In den letzten Tagen haben wir verstärkt über den mutmaßlichen Ausfall der Anleihe der Blueplante Investments AG berichtet, da dort bis zum heutigen Tage keine fällige Zinszahlung an die investierten Anleger erfolgt war. Da schaut man sich dann auch einmal die weiteren Projekte des Unternehmens an, soweit diese dann bekannt sind. Hier vor allem das Projekt Toja Connected Water.
Am 5. Mai 2022 hat der CEO der blueplanet investments AG (blueplanet) Alexander Lattmann vollmundig verkündigt: „Water Posivity wird nach der CO2-Komensation das nächste große Nachhaltigkeitsthema für Unternehmen“ (Quelle: Presseerklärung der blueplant investments AG vom 05.05.22).
Toja Connected Water
Gemeint ist das „Toja Connected Water“-Projekt der blueplanet, bei dem von Kunden in Deutschland deren Wasserverbrauch von Unternehmen, Vereinen oder von Privatleuten mittels einer speziellen Wasseruhr direkt ermittelt und sofort per SIM-Karte an das Toja-Portal zur Abrechnung gemeldet wird. Zur Kompensation diese Wasserverbrauchs stellt blueplanet in Afrika (gegenwärtig ist Namibia und Nigeria geplant) selbst aufbereites Trinkwasser der Bevölkerung zur Verfügung. Der deutsche Kunde dieses Systems soll 1 Cent pro Liter an die blueplanet bezahlen und dafür betreibt blueplanet in Afrika in nicht mit Trinkwasser versorgten Gebieten mobile Wasseraufbereitungsanlagen, die aus ungereinigtem Wasser Trinkwasser herstellen sollen. Damit soll nach der Sprachregelung der blueplanet der Nutzer dieses Toja-Systems „wasserpositiv“ werden. (Quelle: www.tojagoespositive.com)
Aus diesen 7 Gründe wird das „Toya Connected Water“-Projekt nach unserer Auffassung möglicherweise nicht funktionieren:
- Zu hohe Kosten für den Nutzer
Die zu zahlende Gebühr wird mit 1 Cent pro Liter genutztem Trinkwasser angegeben. Damit wurde der Preis um das 10fache gegenüber den Angaben bei der Hereinnahme der Finanzierung durch die Begebung einer Wandelanleihe im Februar 2021 angehoben. In dem „blueplanet Green Bond Rahmenwerk“, das eine Grundlage der Begebung der Wandelanleihe ist, wird auf Seite 5 ein Preis von „etwa 0,1 Cent pro Liter“ angegeben.
Laut dem Statistischen Bundesamt liegt der Preis für einen Kubikmeter (m3) Trinkwasser je nach Region im Jahr 2023 ungefähr bei 2 Euro. Da ein Kubikmeter exakt 1.000 Litern entspricht, kostet ein Liter Trinkwasser demnach etwa 0,2 Cent. Bei „Toja Connected Water“ bezahlt der Nutzer zusätzlich 10 Euro pro Kubikmeter Trinkwasser, sodass der tatsächliche Endpreis bei ca. 12 Euro pro m3 liegt. Dies bedeutet also eine Erhöhung des aktuellen Wasserpreises um 600%. Dabei ist unklar, ob dieser Preis noch um die anteilige Mehrwertsteuer von 19% erhöht werden muss, oder ob die Preisangabe einen Bruttowert darstellt.
Je nach Wasserverbrauch kommen da stolze Beträge auf den Nutzer zu.
- Große Probleme bei dem Datenschutz
Aus der Art und Weise der Trinkwassernutzung lassen sich einige Daten über die Lebensweise der Bewohner herleiten. So ist die Nichtnutzung von Trinkwasser ein klares Zeichen für die Abwesenheit des Bewohners. Ferner lassen sich über den Tageszeitpunkt der Wassernutzung und über die entnommenen Wassermenge nach einem gewissen Zeitraum klare Verhaltensmuster des Bewohners in seinem Tagesablauf ermitteln. Dies sind nach unserer Auffassung sensible personenbezogene Daten, die dem Datenschutzgesetz unterliegen und nur vertrauenswürdige Dritte zugänglich gemacht werden sollten.
Mit dem „Toja Connected Water Device”-Tool, dass online und zeitgleich diese Daten übermitteln soll, legt der Bewohner wichtige Teile seiner Lebensgewohnheiten gegenüber der blueplanet offen. Dies gilt nicht nur für den Vertragspartner des Toja-System, sondern für alle Bewohner in dem teilnehmenden Immobilienobjekt. Daher sind die Zustimmungen aller Bewohner der an Toja angeschlossenen Immobilie, sei es Familienmitglieder, sei es separate Mieter aus datenschutzrechtlichen Gründen notwendig.
- Keine Zertifizierungen für „Toja connected Water“
blueplanet präsentiert in seinen veröffentlichten Dokumenten keine Zertifizierung irgendwelcher Art bezüglich des „Toja connected Water“-Projektes. Weder werden Gutachten von Zertifizierungsstellen in dem Bereichen Technik (z.B. Tüv, Dekra etc.), Qualitätssicherung (z.B. ISO 9001) noch im Lebensmittelbereich (z.B. HACCP, Ecozert etc.) vorgelegt. Auch gibt es keine Angabe zu einer gem. Art. 42 DSVG konformen DSGVO-Zertifizierung im Bereich des Datenschutzes.
In der gesamten blueplanet-Unternehmensgruppe verfügt lediglich die 100%ige Tochter ecabiotec AG über eine ISO 9001- und ISO 14001-Zertifizierung. Jedoch befindet sich die ecabiotec AG seit dem 10.02.2023 in einem vorläufigen Insolvenzverfahren.
- Keine europäischen Zulassungen, fehlende Erfahrung
Die Desinfektion von Trinkwasser, d.h. die Entfernung von Bakterien und Viren aus dem Trinkwasser ist ein wesentlicher Teil des „Toja Connected Water“-Projektes. Für die Desinfektion von Trinkwasser vor Ort (in situ) wird eine separate Genehmigung der Europäische Chemikalienagentur (ECHA) benötigt. Eine solche liegt bei der blueplanet oder einer ihrer Tochtergesellschaften nicht vor.
Zwar wird für den Bau einer in situ-Anlage eine solche Genehmigung nicht benötigt, sondern lediglich für den Betrieb einer in situ Anlage, jedoch wird auch in außereuropäischen Ländern regelmäßig die Erfüllung europäischer Standards als Gütesiegel und als Voraussetzung eines Bezugs solcher Maschinen angesehen. Außerdem fehlt es der blueplanet grundsätzlich an der Erfahrung des Betriebs von in situ-Anlagen.
Die Einbindung von in situ-Anlagen in das „Toja Connected Water“-Projekt bedeutet für die blueplanet zunächst also die Abarbeitung einer neuen Lernkurve.
- Keine Analytik vor Ort, fehlende weitere Aufbereitungsstufen
Das „Toja Connected Water“-Projekt sieht die Aufstellung von 40 Fuss-Containern zur Filtrierung und Desinfektion von verunreinigtem Oberflächenwasser vor. Die Aufbereitung von Oberflächenwasser in Europa ist eine komplexe und langwierige Angelegenheit, die nur von Fachkräften betrieben werden sollte. Hier wird vorgereinigtes Wasser für den Zweck der Versickerung auf dem Boden ausgebracht, um Monate bzw. Jahre später dieses versickerte Wasser aus Brunnen wieder zurück zu gewinnen. Alternativ wird gleich Brunnenwasser gewonnen, das wiederum weiteren Aufbereitungsstufen zugeführt werden muss.
Gemeinsam habe diese alternativen Trinkwassergewinnungswege die Notwendigkeit der Analyse des Wassers. Nur mittels verschiedener Laboruntersuchungen kann der Bedarf an weiteren Aufbereitungsstufen außer der Entfernung von Schwebeteilen und der Desinfektion ermittelt werden. So ist grundsätzlich neben der organischen Belastung wie z.B. Legionellen und Pseudomonaden, die Belastung mit Schwermetallen und mit Düngemittelrückständen wie z.B. Nitrat und Nitrit zu ermitteln und im Bedarfsfall mittels weiteren speziellen Aufbereitungsstufen zu beseitigen.
Die hierfür erforderliche Ausstattung an Laborkapazitäten und an weiteren Wasseraufbereitungsstufen kann in einem 40 Fuß-Container mit bereits vorhandener anderer Technik nicht untergebracht werden. Außerdem ist für diese notwendige Analytik geschultes Fachpersonal notwendig.
Zu diesen Fragestellungen gibt das „Toja Connected Water“-Projekt keine Antworten.
- Fehlendes Sicherheitskonzept, Fragen der fairen Verteilung
Nach Aussagen in der Pressemitteilung vom 5. Mai 2022 will die blueplanet „mobile Wasseraufbereitungs-Container, die mit LKW auch in entlegene Gegenden gebracht werden“ dazu nutzen, um dort aus Schmutzwasser Trinkwasser zu erzeugen. Aus dem Verständnis der blueplanet heraus, soll dies insbesondere in Gegenden mit hoher Wasserknappheit durchgeführt werden.
Neben der Frage der Versorgung des Personals, der dauerhaften Bereitstellung von Energie für den Betrieb der Anlagen und der Lagerung und Abfüllung des gewonnen Trinkwassers, stellt sich grundsätzlich das Problem der Sicherung solcher Anlagen vor ungewollter Entnahmen bzw. vor gewalttätigen Übergriffen. In Gegenden mit hoher Wasserknappheit ist der Erhalt von sauberem Trinkwasser eine Frage des Überlebens. Hierfür benötigt der Betreiber solcher Anlagen ein belastbares Sicherungskonzept und ein faires Zuteilungsverfahren. Eine Antwort darauf, wie dies gewährleistet werden soll, bleibt blueplanet schuldig.
- Hoher Umsetzungsaufwand
Die Notwendigkeiten
- der Entwicklung und des Betriebs einer gesetzeskonformen IT-Lösung,
- dem Aufbau einer funktionierender Wasseraufbereitungstechnik mit Analytik,
- dem Erwerb staatlicher Erlaubnisse für den Betrieb solcher Anlagen
- dem Transport, Aufbau und dem Betrieb solcher Anlagen in Afrika
erzeugt einen hohen Vorfinanzierungs- und Unterhaltsbedarf. Vielleicht sind dies Gründe dafür, dass nach unser Kenntnis die blueplanet
- von den zugesagten 8 Fahrzeuge/Container in 2021 und jeweils 11 Fahrzeuge/ Container in 2022 sowie 2023 nach unserem Wissen lediglich einen Container auf ihrem Gelände in Berlin stehen hat,
- kein einzigen Container in Afrika in Betrieb genommen hat,
- keine Informationen über den Stand des Projektes und der Anzahl der Teilnehmer gibt,
- die 100%ige Technologietochter ecabiotec AG sich in einem vorläufigen Insolvenzverfahren befindet und
- die blueplanet selbst gegenwärtig keine Zahlungen auf fällige Zinsen leistet.
Oder gibt es vielleicht noch andere Gründe? Wir werden sehen.
blueplanet●Rahmenwerk-Green-Bond
Pressemitteilung der blueplanets AG v. 05.05.2022
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