Das Oberverwaltungsgericht hat heute der Klage eines Fußballfans gegen eine Twitter-Nachricht des Polizeipräsidiums Duisburg stattgegeben, die anlässlich des Spiels des MSV Duisburg gegen den 1. FC Magdeburg im Februar 2017 veröffentlicht wurde.
Bei der als Risikospiel eingestuften Partie der 3. Fußball-Bundesliga zogen ungefähr 100 Gästefans vor der Einlasskontrolle Regencapes über. Der Anführer („Capo“) der Fangruppierung hatte sie per Megafon dazu aufgefordert und die Regencapes verteilen lassen. Laut der Ansage sollte dies Teil einer Fan-Choreographie im Stadion sein. Die Polizeikräfte verhinderten den Zutritt der mit Regencapes bekleideten Fans zum Station, weil sie das Einschmuggeln von verbotenen Gegenständen (insbesondere Feuerwerkskörpern) befürchteten. In der Folge kam es zu einem Rückstau an der Einlasskontrolle. Die Polizei Duisburg veröffentlichte hierzu über ihren Twitter-Account die mit einem Foto versehene Meldung: „#MSVFCM Stau am Gästeeingang, einige Fans haben sich Regencapes angezogen, um die Durchsuchung zu verhindern.“ Die in Brandenburg lebende Klägerin fühlte sich durch den Tweet nebst Foto in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt und klagte gegen die Polizei Duisburg. Diese war der Meinung, die Klägerin sei auf dem Foto schon nicht erkennbar. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberverwaltungsgericht das Urteil geändert und die Rechtswidrigkeit des Tweets festgestellt.
Zur Begründung hat der 5. Senat des Oberverwaltungsgerichts ausgeführt: Es muss davon ausgegangen werden, dass die Klägerin auf dem auf Twitter veröffentlichten Foto zu erkennen gewesen ist. Ein Abgleich der vorgelegten Ausdrucke des Tweets mit Fotos der Klägerin aus dem maßgeblichen Zeitraum spricht dafür. Ob die Ausdrucke der Original-Auflösung des Bildes bei Twitter entsprochen haben, ist nicht mehr aufzuklären. Die verbleibende Unsicherheit geht aber zu Lasten der Polizeibehörde, weil diese nicht nur den Tweet nachträglich (wegen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit) gelöscht hat, sondern auch die Original-Fotodatei dort nicht mehr auffindbar ist. Unabhängig von der Frage, ob eine Verwaltungsbehörde für die in Rechte Dritter eingreifende Öffentlichkeitsarbeit eine gesetzliche Grundlage benötigt, genügt der Tweet nicht den Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht an Veröffentlichungen des Staates stellt, die Rechte Dritter beeinträchtigen. Insbesondere müssen die mitgeteilten Tatsachen zutreffend sein. Zudem darf die Veröffentlichung nicht über den damit verfolgten Zweck hinausgehen. Dies ist beides nicht eingehalten. Dass die Fußballfans und damit auch die Klägerin ein Regencape zu dem Zweck übergezogen haben, die Durchsuchung zu verhindern, kann nicht belegt werden. Die von der Polizei selbst dokumentierte Aussage des „Capo“ deutet in eine andere Richtung, nämlich die Gestaltung einer Fanchoreografie. Dass dies nur vorgeschoben gewesen ist, ist allenfalls eine polizeiliche Vermutung, die nicht belegt ist. Jedenfalls hätte die Polizei in einem solchen Fall die verbleibende Unsicherheit kenntlich machen müssen. Zudem hätte die Polizei den angeführten Zweck, die übrigen Fans über den Grund des Rückstaus zu informieren, auch mit dem Verweis auf Fans, die sich Regencapes anziehen, aber ohne die Angabe einer inneren Motivation, erreichen können.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen. Hiergegen ist Beschwerde möglich, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.
Aktenzeichen: 5 A 2808/19 (I. Instanz: VG Düsseldorf 18 K 16606/17)
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