Startseite Allgemeines Verhandlungstermin am 23. Juni 2020, 9.30 Uhr in Sachen KVR 69/19 (Facebook gegen Bundeskartellamt)
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Verhandlungstermin am 23. Juni 2020, 9.30 Uhr in Sachen KVR 69/19 (Facebook gegen Bundeskartellamt)

Pixelkult (CC0), Pixabay
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Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat über die sofortige Vollziehbarkeit einer Verbotsverfügung des Bundeskartellamts gegen Facebook zu entscheiden, die sich gegen Nutzungsbedingungen richtet, mit denen nach Auffassung des Kartellamts wegen eines Verstoßes gegen Datenschutzrecht eine marktbeherrschende Stellung von Facebook missbraucht wird.

Sachverhalt:

Die in Irland ansässige Facebook Ireland Limited (im Folgenden: Facebook) betreibt das soziale Netzwerk „Facebook“.

Die Teilnahme am kostenlos zur Verfügung gestellten sozialen Netzwerk „Facebook“ hängt davon ab, dass die Nutzer bei der Registrierung den Nutzungsbedingungen zustimmen. Diese erlauben Facebook die Verarbeitung der personenbezogenen Daten des Nutzers. Nach den Erläuterungen in den maßgeblichen Facebook-Richtlinien sammelt Facebook auch außerhalb der Facebook-Seiten Nutzerdaten, nämlich mit seinen anderen konzerneigenen Diensten (Instagram, WhatsApp, Masquerade und www.oculus.com) und auf Webseiten und mit Nutzerprogrammen (Apps) dritter Anbieter, welche über Facebook Business Tools (z.B. dem „Gefällt mir“-Button) mit Facebook-Seiten verbunden sind. Die gesammelten Daten werden zusammengeführt.

Das Bundeskartellamt sieht in der Verwendung der Nutzungsbedingungen und dem danach erlaubten Verarbeiten von außerhalb der Facebook-Seiten generierten Daten Verstöße gegen das kartellrechtliche Missbrauchsverbot gemäß § 19 Abs. 1 GWB. Die geforderten Konditionen seien mit Blick auf die Wertungen des Datenschutzrechts nach der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) unangemessen. Mit Beschluss vom 6. Februar 2019 hat das Bundeskartellamt Facebook und weiteren Konzerngesellschaften untersagt, Nutzungsbedingungen zu verwenden, die eine solche Verarbeitung von außerhalb von Facebook.com auf den genannten konzerneigenen Diensten oder Webseiten oder Apps Dritter anfallenden Daten ohne weitere Einwilligung der Nutzer erlauben.

Bisheriger Prozessverlauf:

Das Oberlandesgericht hat über die dagegen eingelegte Beschwerde noch nicht entschieden. Es hat aber auf Antrag von Facebook und den weiteren Adressaten der angefochtenen Verfügung die aufschiebende Wirkung der Beschwerde angeordnet. Dies hat zur Folge, dass die Verfügung des Bundeskartellamts nicht vollzogen werden darf, bis über die Beschwerde durch das Oberlandesgericht entschieden ist. Das Oberlandesgericht hatte ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verfügung. Es hat angenommen, der Datenbezug aus Drittquellen stelle keine wettbewerbsschädliche Ausbeutung der Nutzer dar. Dem Verbraucher bleibe es unbenommen, die Daten beliebig oft jedem Dritten auf dem Markt für soziale Netzwerke zur Verfügung zu stellen. Eine übermäßige Preisgabe der Daten könne nicht festgestellt werden. Auch ein Kontrollverlust des Nutzers liege nicht vor, die Datenverarbeitung erfolge mit Wissen und Wollen des Nutzers. Unkenntnis über den Inhalt der Nutzungsbedingungen beruhe nicht auf der Marktmacht von Facebook, sondern bei lebensnaher Würdigung auf Gleichgültigkeit oder Bequemlichkeit der Nutzer. Es könne dahinstehen, ob die Nutzungsbedingungen den Vorgaben der DSGVO standhielten. Denn es fehle jedenfalls der notwendige Kausalzusammenhang zwischen der marktbeherrschenden Stellung von Facebook und dem angeblichen Verstoß gegen Datenschutzrecht.

Gegen die Anordnung der aufschiebenden Wirkung wendet sich das Bundeskartellamt mit seiner vom Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

Vorinstanz:

OLG Düsseldorf – Beschluss vom 26. August 2019 – VI-Kart 1/19 (V)
Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

Relevante Vorschriften aus der DSGVO (Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung). (Auszüge)

Erwägungsgrund 42

… Es sollte nur dann davon ausgegangen werden, dass sie [die betroffene Person] ihre Einwilligung freiwillig gegeben hat, wenn sie eine echte oder freie Wahl hat und somit in der Lage ist, die Einwilligung zu verweigern oder zurückzuziehen, ohne Nachteile zu erleiden.

Artikel 4 – Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck:
1. „personenbezogene Daten“ alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person (im Folgenden „betroffene Person“) beziehen; als identifizierbar wird eine natürliche Person angesehen, die direkt oder indirekt, insbesondere mittels Zuordnung zu einer Kennung wie einem Namen, zu einer Kennnummer, zu Standortdaten, zu einer Online-Kennung oder zu einem oder mehreren besonderen Merkmalen, die Ausdruck der physischen, physiologischen, genetischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität dieser natürlichen Person sind, identifiziert werden kann;
2. „Verarbeitung“ jeden mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren ausgeführten Vorgang oder jede solche Vorgangsreihe im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten wie das Erheben, das Erfassen, die Organisation, das Ordnen, die Speicherung, die Anpassung oder Veränderung, das Auslesen, das Abfragen, die Verwendung, die Offenlegung durch Übermittlung, Verbreitung oder eine andere Form der Bereitstellung, den Abgleich oder die Verknüpfung, die Einschränkung, das Löschen oder die Vernichtung;

11. „Einwilligung“ der betroffenen Person jede freiwillig für den bestimmten Fall, in informierter Weise und unmissverständlich abgegebene Willensbekundung in Form einer Erklärung oder einer sonstigen eindeutigen bestätigenden Handlung, mit der die betroffene Person zu verstehen gibt, dass sie mit der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten einverstanden ist;

Artikel 6 – Rechtmäßigkeit der Verarbeitung

(1) Die Verarbeitung ist nur rechtmäßig, wenn mindestens eine der nachstehenden Bedingungen erfüllt ist:
a) Die betroffene Person hat ihre Einwilligung zu der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten für einen oder mehrere bestimmte Zwecke gegeben;
b) die Verarbeitung ist für die Erfüllung eines Vertrags, dessen Vertragspartei die betroffene Person ist, oder zur Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen erforderlich, die auf Anfrage der betroffenen Person erfolgen;
c) die Verarbeitung ist zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich, der der Verantwortliche unterliegt;

f) die Verarbeitung ist zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen, insbesondere dann, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handelt.

Artikel 7 – Bedingungen für die Einwilligung


(4) Bei der Beurteilung, ob die Einwilligung freiwillig erteilt wurde, muss dem Umstand in größtmöglichem Umfang Rechnung getragen werden, ob unter anderem die Erfüllung eines Vertrags, einschließlich der Erbringung einer Dienstleistung, von der Einwilligung zu einer Verarbeitung von personenbezogenen Daten abhängig ist, die für die Erfüllung des Vertrags nicht erforderlich sind.

Artikel 9 – Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten

(1) Die Verarbeitung personenbezogener Daten, aus denen die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen oder die Gewerkschaftszugehörigkeit hervorgehen, sowie die Verarbeitung von genetischen Daten, biometrischen Daten zur eindeutigen Identifizierung einer natürlichen Person, Gesundheitsdaten oder Daten zum Sexualleben oder der sexuellen Orientierung einer natürlichen Person ist untersagt.
(2) Absatz 1 gilt nicht in folgenden Fällen:
a) Die betroffene Person hat in die Verarbeitung der genannten personenbezogenen Daten für einen oder mehrere festgelegte Zwecke ausdrücklich eingewilligt

Relevante Bestimmungen aus dem Gesetz gegen

Wettbewerbsbeschränkungen (GWB):

§ 19 Verbotenes Verhalten von marktbeherrschenden Unternehmen

(1) Die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen ist verboten.
(2) Ein Missbrauch liegt insbesondere vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen

2. Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, die von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden; hierbei sind insbesondere die Verhaltensweisen von Unternehmen auf vergleichbaren Märkten mit wirksamem Wettbewerb zu berücksichtigen;

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