Zwei Männer aus Cleveland stehen unter Anklage, weil sie versucht haben, Dutzende AR-15-Gewehre an mutmaßliche Mitglieder eines mexikanischen Drogenkartells zu verkaufen. Das teilten US-Bundesbehörden diese Woche mit.
Yarquimedes Rodriguez Hilario (32) und Adison Lopez-Ramirez (34) sollen insgesamt 90 Gewehre und eine Maschinenpistole an verdeckte Ermittler verkauft oder Verkaufsversuche unternommen haben. Die Ermittler hatten sich als Kartellmitglieder ausgegeben, so die Staatsanwaltschaft im Middle District of Florida.
Der Fall ereignet sich vor dem Hintergrund verstärkter Bemühungen der mexikanischen Regierung, den Zustrom illegaler US-Waffen zu stoppen. Präsidentin Claudia Sheinbaum betonte zu Monatsbeginn, dass der Kampf gegen den Drogenschmuggel in die USA auch ein Ende des Waffenschmuggels voraussetze. Zudem läuft derzeit ein Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof, in dem Mexiko US-Waffenhersteller wegen ihrer Verantwortung für den Waffentransfer anklagt.
„Waffen aus den USA sind das Lebenselixier der Kartelle“, sagte Jonathan Lowry, Anwalt der mexikanischen Regierung, gegenüber USA TODAY. „Wer den Drogenschmuggel und die damit verbundene Gewalt stoppen will, muss den Waffenschmuggel beenden.“
Laut Berichten mexikanischer Militärgeheimdienste wurden das Land mit Zehntausenden US-Waffen regelrecht überschwemmt. Diese Waffen befeuern nicht nur die Gewalt in Mexiko, sondern auch die Instabilität in Mittelamerika, die zur aktuellen Migrationskrise an der US-Grenze beiträgt.
Anklagepunkte und Ermittlungen
Die beiden Männer aus Cleveland sind wegen Verschwörung zum Waffenschmuggel und Geldwäsche angeklagt. Laut Anklageschrift betrieben sie das Netzwerk zwischen 2021 und Anfang 2023. Sie wurden in Florida angeklagt, da dort die Waffenübergaben an verdeckte Ermittler stattfanden. Den Angeklagten drohen bis zu 35 Jahre Haft.
Zwei weitere Männer wurden im vergangenen Jahr bereits zu Haftstrafen verurteilt. Yuendry Rodriguez Hilario, der Bruder von Yarquimedes, erhielt über 13 Jahre Gefängnis, Saleh Yusuf Saleh fast sechs Jahre. Sie halfen unter anderem beim Beschaffen und Zusammenbauen der Waffen.
Die Verteidiger der beiden Hauptangeklagten lehnten eine Stellungnahme ab.
Die Ermittlungen wurden vom „Panama Express Strike Force“ durchgeführt, einer Spezialeinheit der US-Behörden zur Zerschlagung internationaler krimineller Netzwerke. Neben FBI und DEA gehören auch der Ermittlungsdienst der Küstenwache zur Einheit.
Wie die verdeckte Operation ablief
Der Fall gegen die Waffenschmuggler wurde mit Hilfe eines Undercover-Agenten des ATF (Bureau of Alcohol, Tobacco, Firearms and Explosives) aufgedeckt. Dieser nahm zunächst per Textnachrichten Kontakt zur Gruppe auf und bekam Fotos von AR-15-ähnlichen Gewehren zugeschickt. Später traf man sich persönlich in Cleveland und vereinbarte Waffendeals in Florida.
Lopez-Ramirez übergab den Agenten aus Ohio insgesamt Gewehre im Wert von 16.000 Dollar. Kurz darauf überwies er 9.000 Dollar auf das Konto von Rodriguez Hilario bei einer Bank in St. Petersburg.
Die Ermittler berichteten den Schmugglern zudem von angeblichen Kartellkämpfen in Mexiko, woraufhin diese den Verkauf von weiteren 40 AR-15-ähnlichen Gewehren arrangierten. Das FBI und ATF schlugen schließlich im März 2023 in einem Restaurantparkplatz in Cleveland zu und verhafteten zwei Mitglieder der Gruppe beim Versuch, Waffen zu übergeben.
Waffen für ein ganzes Arsenal
Laut Gerichtsakten bot die Schmugglergruppe den Ermittlern ein breites Waffenarsenal an, darunter auch eine Panzerfaust („Tubo“), größere Mengen Kokain sowie AR-15- und AK-47-Gewehre, die zuvor an Gruppen in El Salvador verkauft worden sein sollen.
Insgesamt verkaufte oder versuchte die Gruppe, 90 Gewehre sowie eine schallgedämpfte Maschinenpistole vom Typ Mac-10 zu verkaufen.
Wie groß ist der US-Waffenstrom nach Mexiko?
Trotz der Sicherstellung von 90 Waffen ist dies nur ein Bruchteil des sogenannten „Eisenstroms“ – der Flut an US-Waffen, die nach Mexiko gelangen. Laut ATF-Daten wurden zwischen 2018 und 2022 rund 78.000 in Mexiko gefundene Waffen auf US-Waffengeschäfte zurückgeführt.
Mexikanische Streitkräfte beschlagnahmten allein zwischen dem 4. Februar und dem 9. März dieses Jahres im Rahmen der „Operación Frontera Norte“ über 1.100 Waffen und rund 144.000 Patronen an der Grenze.
Auch US-Bürger wurden dabei festgenommen, darunter ein Mann aus Dallas, der in Mexiko verhaftet und den US-Behörden übergeben wurde. Ihm wird vorgeworfen, hochkalibrige Gewehre an Kartelle geliefert zu haben.
Mexikos Kampf gegen die Waffenflut
Neben der verstärkten Grenzsicherung geht Mexiko auch rechtlich gegen US-Waffenhersteller und Händler vor. Eine Klage vor dem Supreme Court zielt darauf ab, die Hersteller für die Kartellgewalt verantwortlich zu machen. Ein weiteres Verfahren richtet sich gegen mehrere Waffenhändler in Arizona.
Anwalt Lowry lobte zwar die Arbeit der Ermittler, betonte aber, dass dies langfristig nicht ausreiche. „Solange wir nicht den Ursprung der Waffen – die US-Waffenindustrie – ins Visier nehmen, wird sich das Problem nicht lösen lassen.“
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