Die INFINUS AG aus Dresden fungierte für zahlreiche Vermittler als sogenanntes Haftungsdach. Hierfür war sie bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) registriert und zugelassen.
Bei der BaFin waren als sogenannte gebundene Vermittler unter dem Haftungsdach der INFINUS AG zuletzt 1.372 Namenseinträge zu finden. Die vertraglich gebundenen Vermittler haben nun das Problem, an ein Unternehmen gebunden zu sein, welches als Haftungsdach möglicherweise ausfällt und mit welchem die Kommunikation in der Zukunft erheblich erschwert sein dürfte.
Rechtlich gesehen sind die vertraglich gebundenen Vermittler auf Grund der gesetzlichen Bereichsausnahme des Kreditwesengesetzes lediglich dazu befugt, für ein haftendes Unternehmen tätig zu sein. Die Infinus hat zwar den Vertrieb wieder aufgenommen, dürfte jedoch als Haftungspartner und auch unter der bestehenden Firmierung angeschlagen sein.
Das bedeutet, dass der vertraglich gebundene Vermittler, der nunmehr nicht mehr für die Infinus AG Verträge vermitteln will, in dem entsprechenden Anlagesegment erst dann wieder tätig werden kann, wenn er unter ein neues Haftungsdach schlüpfen konnte.
Hier stellt sich die Frage, was Vermittler des INFINUS-Haftungsdaches jetzt tun können, um aus dem Unternehmen wieder herauszukommen. Hier stellt sich vor allem die Problematik, dass ein Abmelden vom Haftungsdach grundsätzlich nur durch das Unternehmen, also das Haftungsdach selbst, gegenüber der BaFin erfolgen kann.
Die INFINUS-Partner berichten, dass es zur Zeit schwer sei, an einen geordneten Geschäftsbetrieb bei der INFINUS zu denken, da wohl niemand im Unternehmen vorhanden sei, der die Abmeldungen bei der BaFin vornehmen kann bzw. will. Das Problem dürfte sich noch verschärfen, sollte die INFINUS AG ein Insolvenzfall werden, was noch offen steht.
Auf eine Anfrage zu dieser Thematik meldete sich nunmehr die BaFin per E-Mail. Dies entsprechende E-Mail vom 20.11.2013 liegt den Rechtsanwälten der Kanzlei Dr. Schule und Partner vor. Hier trifft die BaFin zwei wichtige Aussagen, auf die Vermittler jetzt achten sollten.
1. Wenn keine Abmeldung erfolgt, gilt weiterhin das Ausschließlichkeitsgebot
In ihrer E-Mail wies die BaFin darauf hin, dass auch dann, wenn ein haftendes Unternehmen den Vertrieb vorübergehend eingestellt habe, die unter der Haftung des Instituts befindlichen vertraglich gebundenen Vermittler (tied agents) auf Grund des Ausschließlichkeitsverbots weder auf eigene Rechnung noch für einen anderen Vertragspartner beratend oder vermittelnd in Bezug auf Finanzinstrumente tätig werden dürfen.
Alle Vermittler, die insofern hier weiterhin tätig sein wollen, müssten erst einmal ihr Ausscheiden aus dem bisherigen Haftungsdach bei der BaFin regeln, um ggf. für ein anderes Haftungsdach tätig werden zu können.
2. Wie kann die Lösung ohne Abmeldung erfolgen?
Zu der Frage, wie denn eine Abmeldung des Vermittlers ohne Mitwirkung des Haftungsdaches erfolgen könne, teilte die BaFin mit, dass sich ein vertraglich gebundener Vermittler vom haftenden Institut lösen könne, wenn im Rahmen des Kooperationsvertrages ein Recht auf eine außerordentliche Kündigung besteht. Zudem käme auch eine einvernehmliche Aufhebung des Vertrages in Betracht.
Hierzu meint Rechtsanwalt Dr. Sven Tintemann:
„Mit einer einvernehmlichen Aufhebung des Vertrages ist momentan nicht zu rechnen. Vermittler, die sich aus dem Haftungsdach lösen wollen, müssten daher sofort kündigen. Regeln über die Kündigung finden sich im § 14 des Geschäftspartnervertrages Typ I. Regeln zur außerordentlichen Kündigung finden sich in § 15. Eingreifen dürfte hier als Kündigungsgrund die unvorhergesehene Geschäftseinstellung aus nicht von der Unternehmerin zu vertretenen Gründen oder ggf. im weiteren Verlauf die Eröffnung des Insolvenz- oder Insolvenzantragsverfahrens über das Vermögen einer Vertragspartei.“
Auf Nachfrage teilte die BaFin zudem mit, dass dann, wenn ein haftendes Unternehmen der BaFin nicht anzeigen wolle oder könne, dass der Haftungsvertrag beendet wurde (z.B. durch Kündigung oder Aufhebung), sich auch der vertraglich gebundene Vermittler direkt an die Kapitalmarktaufsicht wenden können. Der Vorgang werde dann dort auch ohne Abmeldung durch das Haftungsdach geprüft.
Vermittler, die sich von dem Haftungsdach nunmehr lösen wollen, sollten sich dringend anwaltlicher Hilfe bedienen, wenn sie bei dem Kündigungsvorgang und bei der Abmeldung bei der BaFin nicht durch einfache Schreiben Erfolge erzielen können. Zur Rechtssicherheit kann es schon sinnvoll sein, auch die Kündigungsschreiben gegenüber dem Haftungsdach von einem rechtskundigen Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht formulieren zu lassen.
V.i.S.d.P.
Dr. Sven Tintemann
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
Dr. Schulte und Partner Rechtsanwälte
Malteserstr. 170/172, 12277 Berlin
kontakt (at) dr-schulte.de
www.dr-schulte.de
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