Die Zeiten historisch niedriger Zinssätze können bald zu Ende gehen. Die Europäische Zentralbank (EZB) wird dann mit ihrer geldpolitischen Straffung beginnen, indem sie den Leitzins, der seit 16. März 2016 auf null Prozent liegt, erhöhen. Verbraucherkredite werden im langfristigen Vergleich vermeintlich günstig erscheinen.
Die Santander Bank verlangt für einen Ratenkredit den effektiven Jahreszins von 1,99 Prozent. Einkommen und Konjunkturmotor machen Menschen glauben, dass sie einen derartigen Kredit bedienen können. Dabei wird die Gesamtverpflichtung oft „aus dem Auge verloren“. Während die Zahl der Privatinsolvenzen sinkt, ist das private Kreditvolumen leicht angestiegen. Deutsche Banken haben mehr als 200 Milliarden Euro vergeben. Die private Verschuldung (ohne Wohnungsbau mit Dispositionskrediten und Kreditkartenschulden) beträgt 440 Milliarden Euro.
Wenn Dispositionskredite länger ausgeschöpft werden oder die Kreditkarte dauerhaft überzogen ist, empfehlen Verbraucherschützer und Banken die Umschuldung. Dabei sollten Verbraucher mit Vorsicht vorgehen. Günstige Konditionen können Kosten beinhalten, die den Ratenkauf eines Tiefkühlschranks oder autonom arbeitenden Rasenmähers teuer machen.
Restschuldversicherungen gegen das Risiko des Todes, der Arbeitsunfähigkeit oder der Arbeitslosigkeit schützen primär die Banken. Diese haben jeden vierten Ratenkredit mit einer Restschuldversicherung abgeschlossen. Banken und Kreditnehmer sollen zufrieden sein.
Die monatliche Belastung steigt durch diese Nebenleistungen für den Kreditnehmer. Ein Ehepaar hatte einen Ratenkredit über 40.000 Euro aufgenommen und einen Effektivzins von acht Prozent im Jahr vereinbart. Mit den Prämien für die Restschuldversicherung lag die tatsächliche Belastung bei 22 Prozent pro Jahr. Die Banken erhalten für die Vermittlung der Versicherung Provisionen. Dieses extreme Beispiel sollte warnen, aber die Verbraucher sollten mit Einschluss einer solchen Versicherung eine Verdopplung des Effektivzinses berücksichtigen.
Im Todesfall übernimmt der Versicherer die noch ausstehende Restschuld oder bei Krankheit und Arbeitslosigkeit die noch zu zahlenden Raten. Dennoch bleiben viele Risikofälle ausgeschlossen oder eingeschränkt. So kann es sein, dass bei Arbeitslosigkeit die Versicherung erst nach einem halben Jahr die Leistungen aufnimmt und das nur über zwölf Monate! Auch bestimmte Krankheiten können ausgeschlossen sein. Dazu können Herz- oder Kreislauf-erkrankungen, Schäden an der Wirbelsäule an Gelenken sowie Krebs und chronische Krankheiten gehören.
Gefährlicher erscheint die Entwicklung bei Online-Krediten. Deren Volumen steigt aktuell jährlich um 20 Prozent – und repräsentiert ein Viertel aller Konsumentenkredite. Oft ist die Restschuldversicherung als Standard vorgesehen, so dass sich der Nutzer ausdrücklich gegen den Abschluss von Versicherungsverträgen entscheiden muss.
In Europa hat Deutschland den zweitgrößten Kreditmarkt nach Großbritannien. Jeder Brite hat sich hier im Schnitt mit 5000 Euro verschuldet. Der Durchschnitt liegt in der Europäischen Union bei 2000 Euro pro Kopf, die gesamte Kreditsumme über 1.100 Milliarden Euro.
Restschuldversicherungen werden in Großbritannien starken Kontrollen unterzogen. In der Folge mussten britische Banken etwa 40 Milliarden Pfund an die Kreditkunden zurückzahlen. Deutsche Verbraucherschützer beziehen sich auf Untersuchungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin). Danach ist die Vertragsgestaltung bei Restschuldversicherungen für den Verbraucher kaum nachzuvollziehen. Versicherungsnehmer sei meist die Bank als Vermittler. Gesetzliche Regelungen schließen aktuell Widerrufs- und Kündigungsrechte aus.
Der Einbeziehung von Restschuldversicherungen in die Darlehensvermittlung hätte mit Umsetzung der Versicherungsvermittlungsrichtlinie als Graumarkt reguliert werden müssen.
Andererseits sehen sich die spezialisierten Banken bestätigt, dass der Markt für Restkreditversicherungen in Deutschland funktioniere und in geordneten Bahnen laufe.
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