Ein US-Bundesgericht hat am Freitag eine wegweisende Entscheidung getroffen und die israelische Spyware-Firma NSO Group für ihre Rolle bei einer Hacking-Kampagne im Jahr 2019 verantwortlich gemacht, bei der über 1.000 WhatsApp-Nutzer angegriffen wurden. Laut Richterin Phyllis Hamilton des Northern District of California hat NSO Group sowohl gegen US-amerikanisches als auch kalifornisches Recht verstoßen.
Das Urteil ist nicht nur ein großer Erfolg für WhatsApp, das im Besitz von Meta ist, sondern auch ein seltener Triumph für Menschenrechtsaktivisten und Journalisten, die seit Jahren versuchen, gegen die Machenschaften von Überwachungsfirmen wie NSO vorzugehen. Doch bei all dem Jubel stellt sich die Frage, warum es so lange dauert, Unternehmen, die Überwachungssoftware missbrauchen, zur Rechenschaft zu ziehen – und wie tief das Problem wirklich reicht.
Der Fall NSO Group: Eine Geschichte des Missbrauchs
Die NSO Group ist vor allem für ihre Spyware „Pegasus“ bekannt, die in der Lage ist, Smartphones auszuspionieren – von Anrufen über Nachrichten bis hin zu Standortdaten. Laut der Klage von WhatsApp wurde Pegasus 2019 in einer umfassenden Attacke gegen Journalisten, Menschenrechtsaktivisten und Dissidenten eingesetzt. NSO behauptet seit Jahren, dass ihre Produkte nur zur Bekämpfung von Verbrechen und Terrorismus genutzt werden. Doch immer wieder tauchen Berichte auf, dass ihre Software autoritären Regimen in die Hände spielt, die sie zur Überwachung von Oppositionellen nutzen.
Es ist erschreckend, dass solche Firmen trotz klarer Hinweise auf Missbrauch immer noch florieren. NSO Group selbst hat sich bisher nicht zu dem aktuellen Urteil geäußert, doch ihr Schweigen spricht Bände.
Ein wachsender Markt für Überwachungssoftware
Das Urteil gegen die NSO Group kommt inmitten eines wachsenden Marktes für kommerzielle Spyware. Laut Berichten haben mindestens 74 Länder Verträge mit privaten Überwachungsfirmen abgeschlossen. Dass selbst westliche Demokratien wie die USA Interesse an solchen Technologien zeigen – der FBI-Kauf einer Testlizenz für Pegasus im Jahr 2022 ist nur ein Beispiel – wirft ein düsteres Licht auf die weltweite Ausbreitung dieser Tools.
Die Biden-Regierung hat zwar versucht, gegen Spyware-Hersteller vorzugehen, insbesondere nachdem bekannt wurde, dass NSO-Software genutzt wurde, um die iPhones von US-Diplomaten zu hacken. Doch die Bemühungen wirken halbherzig, wenn gleichzeitig US-Behörden wie das FBI oder lokale Polizeibehörden Interesse an denselben Technologien zeigen.
Ein Urteil mit Signalwirkung?
Für WhatsApp ist der Freispruch nur ein erster Schritt. Die zentrale Frage nach den Schadensersatzzahlungen, die NSO Group leisten muss, wird in einem weiteren Verfahren entschieden. Dennoch wird das Urteil von Freitag als „Präzedenzfall“ gefeiert, der die Diskussion über die Zukunft von Überwachungssoftware prägen könnte.
„Dies ist das am meisten beobachtete Verfahren im Bereich kommerzieller Spyware“, sagte John Scott-Railton, ein Forscher des Citizen Lab der Universität Toronto, das sich intensiv mit NSO Group und ähnlichen Unternehmen auseinandersetzt. Er betonte, dass das Urteil eine abschreckende Wirkung auf andere Anbieter haben könnte, die versuchen, den US-Markt zu betreten.
Doch wie realistisch ist diese „abschreckende Wirkung“ wirklich? Die Nachfrage nach Spyware bleibt hoch, und solange Staaten weiterhin bereit sind, für solche Technologien zu zahlen, wird es immer Anbieter geben, die den Markt bedienen.
Eine Chance für mehr Regulierung
Das Urteil gegen die NSO Group sollte als Weckruf für die internationale Gemeinschaft dienen. Die unkontrollierte Verbreitung von Überwachungssoftware gefährdet nicht nur die Privatsphäre, sondern auch die Sicherheit von Aktivisten, Journalisten und Oppositionellen weltweit.
Es braucht dringend strengere Regulierungen, die nicht nur die Nutzung solcher Software kontrollieren, sondern auch den Verkauf und die Entwicklung einschränken. Dass eine Firma wie NSO Group trotz zahlreicher Vorwürfe und Ermittlungen jahrelang weiterarbeiten konnte, zeigt, wie dringend Handlungsbedarf besteht.
Das Urteil ist ein wichtiger Schritt, aber es bleibt abzuwarten, ob es tatsächlich zu einem Wandel führt – oder ob es am Ende doch nur ein symbolischer Sieg im Kampf gegen eine milliardenschwere Industrie bleib
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