Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass die Werbung für ein Desinfektionsmittel mit der Bezeichnung „Hautfreundlich“ unzulässig ist. Diese Entscheidung fiel im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Zentralen zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs (Klägerin) und einer bundesweit tätigen Drogeriemarktkette (Beklagte), die ein Desinfektionsmittel unter der Bezeichnung „Ökologisches Universal-Breitband Desinfektionsmittel“ und „Hautfreundlich – Bio – ohne Alkohol“ beworben hatte.
Hintergrund des Falls:
Die Klägerin machte geltend, dass die Bezeichnung „Hautfreundlich“ gegen die Bestimmungen der Biozidverordnung (Verordnung (EU) Nr. 528/2012) verstoße und die Risiken des Produkts verharmlosen würde. Biozidprodukte unterliegen strengen Vorschriften, da sie aufgrund ihrer chemischen Zusammensetzung Risiken für die Gesundheit und die Umwelt darstellen können. Gemäß Art. 72 Abs. 3 der Biozidverordnung ist es untersagt, Biozidprodukte in einer Weise zu bewerben, die die Gefahren verharmlost oder missverständliche Hinweise wie „unschädlich“ oder „freundlich“ enthält.
Prozessverlauf:
Das Landgericht Karlsruhe gab der Klägerin zunächst Recht und untersagte der Drogeriemarktkette die Verwendung der Werbeaussage „Hautfreundlich“. Auf Berufung der Beklagten änderte das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe dieses Urteil teilweise ab und wies den Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Angabe „Hautfreundlich“ ab.
Daraufhin legte die Klägerin Revision beim BGH ein. Der BGH setzte das Verfahren zunächst aus und legte dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) eine Frage zur Auslegung der Biozidverordnung vor. Im Juni 2024 entschied der EuGH, dass Angaben wie „Hautfreundlich“ unter das Verbot der Biozidverordnung fallen.
Entscheidung des BGH:
Der BGH hob das Urteil des OLG Karlsruhe auf und stellte die Entscheidung des Landgerichts wieder her. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass die Werbeaussage „Hautfreundlich“ ein „ähnlicher Hinweis“ im Sinne des Art. 72 Abs. 3 Satz 2 der Biozidverordnung sei und deshalb unzulässig. Eine solche Angabe betone eine vermeintlich positive Eigenschaft des Produkts und könne Verbraucher dazu verleiten, die Risiken des Desinfektionsmittels zu unterschätzen.
Der BGH stellte außerdem klar, dass die Angabe „Hautfreundlich“ im Widerspruch zu den Zielen der Biozidverordnung stehe, die den Einsatz solcher Produkte möglichst minimieren will. Die Werbeaussage suggeriere, dass das Desinfektionsmittel ungefährlich sei, obwohl es sich um ein Produkt handelt, das potenziell gesundheitsschädlich sein kann.
Rechtliche Bedeutung:
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 3a des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) hat die Klägerin daher einen Anspruch auf Unterlassung der Werbung mit der Angabe „Hautfreundlich“. Der Verstoß gegen die Biozidverordnung stellt zugleich einen Wettbewerbsverstoß dar, da die Beklagte gegen eine gesetzliche Vorschrift handelte, die das Marktverhalten zum Schutz der Verbraucher regelt.
Fazit:
Das Urteil stellt klar, dass die Verwendung von beschönigenden oder verharmlosenden Begriffen in der Werbung für Biozidprodukte streng reglementiert ist. Begriffe wie „Hautfreundlich“ dürfen nicht verwendet werden, wenn sie geeignet sind, die Risiken solcher Produkte zu relativieren. Die Entscheidung des BGH zeigt, wie wichtig es ist, bei der Bewerbung von Produkten wie Desinfektionsmitteln klare und nicht irreführende Angaben zu machen, um den gesetzlichen Vorschriften zu entsprechen.
BVerG Urteil vom 10. Oktober 2024, Az. I ZR 108/22
Vorinstanzen:
- LG Karlsruhe, Urteil vom 25. März 2021 – 14 O 61/20 KfH
- OLG Karlsruhe, Urteil vom 8. Juni 2022 – 6 U 95/21
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