Spekulationsphasen auf Finanzmärkten werden als „Manien“ oder „Blasen“ bezeichnet. Das Wort „Manie“ erfasst die Irrationalität auf den Finanzmärkten, während der Begriff „Blase“ das Ende der Überschwänglichkeit verdeutlicht. Wissenschaftlich wird eine Blase als Abweichung der Preise von den Fundamentaldaten definiert, wenn Aktienkurse über den tatsächlichen Wert von Unternehmen steigen, der sich als Gegenwartswert der zukünftigen Einkommensflüsse errechnet (Wirtschaftshistoriker Charles Kindleberger). In den letzten Jahrzehnten fühlten sich Sparer und Kleinanleger von solchen Überlegungen nicht betroffen. Diese Personengruppe hat versucht bestmögliche Zinskonditionen bei Sparbuch und Festgeld zu erreichen, nach dem höchsten der Gefühle festverzinsliche Wertpapiere zu erwerben. Diese Gruppe hat gelernt, dass sie damit kein Vermögen mehren kann – im Gegenteil, dass es sich durch die mittlerweile wieder ansteigende Inflation bei gleichbleibend niedrigen oder gar nicht gezahlten Zinsen vermindert. Dennoch:
Ein Drittel der bisherigen Bankkunden ist offen für andere Finanzgeschäfte, die und deren Auswirkungen sie bisher noch nicht kennen gelernt haben. Ohne damit in den eigenen Gedanken Risiken zu verknüpfen, werden von dieser Gruppe Finanzgeschäfte über die sozialen Medien abgewickelt. Die Meinung, dass damit Banken weniger an ihnen verdienen, führt zu der Auffassung, dass dies eigene Gewinnmöglichkeiten erhöht. Spezielle Finanztechnologiefirmen haben für Aufruhr in der Bankenbranche gesorgt. Die genannte gutgläubige Anlegergruppe will sich bei Beratungen in Geldfragen verstärkt auf die Unterstützung von Computerprogrammen verlassen.
Verbunden mit der Meinung, dass die aktuell niedrigen Renditen von den Banken zu vertreten sind, wird zwingend geschlossen, dass Unternehmen mit weniger Kosten mehr Erfolg erreichen können – unklar bleibt, zu wessen Gunsten! Die genannte Gruppe ist für riskantere Geschäfte ansprechbar, weil ihr die Erfahrung zu möglichen Risiken fehlt. Es war immer die Besonderheit des grauen Kapitalmarkts, dass Risiken in unverhältnismäßigem Umfang auf Anleger übertragen wurden, die Gewinne aber bei den Initiatoren anfielen. Wertpapiere, deren offizielle Notierung dieser Personenkreis für die Anlage selbst als gesichert annimmt, bestärken insbesondere, wenn die angebotenen und erworbenen Wertpapiere in kurzer Zeit übermäßig stark steigen. Hier wird der Kursrückgang nicht eingepreist.
Die Zahl der seit Jahrhunderten bekannten Finanzmarktblasen hat in den vergangenen Jahrzehnten gefühlt zugenommen. Es gab diese schon immer: Die Münzentwertung in der Kipper- und Wipperzeit im Heiligen Römischen Reich (1620–1623), die Tulpenmanie in den Niederlanden (1636–1639) oder die Südsee-Blase (1720) im Handel mit Südamerika, in deren Verlauf sich Isaac Newton heftig verspekulierte (Kenneth Rogoff: This time is different).
Dass im Verlauf der Südsee-Blase auch Anteile an der Produktion von eckigen Kanonenkugeln zu Mondpreisen erworben wurden, sieht Kindleberger als Beleg für die animalischen Instinkte des Menschen: Herdenverhalten treibt nach dem Prinzip „Monkey see, monkey do“ die Preise nach oben, obwohl der steile Auftrieb an sich den Irrsinn vor Augen führt. Es gebe für Menschen eben nichts Irritierenderes als einen Freund schnell reich werden zu sehen. Ist die Blase erst einmal geplatzt, geht es nur darum, früher als die anderen zu verkaufen. Panik macht sich breit.
Diese Vorgaben haben den europäischen Gesetzgeber veranlasst Gesetze und Verordnungen zu der unübersichtlichen Zahl der bereits vorhandenen hinzuzufügen. Beispiel ist die voraussichtlich ab dem 1. Januar 2018 geltende Verordnung zu „Packaged Retail- and Insurance-based Investment Products“ (PRIIP), kurz in Deutsch: „Verpackte Anlageprodukte“ in Verbindung mit einer Kurzübersicht für Anlageinteressenten, dem Basisinformationsblatt (BIB). Anfang 2016 war eine ab 2017 geltende andere Verordnung (PIB) geplant. Die modifizierte Verordnung soll für unerfahrene Anleger Unsicherheiten beseitigen. Es ist nützlich die BIB heute näher zu betrachten, da sie die postulierten Zwecke des PRIIP-Ansatzes von mehr Transparenz und Vergleichbarkeit infrage stellen könnte.
Diese Überlegungen sollten nicht auf Marktanlage beschränkt bleiben – nicht zuletzt deshalb, weil soziale Medien Finanzdienstleistungen nicht differenzieren und gern als Paket anbieten. Das Zusammenwirken von Bankanlagen, Wertpapieren und Versicherungsverträgen beunruhigt Verbraucherzentralen, die vor solchen Abschlüssen in allen Bereichen warnen. Oft sind damit für den Verbraucher unwissentlich Abonnements verbunden, die sich jedes Jahr automatisch verlängern. Kündigungsmöglichkeiten werden selten offengelegt.
Dabei soll das o. b. neue europäische Basisinformationsblatt (BIB) helfen. Es ist als Nachfolger der bisherigen Planungen des PIB zu sehen und nach erster Betrachtung mit vielen Problemen verbunden. Nicht nur für Anleger, sondern auch für Berater zeigen sich höhere Haftungsrisiken. Herzstück der Vorgaben zur Berechnung und Darstellung des Gesamtrisikoindikators sind die technischen Regulierungsstandards zur Darstellung des BIB. Die nicht planmäßige zeitliche Umsetzung des PRIIP-Regimes ist in den Schwierigkeiten bei der Anwendung dieses aggregierten Risikomaßes begründet.
Der gesamte Risikofaktor setzt sich aus der Bewertung des Marktrisikos eines Finanzproduktes und der Bewertung des Kreditrisikos des Herstellers der Finanzprodukte zusammen. Zur Ermittlung des Marktrisikos wird dem Produkt eine Marktrisikoklasse von 1 bis 7 zugewiesen. Diese wird mithilfe von Value-at-Risk- Modellen und stochastischen Simulationen ermittelt. Der maßgebliche Teil der Delegiertenverordnung ist mit finanzmathematischen Formeln und Begriffen gespickt. Das gilt auch für die Berechnung des Kreditrisikos (vgl. RA Elton Mikulic).
Der Anleger und sein Berater, sofern es diesen gibt, werden durch die Dokumentation überfordert. Die Hilfestellung wird bei erster Kenntnisnahme zum Chaos.
Während Irrationalität vor allem den steilen Anstieg und Verfall von Preisen auf den Finanzmärkten zu erklären scheint, werden Blasen von einer „Verschiebung“ ausgelöst. Dies sei zum Beispiel das Ende eines Krieges, eine Missernte oder eine wichtige Innovation wie Eisenbahn oder Automobil. Auch eine wirtschaftspolitische Kehrtwende, die in einem bedeutenden Wirtschaftssektor die Gewinnaussichten fundamental erhöht, könne den Nährboden für Spekulationswellen bereiten. Alles das soll der Anleger beim Wechsel von den bisherigen Geldanlagen begreifen und qualifiziert umsetzen (Mikulic ebda.). Das ist ein Teil dessen, was der Anleger bei seinen Entscheidungen berücksichtigen soll.
Die Erläuterung des Emittenten-Ausfallrisikos wird durch die Verordnung zur weiteren Verunsicherung:
„Wenn wir Ihnen nicht das zahlen (können), was Ihnen zusteht, könnten Sie das gesamte angelegte Kapital verlieren.“ Für den Verkauf eines Finanzproduktes vor Laufzeitende wird der Terminus „vorzeitig eingelöst “ verwendet, der sich ansonsten bei Produkten mit formellem Ausübungsrecht des Anlegers wiederfindet. Doch besser bei bekannten Geldanlagen bleiben?
Bei Staatsanleihen ist die „Mutter aller Blasen“ (Roubini) entstanden:
Trotz hoher Schuldenstände driften die Zinsen ins Negative – s. den Ausgangspunkt!
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