Die 30. Große Strafkammer des Landgerichts Berlin I, zuständig für Schwurgerichtssachen, hat heute in einem aufsehenerregenden Prozess den ehemaligen Oberarzt der Charité zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Der 56-jährige Mediziner wurde für schuldig befunden, zwei schwerstkranke Patienten durch die Verabreichung überdosierter Medikamente getötet zu haben. Die Taten ereigneten sich am 22. November 2021 und am 23. Juli 2022 auf der kardiologischen Intensivstation der renommierten Berliner Klinik.
Obwohl die Staatsanwaltschaft ursprünglich von einer Anklage wegen zweifachen Mordes ausgegangen war, hat das Gericht lediglich hinreichende Beweise für Totschlag gefunden. Dabei wies das Gericht darauf hin, dass keine Mordmerkmale wie niedrige Beweggründe oder Heimtücke erkennbar seien. Ein Beihilfevorwurf gegen eine 39-jährige Krankenschwester wurde bereits am 20. Februar 2024 gegen eine Geldauflage eingestellt, da nur eine fahrlässige Begehungsweise festgestellt werden konnte.
Die Feststellungen des Gerichts zeigen, dass der Angeklagte an besagten Tagen eine ungewöhnlich hohe Dosis eines Sedierungsmittels verwendete, um den Tod der Patienten herbeizuführen. Beide Male handelte es sich um Patienten, die sich bereits in einem fortgeschrittenen Sterbeprozess befanden. Der Angeklagte hatte behauptet, die Medikamentengabe habe lediglich das Leiden der Patienten lindern sollen und nicht deren Leben verkürzt.
Das Gericht anerkannte, dass beide Patienten zum Zeitpunkt der Tat unwiederbringlich dem Tod geweiht waren. Jedoch sah es das Verhalten des Angeklagten als ursächlich für den vorzeitigen Tod der Patienten an. Es wurde festgestellt, dass die Motivation des Angeklagten primär auf die Fürsorge und das Wohlbefinden der Patienten ausgerichtet war, was jedoch nicht die rechtswidrige Verkürzung des Lebens entschuldigt.
Die Kammer wertete die Taten als minder schwere Fälle des Totschlags, was insbesondere durch die fehlende lebensfeindliche Haltung des Angeklagten begründet wurde. Die wirtschaftlichen und beruflichen Folgen für den Angeklagten wurden ebenfalls berücksichtigt. Das Gericht verhängte eine Freiheitsstrafe von vier Jahren, unter Berücksichtigung der schwerwiegenden Vertrauensverletzung gegenüber Patienten und Angehörigen.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und kann mit einer Revision angefochten werden. Der Angeklagte, der seit Mai 2023 in Untersuchungshaft saß, wurde in der Hauptverhandlung aus der Haft entlassen. Der Prozess begann am 17. Oktober 2023 und umfasste 24 Verhandlungstage, während derer 28 Zeugen und mehrere Sachverständige gehört wurden
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