Das Bundeskabinett hat heute den von der Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz vorgelegten Verbraucherpolitischen Bericht der Bundesregierung 2020 beschlossen
Der Verbraucherpolitische Bericht der Bundesregierung gibt einen Überblick über die erreichten verbraucherpolitischen Verbesserungen sowie über laufende Rechtssetzungsvorhaben und Aktivitäten von besonderer verbraucherpolitischer Bedeutung. Zudem zeigt der Bericht aktuelle Herausforderungen und wichtige Ziele der Verbraucherpolitik auf – etwa die Frage, wie eine vertrauenswürdige digitale Gesellschaft gestaltet werden kann oder wie eine stärkere Ausrichtung der Verbraucherpolitik an den Nachhaltigkeitszielen der Agenda 2030 möglich ist. Darüber hinaus gibt der Bericht einen Ausblick auf die Fortentwicklung der Verbraucherpolitik auf nationaler und europäischer Ebene.
Bundesministerin Christine Lambrecht erklärt dazu:
„Der Verbraucherpolitische Bericht zeigt klar: Wir haben zahlreiche ganz konkrete Verbesserungen für Verbraucherinnen und Verbraucher erreicht, die in ganz verschiedenen Lebensbereichen wirken. Mit der Einführung der Musterfeststellungsklage haben wir die Stellung von Verbraucherinnen und Verbrauchern gegenüber Unternehmen deutlich gestärkt. Im Dieselskandal hat sich eindrücklich gezeigt, dass dieses Instrument zahlreichen Verbraucherinnen und Verbrauchern schnell, kostenlos und unkompliziert zu einer Entschädigung verhelfen kann. Um bezahlbares Wohnen für alle zu ermöglichen, haben wir die Mietpreisbremse verlängert und mit der Neuregelung der Maklergebühren die Nebenkosten beim Kauf eines Eigenheims spürbar gesenkt. Mit der Reform des Inkassorechts senken wir die Mahngebühren für unbezahlte Rechnungen und machen das Verfahren für alle verständlicher.
Ich werde mich weiter mit Nachdruck dafür einsetzen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher fair behandelt und mit starken Rechten ausgestattet werden. Verbraucher werden immer noch viel zu häufig über den Tisch gezogen. Mein Gesetzentwurf für faire Verbraucherverträge muss jetzt zügig im Kabinett verabschiedet werden und ins parlamentarische Verfahren kommen, damit die unfaire Praxis überlanger Vertragslaufzeiten und telefonisch untergeschobener Verträge endlich ein Ende hat.“
In vielen zentralen Lebensbereichen wie Wohnen, Energie, Finanzdienstleistungen und Telekommunikation ist es gelungen, die Position der Verbraucherinnen und Verbraucher durch konkrete Maßnahmen zu stärken. Einen weiteren Schwerpunkt der Verbraucherpolitik im Berichtszeitraum bildete ein höheres Verbraucherschutzniveau in der digitalen Welt. Weiterhin wurde die Stellung von Verbraucherinnen und Verbrauchern gegenüber Unternehmen verbessert. Gegen Ende des Berichtzeitraums hat die Bundesregierung darüber hinaus ein Bündel an Maßnahmen beschlossen mit dem Ziel, die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie abzumildern, um die wirtschaftliche Existenz der Menschen zu sichern.
Im Einzelnen umfassen die von der Bundesregierung umgesetzten und angestoßenen Vorhaben und Maßnahmen in der Verbraucherpolitik unter anderem Folgendes:
Stärkung der Verbraucherrechtsdurchsetzung
Mit der Einführung der Musterfeststellungsklage wurde die Stellung der Verbraucherinnen und Verbraucher gegenüber Unternehmen entscheidend gestärkt. Dieses Instrument ermöglicht Verbraucherinnen und Verbrauchern eine einfache, kostengünstige und effektive Möglichkeit zur Hemmung der Verjährung und Feststellung der Haftungsvoraussetzungen ihrer Ansprüche gegenüber Unternehmen. Von diesem Instrument haben bereits eine Vielzahl von Verbraucherinnen und Verbrauchern etwa im Dieselskandal profitiert. Hier hat sich eindrücklich gezeigt, dass mit Hilfe der Musterfeststellungsklage auch über eine einvernehmliche Lösung schnell und unkompliziert zu einer Entschädigung verholfen werden kann.
Schutz wirtschaftlicher Verbraucherinteressen in den Bereichen Wohnen, Energie, Finanzdienstleistungen und Telekommunikation
In den besonders verbraucherrelevanten Lebensbereichen Wohnen, Energie, Finanzdienstleistungen und Telekommunikation wurde die Position der Verbraucherinnen und Verbraucher zum Schutz ihrer wirtschaftlichen Interessen gestärkt. So wurde etwa die Mietpreisbremse verlängert und die Verteilung von Maklergebühren beim Immobilienkauf zugunsten von Verbraucherinnen und Verbrauchern neu geregelt. Mit der starken Kundenauthentifizierung wurde etwa die Sicherheit im Online-Zahlungsverkehr erhöht sowie mehr Transparenz beim Abschluss von Festnetz- und Mobilfunkverträgen geschaffen. Zudem wurde dem Deutschen Bundestag ein Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem künftig Inkassokosten gesenkt und transparenter gestaltet werden sollen.
Verbesserungen in der Verbraucherinformation und –forschung
Es wurden eine Reihe von Maßnahmen zur Aufklärung und Information für Verbraucherinnen und Verbraucher angestoßen und etabliert. Hierzu zählen etwa gezielte differenzierte Angebote für den ländlichen und urbanen Raum, gerade auch für strukturschwächere Regionen. Im Bereich Gesundheit wurde beispielsweise mit der Bereitstellung qualitätsgesicherter und wissenschaftlich fundierter Tipps und Hilfestellungen zum souveränen Umgang mit gesundheitsbezogenen Informationen im Netz die Position der Verbraucherinnen und Verbraucher gestärkt. Zudem wurde die Verbraucherforschung ausgeweitet. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat beispielsweise eine Förderrichtlinie zum Verbraucherschutz im Dienst der UN-Agenda 2030 und der Sustainable Development Goals sowie eine Förderrichtlinie zum Thema „Verbraucherteilhabe“ veröffentlicht.
Höheres Verbraucherschutzniveau in der digitalen Welt
In der digitalen Welt hat die Bundesregierung die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher im Datenschutz gestärkt. Das nationale Datenschutzrecht des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) wurde modernisiert und an den neuen gültigen europäischen Rechtsrahmen der EU-Datenschutz-Grundverordnung angepasst. Als Maßnahme gegen strafbare Hassrede im Netz wurde das Netzwerkdurchsetzungsgesetz verabschiedet, mit dem künftig auch die Rechte der Nutzerinnen und Nutzer gegenüber den sozialen Plattformen gestärkt werden soll. Zudem hat die von der Bundesregierung unter Federführung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz und des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat eingesetzte Datenethikkommission Empfehlungen für ethische und rechtliche Maßstäbe und Leitlinien für die Behandlung von Algorithmischen Systemen einschließlich Künstlicher Intelligenz und den Umgang mit Daten vorgelegt.
Abmilderungen der Folgen der COVID-19 Pandemie
Darüber hinaus geht der Bericht auch auf die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie für Verbraucherinnen und Verbraucher und die von der Bundesregierung beschlossenen Maßnahmen ein, um die negativen Folgen der COVID-19 Pandemie abzumildern. Ein wichtiges verbraucherpolitisches Anliegen war es dabei, all jenen zu helfen, die infolge der Pandemie ihren Zahlungsverpflichtungen, zum Beispiel für wichtige Grundleistungen wie Miete, Telefon und Internet oder Strom, vorübergehend nicht nachkommen können.
Ausblick
Für die Verbraucherpolitik der Bundesregierung gilt es, die digitale Transformation verbraucherfreundlich mit zu gestalten. Damit Verbraucherinnen und Verbraucher neuen Entwicklungen, wie zum Beispiel im Bereich der Künstlichen Intelligenz, vertrauen können, ist ein Regulierungsrahmen erforderlich, der die europäischen Grundwerte und individuellen Grundrechte schützt. Schließlich ist die Verantwortlichkeit von Plattformen und die weitere Stärkung der Verbraucherrechte in diesem Bereich in den Blick zu nehmen. Die Bundesregierung wird die deutsche Ratspräsidentschaft für eine an diesen Zielen ausgerichtete Fortentwicklung der europäischen Verbraucherpolitik nutzen. Schließlich wird sie sich unter Berücksichtigung erster Erfahrungen aus der COVID-19-Pandemie für eine widerstandsfähige EU-Verbraucherpolitik in Krisenzeiten einsetzen.
Bezüglich des gesundheitlichen Verbraucherschutzes und zur Ernährungspolitik sind die aktuellen verbraucherpolitischen Entwicklungen in dem im April 2020 dem Kabinett vorgelegten Bericht „Gesunde Ernährung, sichere Produkte – Bericht der Bundesregierung zur Ernährungspolitik, Lebensmittel- und Produktsicherheit“ (Ernährungspolitischer Bericht der Bundesregierung 2020) dargestellt worden.
Der Bericht wird nun dem Deutschen Bundestag und Bundesrat zugeleitet.
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