Die US-Regierung hat erneut zehn Männer nach El Salvador abgeschoben, denen sie Verbindungen zu den berüchtigten lateinamerikanischen Banden Mara Salvatrucha (MS-13) und Tren de Aragua vorwirft. US-Außenminister Marco Rubio verkündete die Maßnahme gestern auf der Plattform X (ehemals Twitter) und betonte, es handele sich um „Kriminelle“, die nach El Salvador „zurückgeführt“ worden seien.
Brisant ist jedoch: Die rechtliche Grundlage für die Abschiebung ist ein umstrittenes Gesetz aus dem Jahr 1798 – das sogenannte Alien Enemies Act, ursprünglich für Kriegszeiten gedacht. Dass es heute zur massenhaften Ausweisung lateinamerikanischer Migranten herangezogen wird, wirft sowohl völkerrechtliche als auch menschenrechtliche Fragen auf.
Symbolpolitik vor Staatsbesuch
Der Zeitpunkt ist kein Zufall: US-Präsident Donald Trump empfängt heute den salvadorianischen Präsidenten Nayib Bukele im Weißen Haus. Rubio lobte die Zusammenarbeit zwischen den beiden als „Vorbild für Sicherheit und Wohlstand“ – Kritiker:innen sprechen hingegen von autoritärer Partnerschaft und populistischer Inszenierung.
Schon im März hatte die Trump-Regierung über 200 Menschen nach El Salvador abgeschoben – viele von ihnen wurden direkt in das berüchtigte Hochsicherheitsgefängnis in Tecoluca gebracht. Menschenrechtsorganisationen kritisieren, dass unter den Abgeschobenen auch Männer sind, die ohne jede Anklage oder Verurteilung festgenommen wurden – oft reichte das Vorhandensein von Tattoos, um sie als Gangmitglieder zu klassifizieren.
Der Fall Garcia: Ein Präzedenzfall?
Besondere Aufmerksamkeit erregte der Fall Kilmar Abrego Garcia, eines verheirateten Familienvaters mit Wohnsitz in den USA. Ohne Vorwarnung abgeschoben, sitzt Garcia inzwischen in El Salvador in Haft – obwohl keine Beweise für eine Verbindung zu einer kriminellen Vereinigung vorliegen. Der Oberste Gerichtshof der USA hat die Trump-Regierung kürzlich verpflichtet, sich um Garcias Rückholung zu bemühen – ein symbolischer Sieg für Rechtsstaatlichkeit.
Rechtliche Grauzonen, politischer Kurs
Juristisch bleibt die Lage komplex: Der Supreme Court wies vergangene Woche eine Klage gegen die Anwendung des Alien Enemies Act zwar ab, doch lediglich aus formalen Gründen. Eine inhaltliche Bewertung der Rechtmäßigkeit der Massenausweisungen steht weiter aus.
Kritiker werfen der Trump-Regierung vor, unter dem Deckmantel der Sicherheitspolitik populistische Abschiebungsspektakel zu inszenieren – auf Kosten von Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten. Menschenrechtsanwälte und zivilgesellschaftliche Organisationen fordern eine unabhängige Überprüfung der Verfahren und warnen: Die Verwechslung von Vorverurteilung mit Justiz darf in einem demokratischen Rechtsstaat kein Normalzustand werden.
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