Redaktion: Frau Bontschev, HPS Home Power Solutions ist zahlungsunfähig, das Insolvenzverfahren läuft, Rückzahlungen erscheinen sehr unwahrscheinlich. Was bedeutet das jetzt konkret für Privatanleger?
Kerstin Bontschev: Leider müssen sich Anlegerinnen und Anleger auf einen Totalverlust ihres eingesetzten Kapitals einstellen – insbesondere jene, die in Nachrangdarlehen oder Genussscheine investiert haben. Diese gelten rechtlich als nachrangige Forderungen und werden im Insolvenzfall erst berücksichtigt, wenn zuvor alle anderen Gläubiger vollständig ausgezahlt wurden. Da der Insolvenzverwalter jedoch bereits Masseunzulänglichkeit festgestellt hat, ist faktisch nichts mehr zu verteilen.
Redaktion: Gibt es für die Betroffenen überhaupt noch Handlungsmöglichkeiten?
Bontschev: Im Fall einer festgestellten Masseunzulänglichkeit ist es wichtig zu wissen, dass eine Anmeldung von Insolvenzforderungen rechtlich nicht mehr möglich ist. Das Verfahren wird in einem solchen Fall nur noch auf die Abwicklung der Verfahrenskosten und vorrangiger Masseverbindlichkeiten begrenzt. Die Anmeldung weiterer Forderungen – etwa von Anlegerinnen und Anlegern – ist daher ausgeschlossen und hat keinerlei Aussicht auf Erfolg. Es bleibt lediglich zu prüfen, ob außerhalb des Insolvenzverfahrens noch Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden können.
Redaktion: Können Anleger gegen HPS oder die Geschäftsführung rechtlich vorgehen?
Bontschev: In bestimmten Konstellationen ja – etwa bei konkretem Verdacht auf Insolvenzverschleppung, Täuschung oder Prospekthaftung. Wenn z. B. erhebliche Risiken nicht korrekt oder unvollständig dargestellt wurden, kann das eine Anspruchsgrundlage sein. Diese Verfahren sind allerdings juristisch anspruchsvoll und sollten professionell begleitet werden.
Redaktion: Welche Rolle spielen die Anlagevermittler in diesem Fall?
Bontschev: Eine sehr zentrale. Wenn Vermittler die Risiken – insbesondere den Totalverlustrisiko – verharmlost oder die Produkte gar als „sicher“ dargestellt haben, kann das eine Beratungspflichtverletzung bedeuten. In solchen Fällen besteht die Möglichkeit, auf Beraterhaftung zu klagen. Ich empfehle dringend, alle vorhandenen Unterlagen und Beratungsprotokolle juristisch prüfen zu lassen.
Redaktion: Worauf müssen Anleger jetzt achten – auch zeitlich?
Bontschev: Auch wenn im Insolvenzverfahren selbst keine Anmeldung mehr möglich ist, laufen Verjährungsfristen für mögliche Schadensersatzansprüche gegen Vermittler oder Prospektverantwortliche. In der Regel beträgt die Frist drei Jahre ab Kenntnis des Schadens und der Anspruchsgrundlage. Jetzt ist also der richtige Zeitpunkt, sich beraten zu lassen und zu handeln.
Redaktion: Und Ihr abschließender Ratschlag?
Bontschev: Auch wenn die Chancen auf Rückzahlung aus dem Insolvenzverfahren gegen null gehen, sollten betroffene Anleger nicht vorschnell aufgeben. Durch eine genaue Prüfung von Beratungsfehlern, Prospektmängeln oder Pflichtverletzungen lassen sich unter Umständen noch Ansprüche durchsetzen – außerhalb des eigentlichen Insolvenzverfahrens. Wichtig ist, jetzt schnell und mit fachlicher Unterstützung zu reagieren.
Kommentar hinterlassen