Ein Berufungsgericht in den USA hat am Mittwoch entschieden, dass die Nasdaq-Börse keine Regeln vorschreiben darf, die von börsennotierten Unternehmen verlangen, Frauen und Minderheiten in ihre Vorstände aufzunehmen oder zu erklären, warum dies nicht der Fall ist. Die Entscheidung stellt einen Rückschlag für Bemühungen dar, Diversität in Unternehmensführungen zu fördern.
Das Urteil des 5. Berufungsgerichts in New Orleans fiel mit einer knappen Mehrheit von 9 zu 8 Stimmen zugunsten zweier konservativer Interessengruppen aus, die die 2021 von der US-Börsenaufsicht SEC (Securities and Exchange Commission) genehmigten Vorschriften angefochten hatten. Das Gericht argumentierte, die Regeln verstoßen gegen das US-amerikanische Wertpapierrecht.
Hintergrund der Entscheidung
Die umstrittenen Regeln wurden von der National Center for Public Policy Research, einem konservativen Think Tank, sowie der Alliance for Fair Board Recruitment, einer Organisation, die von Edward Blum – einem bekannten Gegner von Maßnahmen zur positiven Diskriminierung (Affirmative Action) – gegründet wurde, rechtlich angefochten. Beide Gruppen hatten argumentiert, die Nasdaq-Vorgaben seien unrechtmäßig und diskriminierend gegenüber Unternehmen, die keine solchen Maßnahmen umsetzen.
Im Oktober 2023 hatte ein dreiköpfiges Richtergremium des 5. Berufungsgerichts, das ausschließlich aus von demokratischen Präsidenten ernannten Richtern bestand, die Entscheidung der SEC bestätigt. Das Gremium befand, die SEC habe innerhalb ihres rechtlichen Spielraums gehandelt, als sie die Diversitätsregeln der Nasdaq genehmigte. Doch das konservative Mehrheitsgericht beschloss, den Fall erneut zu überprüfen, was letztlich zur Aufhebung dieser Entscheidung führte.
Die konservative Mehrheit entscheidet
Alle neun Richter, die für die Aufhebung der Regeln stimmten, wurden von republikanischen Präsidenten ernannt. Der Autor der Entscheidung, Berufungsrichter Andrew Oldham, war während der ersten Amtszeit des designierten Präsidenten Donald Trump ernannt worden. Das Urteil reflektiert die zunehmende Politisierung der Justiz, insbesondere in Fragen der Unternehmensregulierung und sozialen Gerechtigkeit.
Die knappe 9-8-Entscheidung spiegelt eine tiefe Spaltung in der US-amerikanischen Gesellschaft wider: Während die einen Diversität in Unternehmensvorständen als unverzichtbar für die soziale und wirtschaftliche Gerechtigkeit ansehen, betrachten andere solche Regeln als Eingriff in die unternehmerische Freiheit und potenziell diskriminierend.
Ausblick und Reaktionen
Die Entscheidung des Gerichts könnte weitreichende Folgen für ähnliche Initiativen zur Förderung von Diversität in den USA haben. Die Nasdaq hatte die Regeln ursprünglich eingeführt, um Vielfalt in Unternehmensführungen zu erhöhen und deren Transparenz zu fördern. Kritiker argumentieren jedoch, dass solche Vorgaben Unternehmen unfaire Verpflichtungen auferlegen und in vielen Fällen nicht praktikabel seien.
Die Entscheidung stieß auf geteilte Reaktionen: Befürworter von Diversitätsmaßnahmen äußerten Bedauern und warnten vor einem Rückschritt in den Bemühungen um Gleichberechtigung in der Wirtschaft. Konservative Interessengruppen begrüßten hingegen das Urteil als Sieg für unternehmerische Freiheit und gegen staatliche Überregulierung.
Es bleibt abzuwarten, ob die Nasdaq und die SEC weitere rechtliche Schritte in Betracht ziehen werden, um die Entscheidung anzufechten. Das Urteil ist jedoch ein Signal dafür, dass der Kampf um Diversität in der Unternehmenswelt weiterhin ein heiß umstrittenes Thema bleibt.
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