter“ angegeben.

Laut dem Statistischen Bundesamt liegt der Preis für einen Kubikmeter (m3) Trinkwasser je nach Region im Jahr 2023 ungefähr bei 2 Euro. Da ein Kubikmeter exakt 1.000 Litern entspricht, kostet ein Liter Trinkwasser demnach etwa 0,2 Cent. Bei „Toja Connected Water“ bezahlt der Nutzer zusätzlich 10 Euro pro Kubik­meter Trink­wasser, sodass der tatsächliche Endpreis bei ca. 12 Euro pro  m3 liegt. Dies bedeutet also eine Erhöhung des aktuellen Wasserpreises um 600%. Dabei ist unklar, ob dieser Preis noch um die anteilige Mehrwertsteuer von 19% erhöht werden muss, oder ob die Preisangabe einen Bruttowert darstellt.

Je nach Wasserverbrauch kommen da stolze Beträge auf den Nutzer zu.

 

  1. Große Probleme bei dem Datenschutz

Aus der Art und Weise der Trinkwassernutzung lassen sich einige Daten über die Lebensweise der Bewohner herleiten. So ist die Nichtnutzung von Trinkwasser ein klares Zeichen für die Abwesenheit des Bewohners. Ferner lassen sich über den Tageszeitpunkt der Wassernutzung und über die entnommenen Wasser­menge nach einem gewissen Zeitraum klare Verhaltensmuster des Bewohners in seinem Tagesablauf ermitteln. Dies sind nach unserer Auffassung sensible personenbezogene Daten, die dem Datenschutzgesetz unterliegen und nur vertrauens­würdige Dritte zugänglich gemacht werden sollten.

Mit dem „Toja Connected Water Device”-Tool, dass online und zeitgleich diese Daten über­mitteln soll, legt der Bewohner wichtige Teile seiner Lebens­ge­wohn­heiten gegenüber der blueplanet offen. Dies gilt nicht nur für den Vertragspartner des Toja-System, sondern für alle Bewohner in dem teilnehmenden Immobilien­objekt. Daher sind die Zustimmungen aller Bewohner der an Toja ange­schlos­senen Immobilie, sei es Familienmitglieder, sei es separate Mieter aus daten­schutzrechtlichen Gründen notwendig.

  1. Keine Zertifizierungen für „Toja connected Water“

blueplanet präsentiert in seinen veröffentlichten Dokumenten keine Zertifizierung irgendwelcher Art bezüglich des „Toja connected Water“-Projektes. Weder wer­den Gutachten von Zertifizierungsstellen in dem Bereichen Technik (z.B. Tüv, Dekra etc.), Qualitätssicherung (z.B. ISO 9001) noch im Lebensmittelbereich (z.B. HACCP, Ecozert etc.) vorgelegt. Auch gibt es keine Angabe zu einer  gem. Art. 42 DSVG konformen DSGVO-Zertifizierung im Bereich des Datenschutzes.

In der gesamten blueplanet-Unternehmensgruppe verfügt lediglich die 100%ige Tochter ecabiotec AG über eine ISO 9001- und ISO 14001-Zertifizierung. Jedoch befindet sich die ecabiotec AG seit dem 10.02.2023 in einem vorläufigen Inso­lvenz­verfahren.

  1. Keine europäischen Zulassungen, fehlende Erfahrung

Die Desinfektion von Trinkwasser, d.h. die Entfernung von Bakterien und Viren aus dem Trinkwasser ist ein wesentlicher Teil des „Toja Connected Water“-Projektes. Für die Desinfektion von Trinkwasser vor Ort (in situ) wird eine separate Genehmigung der Europäische Chemikalienagentur (ECHA) benötigt. Eine solche liegt bei der blueplanet oder einer ihrer Tochtergesellschaften nicht vor.

Zwar wird für den Bau einer in situ-Anlage eine solche Genehmigung nicht be­nötigt, sondern lediglich für den Betrieb einer in situ Anlage, jedoch wird auch in außereuropäischen Ländern regelmäßig die Er­füllung europäischer Standards als Gütesiegel und als Voraussetzung eines Be­zugs solcher Maschinen ange­sehen. Außerdem fehlt es der blueplanet grund­sätzlich an der Erfahrung des Betriebs von in situ-Anlagen.

Die Einbindung von in situ-Anlagen in das „Toja Connected Water“-Projekt be­deutet für die blueplanet zunächst also die Abarbeitung einer neuen Lernkurve.

  1. Keine Analytik vor Ort, fehlende weitere Aufbereitungsstufen

Das „Toja Connected Water“-Projekt sieht die Aufstellung von 40 Fuss-Con­tain­ern zur Filtrierung und Desinfektion von verunreinigtem Oberflächenwasser vor. Die Aufbereitung von Oberflächenwasser in Europa ist eine komplexe und lang­wierige Angelegenheit, die nur von Fachkräften betrieben werden sollte. Hier wird vorgereinigtes Wasser für den Zweck der Versickerung auf dem Boden ausge­bracht, um Monate bzw. Jahre später dieses versickerte Wasser aus Brunnen wieder zurück zu gewinnen. Alternativ wird gleich Brunnenwasser gewonnen, das wiederum weiteren Aufbereitungsstufen zugeführt werden muss.

Gemeinsam habe diese alternativen Trinkwassergewinnungswege die Not­wend­ig­keit der Analyse des Wassers. Nur mittels verschiedener Labor­unter­suchungen kann der Bedarf an weiteren Aufbereitungsstufen außer der Ent­fernung von Schwebeteilen und der Desinfektion ermittelt werden. So ist grund­sätzlich neben der organischen Belastung wie z.B. Legionellen und Pseudo­monaden, die Belastung mit Schwermetallen und mit Dünge­mittel­rückständen wie z.B. Nitrat und Nitrit zu ermitteln und im Bedarfsfall mittels weiteren speziellen Auf­be­reit­ungs­stufen zu beseitigen.

Die hierfür erforderliche Ausstattung an Laborkapazitäten und an weiteren Was­ser­aufbereitungsstufen kann in einem 40 Fuß-Container mit bereits vorhandener anderer Technik nicht untergebracht werden. Außerdem ist für diese notwendige Analytik geschultes Fachpersonal notwendig.

Zu diesen Fragestellungen gibt das „Toja Connected Water“-Projekt keine Antworten.

  1. Fehlendes Sicherheitskonzept, Fragen der fairen Verteilung

Nach Aussagen in der Pressemitteilung vom 5. Mai 2022 will die blueplanet „mobile Wasseraufbereitungs-Container, die mit LKW auch in entlegene Ge­genden gebracht werden“ dazu nutzen, um dort aus Schmutzwasser Trinkwasser zu erzeugen. Aus dem Verständnis der blueplanet heraus, soll dies insbesondere in Gegenden mit hoher Wasserknappheit durchgeführt werden.

Neben der Frage der Versorgung des Personals, der dauerhaften Bereitstellung von Energie für den Betrieb der Anlagen und der Lagerung und Abfüllung des gewonnen Trinkwassers, stellt sich grundsätzlich das Problem der Sicherung solcher Anlagen vor ungewollter Entnahmen bzw. vor gewalttätigen Übergriffen. In Gegenden mit hoher Wasserknappheit ist der Erhalt von sauberem Trink­wasser eine Frage des Überlebens. Hierfür benötigt der Betreiber solcher An­lagen ein belastbares Sicherungskonzept und ein faires Zuteilungsverfahren. Ei­ne Antwort darauf, wie dies gewährleistet werden soll, bleibt blueplanet schuldig.

  1. Hoher Umsetzungsaufwand

Die Notwendigkeiten

  • der Entwicklung und des Betriebs einer gesetzeskonformen IT-Lösung,
  • dem Aufbau einer funktionierender Wasseraufbereitungstechnik mit Analytik,
  • dem Erwerb staatlicher Erlaubnisse für den Betrieb solcher Anlagen
  • dem Transport, Aufbau und dem Betrieb solcher Anlagen in Afrika

erzeugt einen hohen Vorfinanzierungs- und Unterhaltsbedarf. Vielleicht sind dies Gründe dafür, dass nach unser Kenntnis die blueplanet

  • von den zugesagten 8 Fahrzeuge/Container in 2021 und jeweils 11 Fahr­zeuge/ Container in 2022 sowie 2023 nach unserem Wissen lediglich ein­en Container auf ihrem Gelände in Berlin stehen hat,
  • kein einzigen Container in Afrika in Betrieb genommen hat,
  • keine Informationen über den Stand des Projektes und der Anzahl der Teilnehmer gibt,
  • die 100%ige Technologietochter ecabiotec AG sich in einem vorläufigen Insolvenz­verfahren befindet und
  • die blueplanet selbst gegenwärtig keine Zahlungen auf fällige Zinsen leistet.

Oder gibt es vielleicht noch andere Gründe? Wir werden sehen.

blueplanet●Rahmenwerk-Green-Bond

Pressemitteilung der blueplanets AG v. 05.05.2022

 

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