Am Dienstag erschütterte eine massive Explosion die Stadt Louisville, Kentucky, und hinterließ zwei Tote sowie ein Dutzend Verletzte. Der Vorfall ereignete sich in der Givaudan Sense Colour-Fabrik, die Lebensmittelfarbstoffe herstellt und im Besitz des Schweizer Unternehmens Givaudan ist. Der Vorfall sorgte für Rauchwolken, die aus zerfetzten Metallstrukturen und Trümmern aufstiegen, und erschütterte die umliegende Gemeinde, die nun Antworten fordert.
Die Ereignisse im Überblick
Die Explosion ereignete sich gegen 15:00 Uhr und war so stark, dass sie noch meilenweit entfernt in Jeffersonville, Indiana, spürbar war. Durch die Druckwelle gingen in zahlreichen umliegenden Geschäften Fenster zu Bruch. Laut dem Bürgermeisterbüro von Louisville wurden zwölf Menschen verletzt, von denen elf bereits bis Mittwochabend aus dem Krankenhaus entlassen wurden.
Die Ursache der Explosion ist bislang unklar. Die Behörden beschrieben den Vorfall als einen „Großunfall mit gefährlichen Materialien“, wobei auch Bundesagenturen die Ermittlungen unterstützen. Allerdings gibt es laut Shawn Morrow vom Bureau of Alcohol, Tobacco, Firearms and Explosives keine Hinweise auf kriminelle Aktivitäten.
Givaudan teilte mit, dass man sich noch in den frühen Phasen der Untersuchung befinde und eng mit Ersthelfern und unterstützenden Behörden zusammenarbeite.
Die Opfer
Zwei Mitarbeiter des Unternehmens kamen bei der Explosion ums Leben, ihre Identitäten wurden jedoch nicht öffentlich gemacht.
„Wir trauern mit den Familien, Freunden und Angehörigen derjenigen, die bei diesem schrecklichen Vorfall verloren gegangen oder verletzt worden sind,“ erklärte das Unternehmen.
Eine der verstorbenen Personen wurde erst Stunden nach der Explosion in den Trümmern gefunden. Zuvor hatte das Unternehmen fälschlicherweise mitgeteilt, dass alle Mitarbeitenden als sicher registriert seien. Der Fehler sei laut Givaudan auf eine „Misskommunikation“ zwischen zwei Evakuierungsstellen zurückzuführen.
„Es gab eine Verwirrung zwischen den Teams, als die Anwesenheitsliste mit den in Krankenhäuser transportierten Personen abgeglichen wurde“, erklärte Unternehmenssprecher Jeff Peppet. Als die Situation klar wurde, seien umgehend Such- und Rettungseinsätze erneut eingeleitet worden.
Sicherheitslage und Reaktion der Behörden
Nach der Explosion wurden Bewohner in einem Radius von 1 Meile um die Anlage aufgefordert, Schutz in ihren Häusern zu suchen. In den zwei Blöcken direkt um die Fabrik mussten die Bewohner evakuiert werden, da ihre Fenster durch die Explosion zerstört worden waren.
Am Dienstagabend wurde die Anordnung zum Verbleib in den Häusern wieder aufgehoben, jedoch warnte Bürgermeister Craig Greenberg weiterhin zur Vorsicht. Der örtliche Feuerwehrchef, Brian O’Neill, erklärte, dass das Gebäude, das teilweise eingestürzt ist, weiterhin instabil sei und ein weiteres Einsturzrisiko bestehe.
Drohnen wurden eingesetzt, um die Luftqualität in der Umgebung zu überprüfen. Glücklicherweise gab es keine Hinweise auf die Freisetzung gefährlicher Stoffe, so O’Neill. Dennoch forderte der Gouverneur von Kentucky, Andy Beshear, eine umfassende Aufklärung: „Dieses Unternehmen muss der Gemeinde Antworten und Sicherheit geben.“
Die Wut der Bewohner
Zwei Tage nach der Explosion sind viele Bewohner noch immer traumatisiert.
„Die Druckwelle hat einen in der Brust getroffen. Es war erschreckend,“ beschrieb Bewohnerin Hannah Nitzken die Situation. Sie betonte auch die psychischen Belastungen, die solche Vorfälle mit sich bringen: „Nach einer solchen Explosion fühlt man sich in seinem Zuhause nicht mehr sicher.“
Die Reaktion des Unternehmens sorgte für Frustration in der Gemeinde, da sich Givaudan bisher nicht öffentlich an die Anwohner gewandt hat. Bürgermeister Greenberg teilte jedoch am Donnerstag mit, dass das Unternehmen auf seine Bitte hin eine Telefonnummer und eine E-Mail-Adresse für betroffene Bewohner bereitstellen werde. Zudem plant Givaudan ein Gemeindetreffen in der Nähe des Unglücksortes am kommenden Montagabend.
Ein Déjà-vu: Eine ähnliche Explosion vor 21 Jahren
Für einige Einwohner von Louisville weckt die Explosion Erinnerungen an einen ähnlichen Vorfall vor mehr als zwei Jahrzehnten, als sich an derselben Stelle ein tödlicher Unfall ereignete – damals noch unter anderer Unternehmensführung.
Am 11. April 2003 kam es in der Fabrik, die damals D.D. Williamson & Company gehörte, zu einer Explosion, bei der ein Prozessbehälter überdruckt wurde. Dabei wurden 26.000 Pfund Ammoniak freigesetzt, und Trümmerteile flogen durch die Luft. Der Unfall tötete einen Arbeiter und zwang 26 Anwohner zur Evakuierung, während 1.500 Menschen aufgefordert wurden, Schutz zu suchen.
Die jetzige Explosion hatte laut Behörden jedoch keine Verbindung zu denselben Chemikalien wie der Vorfall von 2003. „Der damalige Unfall betraf festes, wasserfreies Ammoniak, das heute nicht mehr vor Ort ist,“ erklärte Feuerwehrchef O’Neill.
Für Überlebende wie Lorrie Hibbard, deren Großvater bei der Explosion von 2003 ums Leben kam, ist der neue Vorfall besonders schmerzhaft. „Man würde denken, nach einer solchen Explosion würde so etwas nicht noch einmal passieren. Aber hier sind wir,“ sagte sie CNN.
Fazit
Die Explosion in Louisville wirft erneut Fragen zur Sicherheit und Transparenz in der chemischen Industrie auf. Für die Gemeinde, die nach Antworten sucht, ist die Reaktion des Unternehmens bislang unzureichend. Die geplante Aufarbeitung und das Gemeindetreffen bieten jedoch eine Gelegenheit, den Schaden nicht nur materiell, sondern auch auf emotionaler Ebene zu adressieren. Der Vorfall zeigt zudem, wie wichtig strenge Sicherheitsvorkehrungen sind, um solche Katastrophen in Zukunft zu verhindern.
Kommentar hinterlassen