In den USA sorgt derzeit ein spektakulärer Mordprozess für mediales Aufsehen: Die US-Amerikanerin Karen Read steht im Verdacht, im Januar 2022 ihren Lebensgefährten, den ehemaligen Bostoner Polizisten John O’Keefe, absichtlich mit ihrem Auto überfahren und anschließend im Schnee liegen gelassen zu haben.
Hintergrund des Falls
O’Keefe wurde in einer verschneiten Winternacht tot auf einer Rasenfläche in Canton, Massachusetts gefunden. Eine Autopsie ergab, dass er an Kopfverletzungen durch stumpfe Gewalt und Unterkühlung starb. Die Ermittler gingen rasch von einem Tötungsdelikt aus. Karen Read, die damalige Freundin des Opfers, wurde kurz darauf verhaftet.
Die Staatsanwaltschaft wirft ihr vor, O’Keefe aus Eifersucht in einem Streit mit ihrem SUV angefahren zu haben. Als Beweismittel wird unter anderem ein beschädigtes Rücklicht an Reads Wagen mit O’Keefes DNA herangezogen. Zudem soll Read vor Zeugen mehrfach gesagt haben: „Ich habe ihn überfahren“ und „Das ist alles meine Schuld“.
Streit um die Wahrheit
Die Verteidigung hingegen verfolgt eine völlig andere Theorie: Laut ihren Aussagen sei O’Keefe nach einem gemeinsamen Kneipenbesuch bei Freunden – darunter ein ehemaliger Polizeikollege – ausgestiegen, und dort sei es im Haus zu einem tödlichen Streit gekommen. Danach habe man O’Keefes Leiche auf den Rasen gelegt, um Read die Tat anzuhängen.
Auch mögliche Spuren eines Hundes (ein Deutscher Schäferhund) sowie ein Google-Suchverlauf („Wie lange dauert es zu sterben in der Kälte?“) aus dem Umfeld der Gastgeberin stehen im Zentrum der Verteidigung. Die Staatsanwaltschaft bestreitet jedoch die Relevanz dieser Hinweise.
Öffentliche Aufmerksamkeit und Verschwörungstheorien
Der Fall hat sich zu einem True-Crime-Phänomen entwickelt: Zahlreiche TikToker, Blogger und Podcast-Macher verfolgen jeden Schritt des Prozesses. Das Verfahren wird kontrovers diskutiert – besonders aufgrund von Polizeipannen, etwa fehlerhafter Spurensicherung oder der Entlassung des leitenden Ermittlers wegen unangemessener Nachrichten über die Angeklagte.
Zudem gibt es Anschuldigungen eines möglichen Polizeicovers-ups, die allerdings von den Behörden als haltlose Verschwörungstheorien zurückgewiesen werden.
Ein Fall polarisiert
Karen Read ist mittlerweile auf Kaution frei. Unterstützer demonstrieren regelmäßig vor dem Gericht mit Plakaten wie „Free Karen“. Auf der anderen Seite fordern Angehörige und Unterstützer von John O’Keefe „Gerechtigkeit für John“. Die mediale Aufmerksamkeit wird durch Reads prominentes Verteidigerteam verstärkt, darunter ein Anwalt, der bereits Harvey Weinstein und Kevin Spacey vertreten hat.
Aktueller Stand
Der erste Prozess endete mit einem geplatzten Verfahren („hung jury“). Derzeit läuft die Auswahl der Geschworenen für das Wiederaufnahmeverfahren in Dedham, Massachusetts. Der Richter hat das Tragen von Kleidung mit Bezug zum Fall im Gericht sowie Demonstrationen in unmittelbarer Nähe verboten, um die Unparteilichkeit zu wahren.
Fazit: Der Fall Karen Read ist weit mehr als nur ein Strafprozess – er ist ein Spiegelbild gesellschaftlicher Themen wie Justizkritik, Medienmacht und öffentlicher Meinungsbildung. Ob es sich um einen tragischen Unfall, ein Verbrechen aus Eifersucht oder ein kompliziertes Komplott handelt, muss das Gericht in den kommenden Wochen klären.
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