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Vorlagebeschluss 334 OH 1/19 MS „HAMMONIA PALATIUM“ Schifffahrts GmbH & Co. KG

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Landgericht Hamburg Gerichtlicher Teil Vorlagebeschluss
334 OH 1/19
MS „HAMMONIA PALATIUM“ Schifffahrts GmbH & Co. KG
30.01.2019

Landgericht Hamburg

Az.: 334 OH 1/19

Beschluss

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In der Sache

der vom Hanseatischen Oberlandesgericht nach § 9 Abs. 2 KapMuG zu bestimmende Musterkläger

– Antragsteller –

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Dr. Fischer, Lessingplatz 7, 38100 Braunschweig

gegen

1) HCI Hanseatische Capitalberatungsgesellschaft mbH Co. KG, vertreten durch die pers. haft. Gesellschafterin die HCI Vertriebsverwaltung GmbH, diese vertreten durch die Geschäftsführer Frank Martens und Mike Thiele, Burchardstraße 8, 20095 Hamburg

– Antragsgegnerin –

2) HCI Treuhand GmbH & Co. KG, vertreten durch d. persönl. haft. Gesellschafterin die Verwaltung HCI Treuhand GmbH, diese vertreten durch den Geschäftsführer Kai Dührkop, Herdentorsteinweg 7, 28195 Bremen

– Antragsgegnerin –

3) HCI Treuhand Service GmbH & Co. KG, vertreten durch d. persönl. haft. Gesellschafterin die Verwaltung HCI Treuhand GmbH, diese vertreten durch den Geschäftsführer Kai Dührkop, Burchardstraße 8, 20095 Hamburg

– Antragsgegnerin –

Prozessbevollmächtigte zu 1 – 3:
Rechtsanwälte Graf von Westphalen, Ulmenstraße 23 – 25, 60325 Frankfurt

Nebenintervenientin zu 1:

RTC Revision Treuhand Consulting GmbH Wirtschaftprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft, vertreten durch d. Geschäftsführer, Burchardstraße 24, 20095 Hamburg

Prozessbevollmächtigte:

Rechtsanwälte BKS Rechtsanwälte, Elsa-Brändström-Straße 7, 33602 Bielefeld

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beschließt das Landgericht Hamburg – Zivilkammer 34 – durch die Richterin am Landgericht Ahrens als Einzelrichterin am 16.01.2019 :

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Dem Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg werden folgende Feststellungsziele zum Zwecke eines Musterentscheids nach § 6 Abs. 1 KapMuG vorgelegt:

(A.)

Es wird festgestellt, dass der Verkaufsprospekt des Schiffsfonds „HCI Shipping Select XX“ vom 29.05.2006 über die Beteiligung an den sieben Einzelschiffsgesellschaften

MS ”HAMMONIA PALATIUM“ Schiffahrts GmbH & Co. KG (MS „Hammonia Palatium“)

MarCalabria Schiffahrtsgesellschaft mbH & Co. KG (MS „MarCalabria“)

MS “Benedikt Rambow” Reederei Rambow GmbH & Co. KG (MS „Benedikt Rambow“)

MS “COLLEEN” INTERSCAN Verwaltungs GmbH & Co. KG (MS „Colleen“)

BELUGA Shipping GmbH & Co. KG MS “Bremer Motivation” (MS „Beluga Motivation“)

MS „Anna C” GmbH & Co. KG (MS „Anna C“)

MT “Gaschem Ice” GmbH & Co. KG (MS „GasChem Ice“)

unrichtig, irreführend und/oder unvollständig ist, da in dem Verkaufsprospekt

I. nicht über die laut Prospekt relevanten Marktumfelder und deren Entwicklung aufgeklärt wird, indem im Prospekt,

1. die veröffentlichten Daten zum Verhältnis von Angebot (Transportvolumen) und Nachfrage (Flottenwachstum) derart selektiv wiedergegeben wurden, dass die Daten ohne verwertbaren Inhalt für das Angebot-Nachfrage-Verhältnis sind, obwohl die Daten, die eine Aussage zu den jeweiligen, ausschnittsweise dargestellten Segmenten (weltweit und Containerschiffsflotte 2.500 TEU – 2.900 TEU bzw. 1.500 – 1.999 TEU bzw. 1.000 – 1.499 TEU) ermöglicht hätten, und so ein positiveres, aber falsches Bild von der Kapitalanlage vermittelt wird;

2. nicht auf das bevorstehende Überangebot an Transportkapazität und damit auf eine negative Marktentwicklung hingewiesen wird, obwohl aufgrund der vorhandenen Daten zu Orderbuchbeständen und historisch belegten Verschrottungsquoten bei Prospekterstellung bereits deutliche Hinweise vorlagen;

3. nicht darüber aufgeklärt wird, dass die MS „Beluga Motivation“ aufgrund der geringen Größe und Ausstattung ohne Bordkräne einen erheblichen Wettbewerbsnachteil hat;

4. nicht über das bevorstehende Überangebot an Transportkapazität für Mehrzweckfrachtschiffe aufgeklärt wird und dem Anleger suggeriert wird, der Markt für Mehrzweckfrachtschiffe unterliege eigenen Marktzyklen und sei nicht vom Containerschiffmarkt abhängig, sowie eine Orderbuchzahl von 74 Einheiten angegeben wird, obwohl tatsächlich 154 Einheiten in den Orderbüchern stehen;

II. eine falsche Einnahmeprognose und damit auch die gesamte Liquiditätsprognose fehlerhaft dargestellt wird, indem

1. das historische Hoch des Zeitchartermarktes 2 Jahre vor der Herausgabe des Prospektes in die Berechnung des langjährigen Durchschnittes eingeflossen ist;

2. in den Marktdarstellungen lediglich die historisch belegten Bruttocharterraten dargestellt werden, die langfristig kalkulierten Einnahmen der MS „Beluga Motivation“, der MS „Colleen“, der MS „Benedikt Rambow“, der MS „Hammonia Palatium“ und der MS „Anna C“ jedoch in Nettocharterraten ausgewiesen werden und somit keine Vergleichbarkeit gegeben ist;

3. bereits nicht dargestellt wird, wie sich die konkreten Einnahmen der Poolschiffe (Bruttopoolrate) und die sich daraus ergebenen Nettoeinnahmen der Poolschiffe berechnen;

4. kein pauschaler Abschlag für die Poolmitgliedschaft vorgenommen wurde;

5. nur über die Charterraten und nicht über die historisch belegten Pooleinnahmen aufgeklärt wird, obwohl der Pool bei Prospekterstellung bereits existierte und die entsprechenden Daten vorlagen;

6. die Schiffsbetriebskosten in der Spalte „b“ der Liquiditätsvorschau zu niedrig kalkuliert wurden;

7. die Kalkulation der Einnahmen und der Schiffsbetriebskosten lediglich auf Erfahrungswerten der Gesellschafter und Gesellschafterinnen der persönlich haftenden Gesellschaften der jeweiligen Schiffsgesellschaft basiert, obwohl weitere Faktoren hätten mit berücksichtigt werden müssen;

III. die Kaufpreise für die MS „Beluga Motivation“, die MS „ Mar Calabria“, die MS „ GasChem Ice“, die MS „Hammonia Palatium“ und die MS „Anna C“ verfälscht und irreführend darstellt und somit erhebliche Zwischengewinne verschwiegen werden, indem im Prospekt

1. für das Fondsschiff MS „Beluga Motivation“ völlig marktuntypisch und unrealistisch ein Kaufpreis in Höhe von 17,95 Mio. € gezahlt wurde, obwohl für vergleichbare Schiffe zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nur ca. 12 Mio. € gezahlt wurden und somit ein Zwischengewinn in Höhe von ca. 6,7 Mio. € verschwiegen wurde;

2. für das Fondsschiff MS „MarCalabria“ völlig marktuntypisch und unrealistisch ein Kaufpreis in Höhe von 32,3 Mio. USD gezahlt wurde, obwohl für vergleichbare 15 Jahre alte Schiffe zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nur ca. 17,5 Mio. USD gezahlt wurden und somit ein Zwischengewinn in Höhe von ca. 15 Mio. USD verschwiegen wurde und Infahrtsetzungskosten in Höhe von 130.000 USD angesetzt wurden, obwohl das MS „MarCalabria“ bei Übergabe an die Schiffsgesellschaft bereits Infahrt gesetzt wurde;

3. für das Fondsschiff MS „GasChem Ice“ völlig marktuntypisch und unrealistisch ein Kaufpreis in Höhe von 30,45 Mio. USD gezahlt wurde, obwohl für vergleichbare Schiffe zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nur ca. 18,9 Mio. USD gezahlt wurden und somit ein Zwischengewinn in Höhe von über 11 Mio. USD verschwiegen wurde;

4. die einzelnen Bestandteile des tatsächlichen von der Schiffsgesellschaft zu zahlenden Kaufpreis für die MS „Hammonia Palatium“ und die MS „Anna C“ dargestellt wird, und somit dem Anleger suggeriert wird, der Kaufpreis für die beiden Fondsschiffe sei günstig, obwohl eine Addition der einzelnen Werte den Kaufpreis als nicht mehr günstig ausweist;

IV. nicht über abgeschlossene Festcharterverträge für die MS „Benedikt Rambow“ und die MS „Colleen“ aufgeklärt wird;

V. Risiken verschwiegen oder unzureichend dargestellt werden, indem im Prospekt

1. nur unzureichend über die Haftung der Schiffsgesellschaft für Verbindlichkeiten des Charterers und des Subcharters gegen Dritte mit dem Fondsschiff aufgeklärt wird;

2. bei der Darstellung der Langfristcharter nicht darauf hingewiesen wird, dass die Möglichkeit der einseitigen Verringerung der Charterraten besteht, was ein Risiko für die Anlage darstellt und das Marktchancen nicht genutzt werden können;

3. nicht auf das Risiko des Kaskadeneffektes hingewiesen wird, obwohl die Initiatoren wussten, dass die hier relevanten kleinen Schiffsegmente von 2.500 TEU – 2.700 TEU, 1.000 TEU – 1.499 TEU und 1.500 – 1.999 TEU von den größeren Schiffe verdrängt werden und somit besonders stark von diesem Phänomen betroffen sein werden;

4. nicht über die Einflussmöglichkeiten des Poolmanagers aufgeklärt wird und zu den für die Einnahmesituation relevanten Poolfaktoren, wie u.a. die Zusammensetzung des Pools, Aufnahme weitere Poolmitglieder, Fahrtgebiete der einzelnen Poolschiffe und den Beteiligungsschlüssel, keine oder nur unzureichende Angaben gemacht werden;

5. die gesellschaftsrechtlichen und/oder personellen Verflechtungen der Charterers einiger Poolschiffe der CSAV mit dem Poolmanager Peter Döhle Schifffahrts-KG nicht (ausreichend) offengelegt und damit nicht über bestehende Interessenkollisionen aufgeklärt wurde;

6. nicht über die von der Platzierungsgarantin (der HCI Capital AG) bereits eingegangenen Verbindlichkeiten aufgeklärt und somit über die Werthaltigkeit der Platzierungsgarantie getäuscht wird;

7. behauptet wird, es bestehe das Risiko, dass bei Fehlschlagen der Vollplatzierung nicht alle Anleger ihr eingesetztes Kapital zurückerhalten, obwohl dies eine Tatsache und kein Risiko ist;

VI. über die gesamte Fondslaufzeit eine Liquiditätsreserve in Millionen-Höhe vorgehalten wird und somit eine Manipulation der Anlegerrendite möglich ist;

über wesentliche Umstände nicht aufgeklärt und damit jeweils ein wesentlicher Prospektfehler vorliegt.

(C.)

Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1), 2), und 3) bei der Veröffentlichung des Prospekts zum Fonds HCI Shipping Select XX nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im weiteren Sinne schuldhaft gehandelt haben.

II.

Im Übrigen werden die auf die Herbeiführung eines Musterentscheides gerichteten Anträge (zu B. und D.) zurückgewiesen.

III.

Der Erlass und das Datum dieses Vorlagebeschlusses sind gemäß § 6 Abs. 4 KaPMuG im Klageregister öffentlich bekannt zu machen.

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Gründe:

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Die Antragsteller der diesem Vorlagebeschluss zugrunde liegenden Musterverfahrensanträge nehmen die Antragsgegnerinnen auf Schadensersatz unter dem Gesichtspunkt der Prospekthaftung im weiteren Sinne im Zusammenhang mit einer Kommanditbeteiligung an einem Schiffsfonds in Anspruch.

Die Antragsteller traten auf der Basis des Verkaufsprospektes vom 29. Mai 2006 (Anlage K3) dem Fonds „HCI Shipping Select XX“ durch Unterzeichnung der von den Beklagten vorgefertigten Zeichnungsscheine (Anlagen, Konvolut K1) als Treuhandkommanditisten bei.

Die Antragsgegnerinnen zu 1) und 2) haben als Gründungsgesellschafter den Fonds aufgelegt und hierzu den Emmissionsprospekt erstellt. Die Antragsgegnerin zu 3) ist durch Spaltungs- und Übernahmevertrag vom 11.4.2013 aus der Antragsgegnerin zu 2) entstanden.

Gegenstand der Investition des Fonds ist der Erwerb von vier neugebauten Containerschiffen, eines 13 Jahre alten Vollcontainerschiffes, eines neugebauten Mehrzweckfrachtschiffes und eines zehn Jahre alten Gastankschiffes, die jeweils von einer Schiffsgesellschaft gehalten werden. Der Fonds, bestehend aus den sieben Schiffsgesellschaften, sollte plangemäß Einkünfte aus der Vercharterung der Schiffe erzielen.

Die Antragsteller halten den Prospekt aus einer Vielzahl von Gründen für fehlerhaft. Wegen der Einzelheiten wird auf die Begründung der – gleichlautenden – Musterverfahrensanträge Bezug genommen.

II.

1. Das Landgericht Hamburg ist für die Entscheidung über den Vorlagebeschluss zuständig, da die Zuständigkeit eines anderen Gerichts nach § 6 Abs. 2 KapMuG nicht gegeben ist. Ausweislich des Klageregisters zum KapMuG sind bis zum Zeitpunkt der Beschlussfassung keine gleich gerichteten Anträge bekannt gemacht worden.

2. Der Musterverfahrensantrag ist statthaft, denn die geltend gemachten Ansprüche fallen in den Anwendungsbereich des § 1 KapMuG. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 KapMuG sind insbesondere Ansprüche wegen falscher oder irreführender Kapitalmarktinformationen musterverfahrensfähig. Um solche Ansprüche handelt es sich vorliegend: die Antragsteller begründen ihre Klagen mit den Rechtsprechungsgrundsätzen zur Prospekthaftung im weiteren Sinne bzw. der Verletzung vorvertraglicher Nebenpflichten der Beitrittsverträge, wobei diese Verletzungen gerade damit begründet werden, dass der Emissionsprospekt falsch, unvollständig und irreführend sei. Die insoweit in Bezug genommene vorvertragliche Aufklärungspflicht wird in den Gesetzesmaterialien ausdrücklich als geeigneter Anwendungsfall von § 1 Abs. 1 Nr. 2 KapMuG genannt (vergleiche B T-Drucksache 17/8799, S. 16).

3. Soweit die Antragsteller mit dem Feststellungsziel gemäß Ziffer A die Feststellung begehren, dass der streitgegenständliche Emissionsprospekt“ unrichtig, irreführend und unvollständig“ sei, wird die Fehlerhaftigkeit des Prospekts damit nach Auffassung der Kammer allgemein zur Prüfung gestellt, während die einzelnen gerügten Prospektmängel gemäß Ziffer I. bis VI nur „insbesondere“ aufgeführt werden, also nicht geeignet sind, den allgemeinen Antrag einzuschränken. Der danach auf die Fehlerhaftigkeit des Prospekts insgesamt gerichtete Antrag ist zulässig. Das Landgericht Hamburg hat in dem Beschluss vom 16.2.2016 (Aktenzeichen 321 OH 3/16) zutreffend wie folgt ausgeführt:

„Bereits der Zweck des KapMuG gebietet es, solch weitgehende Feststellungsziele zuzulassen: Im Wege des Musterverfahrens soll eine möglichst umfassende Beantwortung der entscheidenden Fragen für alle betroffenen Verfahren herbeigeführt werden. Wären die Antragsteller darauf beschränkt, einzelne konkret zu benennende Prospektfehler einer Feststellung zuzuführen, so wären sie im Fall einer insgesamt ablehnenden Entscheidung des Oberlandesgerichts nämlich nicht gehindert, weitere Prospektfehler geltend zu machen und darüber ggf. sogar ein erneutes Musterverfahren anzustrengen. Dies wird ausgeschlossen, wenn die Fehlerhaftigkeit des Prospekts in seiner Gesamtheit zum Feststellungsziel gemacht wird. In diesem Falle stünde bei einer ablehnenden Entscheidung des Oberlandesgerichts nämlich umgekehrt die Fehlerfreiheit des Prospekts fest. Das Ausgangsgericht wäre hieran gebunden, und zwar auch dann, wenn nachträglich weitere Prospektfehler geltend gemacht würden (vgl. Kruis a. a. O., § 2 Rdnr. 49).

Auch eine historische Auslegung führt zu diesem Ergebnis, zumal diese Frage im Gesetzgebungsverfahren zum KapMuG eingehend thematisiert und ausdrücklich im vorgenannten Sinne entschieden wurde. Der Bundesrat hatte gegen die Fassung des Regierungsentwurfs nämlich seinerzeit eingewandt, dass der – im Gesetzentwurf noch nicht definierte – Gesetzesbegriff des „Feststellungsziels“ unklar bleibe; insbesondere sei es unklar, ob der Begriff so weit zu verstehen sei, dass die Fehlerhaftigkeit des Prospekts als solche ein Feststellungsziel darstellen könne, oder dahingehend, dass als Feststellungsziel nur einzelne konkrete Prospektfehler in Betracht kommen (vgl. BR-Drs. 2/05 vom 18.2.2005, Anmerkung Nr. 3). Diese Anregung aufgreifend hat der Rechtsausschuss des Bundestages eine Legaldefinition des Begriffs „Feststellungsziel“ in § 2 Abs. 1 KapMuG ergänzt und in seiner Begründung ausdrücklich klargestellt, dass das zuerst genannte, weite Verständnis des Begriffs maßgeblich sei. Der Begriff werde „bewusst weit gewählt, damit im Musterverfahren der Sachverhalt möglichst umfassend geklärt wird“ (BT-Drs. 15/5695, S. 22/23). Dementsprechend geht auch die Kommentarliteratur zutreffend davon aus, dass die Fehlerhaftigkeit des Prospekts insgesamt, d.h. ohne nähere Beschränkung auf konkretisierte Prospektfehler Gegenstand eines Feststellungsziels sein kann und dass es lediglich eine Frage der Zweckmäßigkeit ist, ob in das Feststellungsziel Einschränkungen bzw. Konkretisierungen auf bestimmte Prospektfehler aufgenommen werden (vgl. Kruis a.a.O., Rdnr. 27 und 47 ff. zu § 2 KapMuG).

Hieran hat sich auch durch das KapMuG-Reformgesetz vom 25.10.2012 nichts geändert. Insbesondere ist die Definition des Begriffs des „Feststellungsziels“ unverändert geblieben. Änderungen haben sich im Begriffswerk des Gesetzes nur insoweit ergeben, als der Gesetzesbegriff des „Streitpunkts“ (§ 1 Abs. 2 S. 2 KapMuG a. F.) aufgegeben wurde, zumal er nach Auffassung des Regierungsentwurfs „keine ordnende Kraft“ habe entfalten können (BT-Drs. 17/8799, S. 14, 17). Auswirkungen auf den Begriff des Feststellungsziels ergeben sich daraus in der hier relevanten Hinsicht nicht.

Vor diesem Hintergrund folgt die Kammer nicht der – im Übrigen vereinzelt gebliebenen – Auffassung des Landgerichts Frankfurt/Main, der zufolge die Frage der Fehlerhaftigkeit des Prospekts als solche mangels hinreichender Bestimmtheit nicht Gegenstand eines Feststellungsziels sein könne (vgl. LG Frankfurt/M., Beschl. v. 28.4.2014 zum Az. 2-21 OH 2/14 – Morgan Stanley, unter Ziff. 6 der Gründe).“

Die Kammer macht sich diese Ausführungen vollumfänglich zu eigen.

4. Die Anträge zu A.I, II, IV und V sind gemäß § 3 KapMuG zulässig, da die Antragsteller hier Prospektfehler geltend machen, von denen die Entscheidung des Rechtsstreits abhängt. Bei dem Angebot durch Beweis mittels Sachverständigengutachten handelt es sich um ein zulässiges Beweismittel i.S.d § 3 KapMuG. Die Antragsteller nehmen zur Begründung ihrer Anträge und der Feststellungsziele auf ihre Ausführungen in der jeweiligen Klagschrift und Replik Bezug. Ob diese Darstellung einen erheblichen Prospektfehler darstellt oder nicht, ist nach Auffassung der Kammer in zulässiger Weise zum Feststellungsziel erhoben worden. Diese Frage ist allerdings gerade nicht im Wege der Zulässigkeitsentscheidung durch das Vorlagegericht zu entscheiden, sondern erst im Rahmen des Musterverfahrens.

Die Auslegung der unter Ziffer A. III formulierten Anträge unter Berücksichtigung der Ausführungen in der Antragsbegründung (Bl. 357-358) und Klagschrift sowie der Replik ergibt, dass die Antragsgegner hier die Feststellung begehren, dass die falsche Darstellung der Kaufpreise der jeweiligen Schiffe und/oder Zwischengewinne im Prospekt jeweils einen haftungsrelevanten Prospektfehler begründe. Da die Entscheidung der zugrundeliegenden Rechtsstreitigkeiten von diesen Feststellungszielen abhängt, sind sie gemäß § 3 Absatz 1 KapMuG zulässig.

5. Eine Entscheidungsreife wegen unschlüssigen Sachvortrags und damit Unzulässigkeit des Musterverfahrensantrags i.S.d. § 3 Absatz 1 Nr. 1 KapMuG liegt nicht vor. Zu Unrecht beanstanden die Antragsgegnerinnen, dass es an einem Vortrag zur Aufklärungsbedürftigkeit der Antragsteller fehle. Dies führt nicht zur Unzulässigkeit der vorliegenden Anträge. Mit der Behauptung, dass sie aufgrund der falschen, irreführenden, widersprüchlichen und teilweise unvollständigen Angaben des Emissionsprospektes in den streitgegenständlichen Fonds investiert hätten, haben die Antragsteller schlüssig die Voraussetzungen für eine Haftung nach den Grundsätzen der Prospekthaftung behauptet. Eines näheren Vortrags zum Vermittlungssachverhalt bedarf es entgegen der Auffassung der Antragsgegnerinnen ebenso wenig.

6. Auch der Antrag zu C. ist gemäß § 3 KapMuG statthaft.

Als Gegenstand eines Feststellungszieles kommen sowohl anspruchsbegründende als auch anspruchsausschließende Tatsachen in Betracht (BGH, ZIP 2008, 1326, 1328; Kruis in Kölner Kommentar zum KapMuG, 2. Aufl, § 2, Rn. 41). Bei der Behauptung, dass die Antragsgegnerinnen bei der Veröffentlichung des Prospektes nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im weiteren Sinne schuldhaft gehandelt haben, handelt es sich um eine anspruchsbegründende Voraussetzung, der hier in betracht kommenden Anspruchsgrundlage, d.h. der §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 und 3, 241 Abs. 2 BGB.

7. An der Entscheidungserheblichkeit der Feststellungsziele fehlt es auch nicht wegen Verjährung der streitgegenständlichen Ansprüche.

Die Antragsgegner stützen die Einrede der Verjährung darauf, dass die Antragsteller durch die Gesellschafteranschreiben in den Jahren 2010 bis 2012 davon Kenntnis erlangt hätten, dass von der Sicherheit der Anlage nicht ausgegangen werden durfte. Auch begründe ein eventuelles Nichtlesen bzw. Nicht-zur-Kenntnis-Nehmen des Inhalts der Gesellschafteranschreiben eine grobfahrlässige Unkenntnis im Sinne des § 199 Absatz 1 Nr.2 BGB. Die Ansprüche sämtlicher Antragsteller seien gemäß § 199 Absatz 1 BGB verjährt.

Indes sind der Zugang der Schreiben und die Kenntnisnahme vom Inhalt der Gesellschafteranschreiben streitig. Zudem begründet die Nichtlektüre derartiger Anschreiben nicht den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit bzgl. der Unkenntnis von Beratungsfehlern (BGH, Urteil vom 8.7.2010 – III ZR 249/09-, mwN). Vor allem aber haben die Antragsgegner nicht schlüssig dargetan, dass die Antragsteller von den einzelnen monierten Prospektfehlern Kenntnis erlangt hätten. Für die Beurteilung der Kenntnis beziehungsweise grob fahrlässigen Unkenntnis des Gläubigers von den seinen Anspruch begründenden gemäß § 199 Absatz 1 BGB ist jeder vorgetragene Prospektfehler getrennt zu prüfen und jede darauf beruhende Pflichtverletzung verjährungsrechtlich selbständig zu behandeln (vgl. BGH, Urteil vom 30.3.2017 – II ZR 139715, Rn. 19, zitiert nach juris).

Auch die Ansprüche des Klägers zu 14) im Verfahren 334 O 242/16 sind nicht verjährt: Die absolute Verjährungsfrist ist rechtzeitig durch Klageeinreichung per Fax am 6.10.2016 gehemmt worden.

8. Die Musterverfahrensanträge sind auch nicht wegen Prozessverschleppung gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 KapMuG unzulässig. Es ist nicht feststellbar, dass die Anträge zum Zwecke der Prozessverschleppung gestellt wurden. Eine voraussichtliche Verzögerung der Entscheidungen wegen der Durchführung des Musterverfahrens reicht nicht aus. Vielmehr muss eine Verschleppungsabsicht der Antragsteller vorliegen, die nur dann gegeben ist, wenn ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen vorliegt, welches gerade die Verfahrensverzögerung zum Ziel hat. Ein solches Vorgehen lässt sich auf Antragstellerseite vorliegend nicht erkennen. Zunächst ist schon nicht nachvollziehbar, weshalb die Antragstellerseite überhaupt ein Interesse an einer Verzögerung der von ihr begehrten Entscheidung über die geltend gemachten Schadensersatzansprüche haben sollte. Ein solches Interesse kann auch nicht deshalb angenommen werden, weil inzwischen die Mängelfreiheit des streitgegenständlichen Prospektes in dem Verfahren 302 O 215/17 durch das LG Hamburg im Urteil vom 19.1.2018 bestätigt wurde und die hiesige Einzelrichterin im Verfahren 334 O 97/17 entsprechende Hinweise erteilt hat. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, weshalb diese für sie nachteilige Entscheidung bzw. vorläufige Ansicht des Gerichts es aus Antragstellersicht vorteilhaft erscheinen lassen, ihren eigenen Prozess in die Länge zu ziehen statt – möglichst schnell – eine Entscheidung zu ihren Gunsten zu erstreiten.

9. Ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen liegt auch nicht deshalb vor, weil der Musterverfahrensantrag über die Wirkung für die klagenden Streitgenossen hinaus keinerlei Bedeutung hat (§ 2 Abs.3 Satz 2 KapMuG). Dieses formale Erfordernis kann im Regelfall nur dann nicht als erfüllt angesehen werden, wenn Angaben hierzu völlig fehlen, ersichtlich ins Blaue hinein aufgestellt werden oder in sich offensichtlich widersprüchlich sind (Kruis in Kölner Kommentar zum KapMuG, 2. Auflage, § 3, Rn. 89). Bei der Kammer sind derzeit zehn Verfahren mit 30 Antragstellern und Antragstellerinnen anhängig, von denen nur ein Teil einen Musterverfahrensantrag gestellt hat. Zudem verweisen die Antragsteller zu recht darauf, dass angesichts der Höhe des eingesammelten Kapitals einerseits und der Streitwerte der durch Klage anhängig gemachten Streitwerte andererseits noch sehr viel weitere Anleger diesen Fonds gezeichnet haben müssen. Vor diesem Hintergrund ist eine Bedeutung über den einzelnen Rechtsstreit hinaus gegeben.

10. Die Kammer hat von der gemäß § 3 Abs. 2 KapMuG grundsätzlich vorgesehenen Veröffentlichung der Musterverfahrens Anträge nach § 3 Abs. 4 abgesehen, weil die Voraussetzungen für eine Vorlage an das Hanseatische Oberlandesgericht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 KapMuG bereits vorliegen. In den Verfahren 334 O 242/16 und 294/16 der bei der Zivilkammer 34 des Landgerichts Hamburg anhängigen Verfahren sind insgesamt 11 gleichgerichtete Musterverfahrensanträge eingegangen. Das nach § 6 KapMuG erforderliche Quorum von 10 gleich gerichteten Anträgen ist damit erreicht. Dem steht nicht entgegen, dass hier mehrere Antragsteller in einfacher Streitgenossenschaft jeweils gleichlautende Anträge gestellt haben. (BGH Beschluss vom 21.04.2008, II ZB 6/07). Erheben mehrere Personen gemeinsam eine Klage, ohne dass – wie auch hier nicht – die Voraussetzungen der notwendigen Streitgenossenschaft nach § 62 ZPO vorliegen, so kommt für jeden Antragsteller gemäß § 61 ZPO ein selbständiges Prozessrechtsverhältnis zustande. Die mehreren Prozessrechtsverhältnisse sind durch die – einfache – Streitgenossenschaft lediglich zu einem äußerlich einheitlichen Verfahren miteinander verbunden. Der Sache nach handelt es sich aber um selbständige Verfahren (BGHZ 8, 72, 78 BGH, Urt. v. 17. März 1989 – V ZR 233/87, WM 1989, 997, 998 v. 26. Mai 1994 – IX ZR 39/93, ZIP 1994, 1121, 1122, insoweit in BGHZ 126, 138 nicht abgedruckt; MünchKommZPO/Schilken, 3. Aufl. § 59 Rdn. 22; Zöller/Vollkommer, ZPO 26. Aufl. § 61 Rdn. 8).

11. Die weitergehenden Feststellungsanträge werden als unzulässig verworfen:

11.1. Mit dem Feststellungsantrag zu B verlangen die Antragsteller:

I. Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1.) im Hinblick auf Beteiligungen an dem Fonds HCI Shipping Select XX Haftungsschuldnerin aus Prospekthaftung im weiteren Sinne ist.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 2.) und 3.) im Hinblick auf Beteiligungen an dem Forum HCI Shipping Select XXI Haftungsschuldner aus Prospekthaftung im weiteren Sinne in Verbindung mit § 133 UmwG ist.

Dieser Feststellungsantrag ist unzulässig, da die grundsätzliche Passivlegitimation der Beklagten im Falle des Vorliegens von Prospektfehlern und der übrigen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Schadensersatz aus weiter Prospekthaftung nicht in Abrede gestellt worden ist.

11.2. Mit dem Antrag zu D verlangen die Antragsteller:

Es wird festgestellt, dass der Schaden der Anleger in den jeweiligen Beteiligungen als solche an dem Fonds HCI Shipping Select XXI liegt. Die Höhe des Schadens ergibt sich aus den geleisteten Einlagen nebst dem gezahlten Agio.

Dies stellt kein für ein Musterfeststellungsverfahren zulässiges Feststellungsziel dar. Dieser Antrag zielt ebenfalls in nicht zulässiger Form darauf ab, dass das Hanseatische Oberlandesgericht die Rechtsfolgen des eingeklagten Anspruchs prüfen und bejahen soll. Wie hoch der einem Anleger entstandene Schaden ist, lässt sich nur im konkreten Einzelfall entscheiden und ist einer generell abstrakten Klärung nicht zugänglich (vgl. Beschluss des BGH vom 10.06.2008, XI ZB 26/07, Rn 15).

12. Die Entscheidung über die Musterverfahrensanträge kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. § 6 KapMuG sieht eine Entscheidung durch Beschluss ausdrücklich vor.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Der Beschluss ist mit Rechtsmittel nicht anfechtbar (§ 6 Abs. 1 Satz 2 KapMuG).

 

Ahrens
Richterin am Landgericht

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