Die 13. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart hat heute unter Vorsitz des Vizepräsidenten des Landgerichts Christoph Haiß das Urteil in einem Berufungsverfahren verkündet, in dessen Rahmen über die Wirksamkeit der Mietpreisbegrenzungsverordnung des Landes Baden-Württemberg zu entscheiden war. Die Kammer hält die badenwürttembergische Mietpreisbegrenzungsverordnung für formell unwirksam, weil es an einer notwendigen Veröffentlichung der Begründung fehle.
Erwägungen der Kammer
Eine Veröffentlichung der Begründung der Mietpreisbegrenzungsverordnung sei erforderlich, um die Entscheidung der Landesregierung nachvollziehbar zu machen, weshalb die Mietpreisbremse in einem bestimmten Gebiet gelten solle. Die Begründung der Verordnung diene zudem dem Grundrechtsschutz der Vermieter. Diese seien durch die Mietpreisbremse in der ökonomischen Nutzung ihres Eigentums eingeschränkt. Betroffene Vermieter seien ohne Zugriff auf die vollständige Begründung aber nicht im Stande, ihre Rechte sachgemäß wahrzunehmen und die Erfolgsaussichten eines Rechtsbehelfs abzuschätzen. Spiegelbildlich seien auch die zur Entscheidung über die Wirksamkeit der Verordnung berufenen Zivilgerichte nur dann in der Lage, über die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben zu befinden, wenn ihnen die Parteien den nötigen Prozessstoff vortragen können.
Bisherige Praxis des Landes genüge Anforderungen an eine Veröffentlichung nicht
Das Land Baden-Württemberg war dem Rechtsstreit im Berufungsverfahren als Streithelfer beigetreten. Das Land hat die Auffassung vertreten, dass die Begründung zur Mietpreisbegrenzungsverordnung der Öffentlichkeit ausreichend zugänglich gemacht worden sei. Dem folgte die Kammer nicht. Insbesondere reiche es nach Auffassung der Kammer nicht aus, dass die fragliche Begründung auf Anfrage herausgegeben wurde.
Hintergrund und Folgen des Urteils
Am 29. September 2015 hat die Landesregierung die Mietpreisbegrenzungsverordnung Baden-Württemberg erlassen. Die Landesregierung wurde auf Grundlage der bundesgesetzlichen Mietpreisbremse des § 556 d BGB zum Erlass der Verordnung ermächtigt. Die Landesverordnung legt in Baden-Württemberg Gebiete mit einem angespannten Wohnungsmarkt fest, in denen die Miete zu Beginn des Mietverhältnisses die ortsübliche Vergleichsmiete höchstens um zehn Prozent übersteigen darf. Unmittelbare Folge des Urteils ist, dass sich die Klägerin des vorliegenden Rechtsstreits auf die Mietpreisbremse nicht berufen kann. Sofern weitere Gerichte der Auffassung der Kammer folgen, sind von der Entscheidung des Landgerichts Stuttgart sämtliche Mietverhältnisse im Land betroffen, die in einem Gebiet liegen, in dem die Mietpreisbremse des § 556 d BGB nach der aktuellen Mietpreisbegrenzungsverordnung des Landes Anwendung findet (Liste der betroffenen Städte und Gemeinden s.u. Anlage).
Urteil rechtskräftig – Revision nicht zugelassen
Das Urteil ist rechtskräftig. Die Kammer hat die Revision nicht zugelassen. Insbesondere
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordere
keine Entscheidung des Revisionsgerichts, so die Kammer. Die Annahme einer
Pflicht zur Veröffentlichung der Begründung nach § 556d Absatz 2 BGB entspreche der
allgemeinen Ansicht in Rechtsprechung und Literatur.
Gang des Verfahrens
In erster Instanz hatte das Amtsgericht Stuttgart mit Urteil vom 30. Oktober 2018 (Az 35
C 2110/18) festgestellt, dass die Mietpreisbegrenzungsverordnung Baden-Württemberg
mangels hinreichender Begründung und mangels Veröffentlichung der Begründung unwirksam sei. Die 13. Zivilkammer hat sich damit im Ergebnis der Auffassung des Amtsgerichts angeschlossen. Anders als das Amtsgericht hat die Kammer ihre Entscheidung indes nicht auf eine unzureichende Begründung der Verordnung gestützt, sondern nur auf eine fehlende Veröffentlichung der Begründung.
Das Urteil Landgericht Stuttgart vom 13.3.2019 – Aktenzeichen 13 S 181/18 – finden Sie hier verlinkt.
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