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Vorlagen zum Berliner Zweckentfremdungsverbot – Gesetz unzulässig

Daniel_B_photos (CC0), Pixabay
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Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts entschieden, dass mehrere Vorlagen des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg unzulässig sind.

Die Vorlageverfahren betreffen die Anwendung des Gesetzes über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum des Landes Berlin vom 29. November 2013 (Zweckentfremdungsverbot-Gesetz – ZwVbG) auf Wohnraum, der bereits vor Erlass des Gesetzes zur Vermietung als Ferienwohnung genutzt wurde. Das Zweckentfremdungsverbots-Gesetz stellt eine solche Nutzung von Wohnraum grundsätzlich unter den Vorbehalt einer Genehmigung.

Nach Auffassung der Kammer sind die Vorlagen unzulässig, da das vorlegende Gericht weder seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Vorschrift noch die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage hinreichend dargelegt hat.

Sachverhalt:

Nach § 1 Abs. 1 ZwVbG darf, soweit die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist, Wohnraum im Land Berlin nur mit Genehmigung des zuständigen Bezirksamts zweckentfremdet werden. Eine solche Zweckentfremdung liegt insbesondere dann vor, wenn Wohnraum als Ferienwohnung vermietet wird. Wohnraum im Sinne des Gesetzes sind nach § 1 Abs. 3 ZwVbG alle Räumlichkeiten, die zur dauernden Wohnnutzung tatsächlich und rechtlich geeignet sind.

Die aufgrund von § 1 Abs. 2 Satz 1 ZwVbG erlassene Verordnung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum vom 4. März 2014 (Zweckentfremdungsverbots-Verordnung – ZwVbVO) stellt fest, dass die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen im gesamten Berliner Stadtgebiet besonders gefährdet ist.

Die Kläger der Ausgangsverfahren vermieten als Eigentümer beziehungsweise Mieter in der Innenstadt von Berlin belegene, zu Wohnzwecken errichtete Räumlichkeiten als Ferienwohnungen; zum Teil erfolgt die Vermietung gewerblich. Alle Kläger wollen diese – jeweils vor Inkrafttreten des Zweckentfremdungsverbot-Gesetzes begonnene – Nutzung fortsetzen. Sie beantragten daher beim beklagten Land Berlin jeweils die Erteilung eines Negativattests nach § 5 ZwVbVO, dass für die jeweilige Nutzung der Räumlichkeiten als Ferienwohnung keine Genehmigung erforderlich ist. Das beklagte Land lehnte die Anträge ab. Die hiergegen gerichteten Klagen blieben vor dem Verwaltungsgericht ohne Erfolg. Dagegen legten die Kläger jeweils Berufung ein.

Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufungsverfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob § 1 Abs. 3 ZwVbG insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar ist, als danach auch Räumlichkeiten, die zur dauernden Wohnnutzung tatsächlich und rechtlich geeignet sind, aber im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes zu anderen Zwecken bestimmt waren oder genutzt wurden, dem Zweckentfremdungsverbot unterfallen. Zur Begründung führt es aus, die vorgelegte Vorschrift sei, soweit sie Rückwirkung entfalte, mit Art. 14 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar.

Wesentliche Erwägungen der Kammer:

Die Vorlagen sind unzulässig. Das vorlegende Gericht hat die Vorlagen nicht hinreichend begründet.

  1. Nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 GG hat ein Gericht das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen, wenn es ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig hält. Das vorlegende Gericht muss gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG von der Verfassungswidrigkeit der Vorschrift überzeugt sein und die für seine Überzeugung maßgeblichen Erwägungen nachvollziehbar darlegen.

Um die Entscheidungserheblichkeit darzulegen, muss das vorlegende Gericht verdeutlichen, dass sich die Beantwortung der gestellten Verfassungsfrage als unerlässlich darstellt, damit es das Ausgangsverfahren fortführen und abschließend entscheiden kann. Der Vorlagebeschluss muss daher mit hinreichender Deutlichkeit erkennen lassen, dass und weshalb das Gericht im Falle der Gültigkeit der für verfassungswidrig gehaltenen Rechtsvorschrift zu einem anderen Ergebnis käme als im Falle ihrer Ungültigkeit.

  1. Gemessen daran hat das Oberverwaltungsgericht seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit des § 1 Abs. 3 ZwVbG nicht hinreichend dargelegt.
  2. Es fehlt an der hinreichenden Darlegung eines Verstoßes gegen Art. 14 Abs. 1 GG.

Das Oberverwaltungsgericht geht davon aus, dass es sich bei Baurecht und Zweckentfremdungsrecht um zwei unterschiedliche „Rechtskreise“ handele. Dies mag fachrechtlich zutreffen. Der hieraus vom Oberverwaltungsgericht gezogene Schluss, die durch § 1 Abs. 3 Satz 1 ZwVbG bewirkte tatbestandliche Rückanknüpfung beseitige bisher bestehende, durch die Eigentumsgarantie geschützte Rechtspositionen, zeigt jedoch das Vorliegen eines Eingriffs in Art. 14 Abs. 1 GG nicht hinreichend auf. Das vorlegende Gericht übergeht, dass verfassungsrechtlich die Nutzungsbefugnisse des Grundeigentümers durch baurechtliche Vorgaben determiniert sind. Es verhält sich nicht dazu, ob und inwieweit die Nutzung baulicher Anlagen zur Vermietung als Ferienwohnung zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Zweckentfremdungsverbot-Gesetzes nach dem historisch jeweils einschlägigen Bauplanungsrecht in Berlin überhaupt zulässig und damit durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützt war.

  1. Das vorlegende Gericht hat auch eine Verletzung der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG nicht hinreichend dargelegt. Das vorlegende Gericht verweist lediglich auf seine Ausführungen zu Art. 14 Abs. 1 GG, was nicht ausreicht.
  2. Im Hinblick auf das allgemeine Vertrauensschutzgebot hat das vorlegende Gericht seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit des § 1 Abs. 3 ZwVbG ebenfalls nicht hinreichend dargelegt. Denn auch das allgemeine Vertrauensschutzgebot schützt nur vor Regelungen, die im Vergleich zum bislang bestehenden Recht belastendere Rechtsfolgen zeitigen, was bei einer zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 1 Abs. 3 ZwVbG bauplanungsrechtlich unzulässigen Nutzung baulicher Anlagen zur Vermietung als Ferienwohnung nicht gegeben wäre.

III. Das vorlegende Gericht hat auch die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage nicht in einer den Anforderungen des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG genügenden Weise dargelegt.

  1. Es hat nicht aufgezeigt, dass die Ausgangsverfahren Anlass geben, die Verfassungsmäßigkeit des § 1 Abs. 3 ZwVbG zu untersuchen. Es fehlt an der Darlegung einer möglichen Verletzung der Kläger des Ausgangsverfahren in ihren Grundrechten.

Für die Beurteilung einer möglichen Verletzung von Art. 14 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG sowie im Rahmen des allgemeinen Vertrauensschutzgebots kommt es maßgeblich darauf an, ob die Nutzung der betroffenen Räumlichkeiten zur Vermietung als Ferienwohnung nach dem im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes geltenden Baurecht erlaubt war. Die Darlegungen des Oberverwaltungsgerichts schließen nicht aus, dass die Nutzung als Ferienwohnung bereits bauplanungsrechtlich unzulässig, also nicht einmal genehmigungsfähig war und ihr daher insoweit kein Bestandsschutz zukam. Dann bedeutete das Zweckentfremdungsverbot aber keine Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG, weil Inhalt und Schranken der Eigentumsnutzung bereits durch das Bauplanungsrecht bestimmt gewesen wären und eine solche Nutzung untersagt hätten.

  1. Ungeachtet dessen fehlt es im Hinblick auf die Ausgangsverfahren zum Teil auch an der erforderlichen Auseinandersetzung mit einem möglicherweise zerstörten Vertrauen der Kläger.

Selbst wenn § 1 Abs. 3 ZwVbG unechte Rückwirkung entfaltete, wären jedenfalls hinsichtlich derjenigen Ausgangsverfahren, in denen die Räumlichkeiten erst nach Einbringung des Gesetzesentwurfs über das Zweckentfremdungsverbot in das Berliner Abgeordnetenhaus zur Vermietung als Ferienwohnung genutzt wurden, für eine Darlegung der Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit des § 1 Abs. 3 ZwVbG Ausführungen dazu erforderlich gewesen, dass überhaupt noch auf den Bestand der bisherigen Rechtslage vertraut werden durfte.

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