Umweltbundesamt
Bekanntmachung
der Allgemeinverfügung zur Einstufung eines Stoffes
gemäß § 6 Absatz 4 Satz 1 der Verordnung
über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen
Gemäß § 6 Absatz 4 Satz 1 der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) gibt das Umweltbundesamt seine Entscheidungen über die Einstufung von Stoffen und Stoffgruppen nach § 6 Absatz 1 und 2 AwSV sowie über die Änderung von Einstufungen von Stoffen und Stoffgruppen nach § 7 Absatz 1 Satz 1 und 2 AwSV im Bundesanzeiger öffentlich bekannt.
§ 7 Absatz 2 AwSV über die Mitteilungspflichten bleibt davon unberührt.
Allgemeinverfügung
Das Umweltbundesamt erlässt folgende Allgemeinverfügung:
Die bisherige Einstufung des Stoffes „Starch, polymer with butyl 2-propenoate, ethenylbenzene and 2-propenoic acid, graft (average MW 8000 g/mol)“ unter der Kenn-Nummer 10453 in die Wassergefährdungsklasse (WGK) 2 vom 11. Februar 2022 wird für die Zukunft zurückgenommen.
Sachverhalt:
Das Umweltbundesamt hat den oben genannten Stoff auf Antrag neu bewertet und eine Änderung der Einstufung vorgenommen. Die geänderte Einstufung wurde am 13. Juni 2023 bekannt gegeben.
Begründung:
Die Rücknahme der bisherigen Einstufung des oben genannten Stoffes beruht auf § 48 Absatz 1 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG).
Neue Erkenntnisse zu dem oben genannten Stoff haben dazu geführt, dass wir den Stoff nunmehr in die WGK 1 einstufen (Allgemeinverfügung vom 4. Mai 2023, veröffentlicht am 13. Juni 2023 im Bundesanzeiger). Die bisherige Einstufung in die WGK 2 ist damit rechtswidrig geworden. Die neuen Erkenntnisse haben eine Veränderung der Sachlage in Hinblick auf das Gefährlichkeitspotenzial des oben genannten Stoffes und damit auf die Wassergefährdungsklasse bewirkt. Dieser Umstand führt zur Rechtswidrigkeit der bisherigen Einstufungsentscheidung, auch wenn diese anfänglich rechtmäßig war, da es sich bei einer Einstufungsentscheidung um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handelt.
Die bisherige Einstufungsentscheidung ist auch belastender Natur, da sich aus ihr spezifische anlagenbezogene Pflichten der Anlagenbetreiber ergeben. Der Vertrauensschutzgedanke des § 48 Absatz 3 VwVfG greift nicht. Anlagenbetreiber können, wegen der Regelungen des § 7 AwSV zur Änderung bestehender Einstufungen des Umweltbundesamtes und Mitteilungspflichten der Anlagenbetreiber, auf den Bestand von Einstufungen nicht vertrauen.
Als Rechtsfolge ist die bisherige Einstufungsentscheidung aufzuheben. Es liegt eine Ermessensreduzierung auf null vor. Die Aufrechterhaltung der bisherigen Einstufungsentscheidung ist schlechthin unerträglich, da ihre Rechtswidrigkeit mit Erlass und Bekanntmachung der neuen Entscheidung zur Änderung der Einstufung für jedermann offensichtlich ist.
Die bisherige Einstufungsentscheidung kann zudem nur mit Wirkung für die Zukunft (ex nunc) zurückgenommen werden, da es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handelt. Maßgeblicher Zeitpunkt ist damit das Wirksamwerden der Rücknahmeentscheidung durch öffentliche Bekanntgabe im Bundesanzeiger, § 43 Absatz 1 in Verbindung mit § 41 Absatz 4 Satz 1, 3 VwVfG.
Anordnung der sofortigen Vollziehung
Die sofortige Vollziehung der in Abschnitt I verfügten Allgemeinverfügung wird gemäß § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) angeordnet.
Begründung:
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung beruht auf § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 VwGO. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung war im öffentlichen Interesse erforderlich. Die Einstufung der wassergefährdenden Stoffe hat unmittelbare Auswirkungen auf die Errichtung und den Betrieb von zulassungspflichtigen Anlagen. Daher ist im Sinne von Rechtssicherheit und -klarheit das öffentliche Interesse zu bejahen. Überdies dient die Einstufung der wassergefährdenden Stoffe gemäß § 1 Absatz 1 AwSV dem Schutz der Gewässer vor nachteiligen Veränderungen ihrer Eigenschaften durch Freisetzungen von wassergefährdenden Stoffen aus Anlagen zum Umgang mit diesen Stoffen. Durch eine nachhaltige Gewässerbewirtschaftung werden die Gewässer als Bestandteil des Naturhaushalts, als Lebensgrundlage des Menschen, als Lebensraum für Tiere und Pflanzen sowie als nutzbares Gut geschützt. Somit dient die Einstufung der wassergefährdenden Stoffe dem effektiven Gesundheits-, Umwelt- und Ressourcenschutz und somit dem Schutz der Allgemeinheit. Das öffentliche Interesse, die Einstufung für sofort vollziehbar zu erklären, war somit höher zu bewerten als das Interesse an einer aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs. Ein mögliches Rechtsbehelfsverfahren und ein sich mitunter anschließendes Klage- und Berufungsverfahren können sich über mehrere Jahre hinziehen, sodass der effektive Schutz der vorgenannten Rechtsgüter ohne Sofortvollzug nicht gewährleistet werden kann. Daher hat die sofortige Vollziehung ausnahmsweise Vorrang vor dem Abwarten bis zur Unanfechtbarkeit unserer Verfügung.
Auf Grund der Anordnung der sofortigen Vollziehung hat ein Widerspruch oder eine Klage gegen die Allgemeinverfügungen keine aufschiebende Wirkung.
Bekanntgabe
Die Allgemeinverfügungen werden mit Bekanntgabe wirksam. Die Bekanntgabe erfolgt am 15. Tag nach Veröffentlichung im Bundesanzeiger, § 41 Absatz 4 Satz 3 VwVfG.
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen die Allgemeinverfügungen kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch beim Umweltbundesamt mit Sitz in Dessau-Roßlau eingelegt werden.
Dessau-Roßlau, den 17. August 2023
Umweltbundesamt
Im Auftrag
Süßmilch
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