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Mit dem angefochtenen Urteil verurteilte das Amtsgericht Emmendingen den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 32 km/h zu der Geldbuße von 160 EUR und ordnete ein Fahrverbot von einem Monat an. Hiergegen wendet sich der Betroffene mit seiner auf die Sachrüge gestützten Rechtsbeschwerde, mit der in erster Linie die Anordnung des Fahrverbots beanstandet wird. Die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe beantragt, die Rechtsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen. |
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Die zulässige Rechtsbeschwerde bleibt im Ergebnis ohne Erfolg. |
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1. Die Überprüfung des Schuldspruchs und der Bemessung der Geldbuße deckt keinen Rechtsfehler auf. Insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen in der Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe verwiesen werden. Entgegen des mit der dazu abgegebenen Gegenerklärung vorgebrachten Einwands bedurfte es der Angabe des verwendeten Messverfahrens vorliegend nicht, nachdem die Feststellungen zum Geschwindigkeitsverstoß nicht auf dem Messergebnis, sondern – zulässigerweise (BGHSt 39, 291, 303) – auf einem Geständnis des Betroffenen beruhen. |
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2. Auch die Anordnung des Fahrverbots hat im Ergebnis Bestand, obwohl das angefochtene Urteil insoweit nicht gänzlich den Darstellungsanforderungen genügt. |
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a) Soweit das Amtsgericht die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anordnung eines Fahrverbots wegen eines groben Verstoßes gegen die Pflichten eines Kraftfahrzeugführers (§ 25 Abs. 1 Satz 1 StVG) bejaht hat, ist dies allerdings rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden. Beim Vorliegen der in § 4 Abs.1 Satz 1 Nr.1 BKatV umschriebenen Voraussetzungen ist die Annahme eines groben Pflichtverstoßes indiziert. Nur ausnahmsweise können besondere Ausnahmeumstände in der Tat (z.B. atypischer Rotlichtverstoß wegen Ausschlusses einer Gefahrenlage) oder in der Persönlichkeit des Betroffenen (z.B. Augenblicksversagen beim Rotlichtverstoß) eine andere Bewertung rechtfertigen. Ausdrücklicher Erörterung bedarf dies aber nur, wenn sich der Betroffene hierauf beruft oder sonst offensichtliche Anhaltspunkte für einen Ausnahmefall gegeben sind (KG VRS 134, 151; 189), was vorliegend nicht der Fall ist. |
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b) Danach kommt es nicht mehr darauf an, dass die Urteilsausführungen zur weiteren Annahme eines beharrlichen Verstoßes (§ 25 Abs. 1 Satz 1 StVG) unzureichend sind, weil zu den Vorverstößen nur lückenhafte Feststellungen getroffen wurden und deshalb teilweise offenbleibt, ob die Vorverstöße dem Verwertungsverbot des § 29 Abs. 7 Satz 1 StVG unterliegen. Da der für den Beginn der Tilgungsfrist maßgebliche Zeitpunkt der Rechtskraft bzw. der Unanfechtbarkeit der Entscheidungen (§ 29 Abs. 4 Nr. 3 StVG) nicht mitgeteilt wird, kann bezüglich der Entscheidungen vom 11.11.2013 und vom 19.2.2014 bereits nicht beurteilt werden, ob für die Tilgung die bis 30.4.2014 geltende Fassung des § 29 StVG oder das seither geltende Recht Anwendung findet (§ 65 Abs. 3 StVG). Bezüglich der weiteren Entscheidungen vom 14.1.2016 und vom 9.5.2016 kann jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass die insoweit geltende Tilgungsfrist von zwei Jahren und sechs Monaten (§ 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StVG) zum Zeitpunkt der amtsgerichtlichen Entscheidung bereits abgelaufen war. |
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c) Die Voraussetzungen für ein Absehen vom Fahrverbot liegen nicht vor. |
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1) Bei Vorliegen eines Regelfalles nach der BKatV kann von der Verhängung eines Fahrverbotes angesichts seiner Funktion und des Gleichbehandlungsgebotes nach ständiger Rechtsprechung nur unter besonderen Umständen abgesehen werden; anzulegen ist ein strenger Maßstab (OLG Koblenz NStZ-RR 1997, 19; OLG Hamm NZV 2003, 103; NZV 2007, 583; KG VRS 111, 441; OLG Köln NZV 2001, 391). In Betracht kommt ein Wegfall der Nebenfolge unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten nur dann, wenn greifbare und hinreichend belegte Anhaltspunkte für eine durch das Fahrverbot eintretende Existenzgefährdung bestehen, oder wenn sich die Maßnahme nach den Umständen des Einzelfalles anderweitig als eine für den Betroffenen besondere Härte darstellen würde. Damit kommt es darauf an, ob die für den Betroffenen zu erwartenden persönlichen und beruflichen Einschränkungen einzeln oder in ihrer Summe eine derartige Härte bedeuten würden, dass von der Maßnahme abgesehen werden muss (vgl. BGHSt 38, 125, 134). Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass es gerade zum Wesen und Zweck des Fahrverbotes als einer Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme mit Erziehungsfunktion für den Betroffenen (BVerfGE 27, 36, 42; BGHSt 38, 106, 110; BayObLG NJW 2004, 100; OLG Bamberg NZV 2011, 208; OLG Zweibrücken NZV 2014, 479) gehört, dass mit ihm – auch erhebliche – Erschwernisse in persönlicher und wirtschaftlicher Hinsicht einhergehen (OLG Koblenz, Beschluss vom 24.7.2018 – 1 OWi 6 SsBs 67/18, juris m.w.N.). Ein Ausnahmefall liegt danach nur dann vor, wenn dem Betroffenen infolge des Fahrverbotes der Verlust der wirtschaftlichen Existenz droht und diese Konsequenz nicht durch zumutbare Vorkehrungen abgewendet oder vermieden werden kann (KG NZV 2016, 535). Ergeben sich aus dem Vorbringen des Betroffenen Anhaltspunkte für das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls, muss sich das Urteil damit auseinandersetzen und in einer für das Rechtsbeschwerdegericht nachvollziehbaren Weise darlegen, welche persönlichen und wirtschaftlichen Einbußen für den Betroffenen mit dem Fahrverbot verbunden sind. |
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Daran fehlt es vorliegend, obwohl der Betroffene geltend gemacht hatte, dass mit dem Fahrverbot der Ausfall seines Verdiensts als selbständiger Taxifahrer, mit dem allein der Unterhalt seiner sechsköpfigen Familie bestritten werde, verbunden sei und er hohe Verbindlichkeiten habe. Dies wäre allerdings dazu in Beziehung zu setzen gewesen, dass die frühere Anordnung eines Fahrverbots ersichtlich nicht zum Verlust der wirtschaftlichen Existenz geführt hat und der Mindestunterhalt der Familie jedenfalls durch sozialhilferechtliche Ansprüche gesichert gewesen wäre. |
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2) Ungeachtet dessen war die Anordnung des Fahrverbots vorliegend – wie die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Antragsschrift zutreffend ausführt – auch bei Annahme einer Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz geboten. |
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In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass der Gesichtspunkt einer nachhaltigen Existenzgefährdung zurückzutreten hat, wenn sich ein Betroffener gegenüber verkehrsrechtlichen Ge- und Verboten in einschlägiger Weise vollkommen uneinsichtig zeigt. Gerade in diesem Fall muss ein Fahrverbot auch bei erheblichen Härten seine Berechtigung behalten. Andernfalls könnte ein Betroffener – insbesondere als LKW- oder Taxifahrer – die an sich unzumutbaren Folgen als Freibrief für wiederholtes Fehlverhalten ausnutzen (OLG Koblenz a.a.O.; OLG Bamberg NZV 2010, 46; OLG Karlsruhe NStZ-RR 2004, 313; OLG Frankfurt NStZ-RR 2002, 88; OLG Hamm NZV 1995, 498). |
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Vorliegend können dabei jedoch wegen der unzureichenden Feststellungen zu den Vorverstößen nicht – wie das Amtsgericht dies getan hat – alle im Urteil festgestellten Vorverstöße berücksichtigt werden. Auf der Grundlage der Urteilsausführungen besteht nur hinsichtlich der Geschwindigkeitsüberschreitung um 32 km/h innerhalb geschlossener Ortschaften vom 7.9.2017 und der mit einer Geldbuße von 90 EUR geahndeten Missachtung des Rotlichts einer Lichtzeichenanlage am 18.12.2017 unzweifelhaft kein Verwertungsverbot. Auch damit liegen aber innerhalb von wenig mehr als einem halben Jahr drei Verkehrsverstöße vor, zwischen denen ein innerer Zusammenhang besteht (OLG Düsseldorf VRS 69, 50), wobei die beiden Geschwindigkeitsüberschreitungen als grobe Verstöße i.S.d. § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG einzustufen sind und sich der Betroffene auch durch die Anordnung eines Fahrverbots für die Tat vom 7.9.2017 nicht beeindruckt gezeigt hat. Dies belegt, dass es ihm in besonders hohem Maß an der erforderlichen rechtstreuen Gesinnung und der Einsicht in früheres Fehlverhalten fehlt (vgl. BGHSt 38, 231, 234), weshalb auch bei der Annahme einer wirtschaftlichen Existenzgefährdung die Anordnung des Fahrverbots zur Einwirkung auf den Betroffenen unerlässlich ist (OLG Frankfurt a.a.O.). |
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 Satz 1 StPO. |
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