Als Donald Trump am frühen Mittwochmorgen als nächster Präsident der Vereinigten Staaten gefeiert wurde, jubelten dutzende Unterstützer an seiner Seite: drei Generationen seiner Familie, langjährige Freunde, enge Berater, sein Vizepräsidentschaftskandidat, politische Weggefährten und sogar der CEO der Ultimate Fighting Championship, Dana White. Doch eine der entscheidenden Architektinnen seines politischen Comebacks hielt sich fast unsichtbar im Hintergrund: Susie Wiles.
Wiles, Mitorganisatorin von Trumps dritter Präsidentschaftskampagne, ist eine unauffällige, aber äußerst effektive Machtfigur in seinem inneren Kreis. Sie zieht die Fäden lieber diskret im Hintergrund. Doch nun rückt sie ins Rampenlicht: Am Donnerstag ernannte Trump sie zu seiner künftigen Stabschefin – die erste Frau in dieser Rolle. Die Entscheidung macht sie zu seiner engsten Vertrauten und einer der einflussreichsten Figuren seiner Regierung.
„Susie ist tough, intelligent, innovativ und genießt universellen Respekt“, erklärte Trump in einer Stellungnahme. „Sie wird unermüdlich weiterarbeiten, um Amerika wieder großartig zu machen.“
Für die 67-jährige Wiles ist dieser Titel ebenso unwahrscheinlich wie historisch. In einer Welt voller Persönlichkeiten, die das Rampenlicht suchen, scheint Wiles auf den ersten Blick nicht in Trumps glamourösen, oft chaotischen Zirkel zu passen. Sie ist Großmutter, Hundeliebhaberin, backt gerne und beobachtet Vögel. Doch hinter ihrer bescheidenen Fassade verbirgt sich eine erfahrene Strategin, die weiß, wann sie sich zurückhalten und wann sie gegensteuern muss. Trump selbst gab ihr den Spitznamen „Die Eiskönigin“.
Eine Meisterin der politischen Disziplin
Wiles hat Trumps politischen Apparat aus seinem Hauptquartier in Mar-a-Lago heraus mit einer Disziplin und Ordnung geführt, die oft mit dem Ex-Präsidenten in Verbindung gebracht wird. Sie gilt als gleichermaßen kompetent wie respektiert – eine gefürchtete Kombination in Trumps Welt. Ihre Fähigkeit, Einfluss zu nehmen, ohne sich in den Vordergrund zu drängen, sicherte ihr eine bemerkenswerte Beständigkeit in einem Umfeld, das oft von Loyalitäten und Konflikten zerrissen wird.
Wiles wurde weithin für die strategische und disziplinierte Leitung von Trumps bisher erfolgreichster Kampagne gelobt. Sie hielt viele der extremeren Figuren in seinem Umfeld auf Distanz und sorgte dafür, dass das Kampagnenteam eng abgestimmt blieb. Eine ihrer unscheinbaren, aber zentralen Rollen war die Kontrolle über die Passagierliste von Trumps Privatflugzeug – eine Aufgabe, die oft bedeutete, Zugang zu Trump zu reglementieren, wenn dieser selbst nicht bereit war, Menschen abzuweisen.
Eine politische Außenseiterin mit Washington-Erfahrung
Obwohl Wiles kein Washington-Insider ist, bringt sie umfassende Erfahrung in der Politik mit. Ihre Karriere begann sie als Assistentin des konservativen Abgeordneten Jack Kemp, bevor sie für Ronald Reagans Präsidentschaftskampagne und später in dessen Weißem Haus arbeitete. Im Laufe der Jahre führte sie politische Kampagnen auf lokaler, bundesstaatlicher und nationaler Ebene, darunter auch für den ehemaligen Gouverneur Floridas, Rick Scott. Ihre Verbindungen zu politischen Schwergewichten und ihr Verständnis der Regierungsarbeit machen sie zu einer wertvollen Ergänzung für Trumps Team.
In der Lobbying-Welt hat Wiles ebenfalls Fuß gefasst. Zuletzt war sie Co-Vorsitzende des Washingtoner Büros der Firma Mercury. Trotz ihrer Ernennung zur Stabschefin des Weißen Hauses bleibt unklar, ob sie ihre Position in der Lobbying-Firma aufgeben wird.
Herausforderungen und Chancen
Die Ernennung von Wiles könnte ein Hinweis darauf sein, wie Trump in seiner dritten Amtszeit regieren möchte. Während Trumps Kampagne oft dunkle Themen und aggressive Rhetorik hervorhob, bringt Wiles eine pragmatische und oft kooperative Herangehensweise mit. Ihre Beziehungen zu Demokraten und ihre gemäßigte Haltung gegenüber der Presse könnten dazu beitragen, Spannungen zu mindern und eine effektivere Regierung zu schaffen.
Doch das Amt des Stabschefs unter Trump ist ein bekanntermaßen schwieriges. In seiner ersten Amtszeit rotierte Trump durch vier verschiedene Stabschefs, von denen keiner länger als 17 Monate im Amt blieb. Auch die bisherigen Amtsinhaber verließen den Posten selten im Guten: Der letzte Stabschef, Mark Meadows, sah sich rechtlichen Herausforderungen in mehreren Ermittlungen gegenüber.
Wiles scheint jedoch gut auf die Herausforderungen vorbereitet zu sein. Bevor sie das Amt übernahm, suchte sie laut Insidern die Zusicherung von Trump, dass sie die Befugnis hätte, den Zugang zum Oval Office zu kontrollieren – eine Maßnahme, die helfen könnte, den Einfluss externer Berater und Familienmitglieder zu begrenzen.
Der stille Star hinter Trumps Erfolg
Wiles’ Rückkehr in Trumps inneren Kreis markiert auch eine Art persönliches Comeback. Nachdem sie 2019 von Trumps Wahlkampfteam entfernt wurde, holte der ehemalige Präsident sie zurück, um seine Kampagne in Florida zu leiten. Ihre strategischen Entscheidungen halfen ihm nicht nur, den Bundesstaat zu gewinnen, sondern trugen maßgeblich zu einem erdrutschartigen Sieg im Wahlkollegium bei.
Trotz ihrer Schlüsselrolle bleibt Wiles ihrer diskreten Natur treu. Während sie bei fast jedem Kampagnenstopp an Trumps Seite war, vermied sie konsequent die Aufmerksamkeit der Medien. Ihre Ernennung zur Stabschefin ist nun jedoch ein klares Zeichen ihrer Bedeutung – und ein historischer Meilenstein in Trumps turbulenter politischer Karriere.
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