Startseite Allgemeines Justiz Verhandlungstermin am 12. Oktober 2023 um 10.00 Uhr in Sachen I ZR 135/20 (Zulässigkeit der gesonderten Ausweisung von Flaschenpfand)
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Verhandlungstermin am 12. Oktober 2023 um 10.00 Uhr in Sachen I ZR 135/20 (Zulässigkeit der gesonderten Ausweisung von Flaschenpfand)

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Verhandlungstermin am 12. Oktober 2023 um 10.00 Uhr in Sachen I ZR 135/20 (Zulässigkeit der gesonderten Ausweisung von Flaschenpfand)

Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat über die Frage zu entscheiden, ob bei der Werbung für Waren in Pfandbehältern der Pfandbetrag gesondert ausgewiesen werden darf oder ob ein Gesamtpreis einschließlich des Pfandbetrags angegeben werden muss.

Sachverhalt:

 

Der Kläger ist ein Verein, der satzungsgemäß das Interesse seiner Mitglieder an der Einhaltung des Wettbewerbsrechts überwacht. Die Beklagte vertreibt Lebensmittel. In einem Faltblatt bewarb sie unter anderem Getränke in Pfandflaschen und Joghurt in Pfandgläsern. Der Pfandbetrag war in die angegebenen Preise nicht einberechnet, sondern mit dem Zusatz „zzgl. … € Pfand“ ausgewiesen. Der Kläger sieht darin einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht und nimmt die Beklagte auf Unterlassung und Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch.

 

Bisheriger Prozessverlauf:

 

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen.

 

Dem Kläger stehe kein Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1, § 3a UWG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Satz 1 der Preisangabenverordnung (PAngV) in der bis zum 27. Mai 2022 geltenden Fassung (aF) zu. Unabhängig davon, ob ein Pfandbetrag nach § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV aF in den Gesamtpreis einzurechnen sei, was letztlich von der Auslegung von Art. 1, 2 Buchst. a und Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 98/6/EG über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse abhänge, könne der Klage aus rechtsstaatlichen Gründen nicht stattgegeben werden. § 1 Abs. 4 PAngV aF enthalte eine Ausnahmevorschrift, nach der aus dem Preis für die Ware und dem Pfand kein Gesamtbetrag zu bilden sei. Diese Vorschrift sei zwar europarechtswidrig und deshalb nicht mehr anwendbar, bleibe aber geltendes Recht. Es sei daher mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht zu vereinbaren, die Beklagte, die sich an diese Vorschrift gehalten habe, zu verurteilen. Der Unterlassungsanspruch bestehe auch nicht wegen eines irreführenden Unterlassens der Angabe des Gesamtpreises nach § 5a Abs. 2 und Abs. 3 Nr. 3 UWG in der bis zum 27. Mai 2022 geltenden Fassung (aF).

 

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

 

Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren mit Beschluss vom 29. Juli 2021 ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union insbesondere die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob der „Verkaufspreis“ im Sinne von Art. 2 Buchst. a Richtlinie 98/6/EG den Pfandbetrag enthalten muss, den der Verbraucher beim Kauf von Waren in Pfandflaschen oder Pfandgläsern zu zahlen hat.

 

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat über das Vorabentscheidungsersuchen mit Urteil vom 29. Juni 2023 (C-543/21) entschieden.

 

Vorinstanzen:

 

LG Kiel – Urteil vom 26. Juni 2019 – 15 HKO 38/18

 

OLG Schleswig – Urteil vom 30. Juli 2020 – 6 U 49/19

 

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

 

  • 3 Abs. 1 UWG

 

Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

 

  • 3a UWG

 

Unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.

 

  • 5a Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Nr. 3 und Abs. 4 UWG aF

 

(2) Unlauter handelt, wer im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthält,

 

  1. die der Verbraucher je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und

 

  1. deren Vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

 

(3) Werden Waren oder Dienstleistungen unter Hinweis auf deren Merkmale und Preis in einer dem verwendeten Kommunikationsmittel angemessenen Weise so angeboten, dass ein durchschnittlicher Verbraucher das Geschäft abschließen kann, gelten folgende Informationen als wesentlich im Sinne des Absatzes 2, sofern sie sich nicht unmittelbar aus den Umständen ergeben: […]

 

  1. der Gesamtpreis oder in Fällen, in denen ein solcher Preis auf Grund der Beschaffenheit der Ware oder Dienstleistung nicht im Voraus berechnet werden kann, die Art der Preisberechnung sowie gegebenenfalls alle zusätzlichen Fracht-, Liefer- und Zustellkosten oder in Fällen, in denen diese Kosten nicht im Voraus berechnet werden können, die Tatsache, dass solche zusätzlichen Kosten anfallen können; […]

 

(4) Als wesentlich im Sinne des Absatzes 2 gelten auch Informationen, die dem Verbraucher auf Grund unionsrechtlicher Verordnungen oder nach Rechtsvorschriften zur Umsetzung unionsrechtlicher Richtlinien für kommerzielle Kommunikation einschließlich Werbung und Marketing nicht vorenthalten werden dürfen.

 

  • 8 Abs. 1 Satz 1 UWG

 

Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.

 

  • 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 PAngV aF

 

(1) Wer Verbrauchern gemäß § 13 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gewerbs- oder geschäftsmäßig oder wer ihnen regelmäßig in sonstiger Weise Waren oder Leistungen anbietet oder als Anbieter von Waren oder Leistungen gegenüber Verbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt, hat die Preise anzugeben, die einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile zu zahlen sind (Gesamtpreise).

 

(4) Wird außer dem Entgelt für eine Ware oder Leistung eine rückerstattbare Sicherheit gefordert, so ist deren Höhe neben dem Preis für die Ware oder Leistung anzugeben und kein Gesamtbetrag zu bilden.

 

Art. 1 der Richtlinie 98/6/EG

 

Diese Richtlinie regelt die Angabe des Verkaufspreises und des Preises je Maßeinheit bei Erzeugnissen, die Verbrauchern von Händlern angeboten werden; dadurch soll für eine bessere Unterrichtung der Verbraucher gesorgt und ein Preisvergleich erleichtert werden.

 

Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 98/6/EG

 

Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

 

  1. a) „Verkaufspreis“ den Endpreis für eine Produkteinheit oder eine bestimmte Erzeugnismenge, der die Mehrwertsteuer und alle sonstigen Steuern einschließt; […]

 

Art. 3 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 98/6/EG

 

Bei den in Artikel 1 bezeichneten Erzeugnissen sind der Verkaufspreis und der Preis je Maßeinheit anzugeben, wobei für die Angabe des Preises je Maßeinheit die Bestimmungen von Artikel 5 gelten.

 

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