Am Ende wird es laut und turbulent im Deutschen Bundestag. Zwischenrufe, Pöbeleien und sogar ein Ordnungsgeld für einen SPD-Abgeordneten sind die Folge des Streits um das umstrittene Heizungsgesetz von Robert Habeck. Das Verständnis der Bürgerinnen und Bürger leidet, da viele nicht mehr wissen, worum es im Detail geht.
Laut dem ARD-Deutschlandtrend finden 45 Prozent der Deutschen dieses Gesetz übertrieben. Zudem machen sich 77 Prozent der Befragten Sorgen angesichts von Krieg, Krise, hohen Energiepreisen und Inflation. Die Wählerinnen und Wähler fühlen sich von den handelnden Parteien im Stich gelassen.
Die Auswirkungen sind wenig überraschend. Der Streit in Berlin und die schwache Performance der Ampelkoalition spielen den politischen Rändern, insbesondere der AfD, in die Hände. Ohne große Anstrengungen verzeichnet die AfD kontinuierlich steigende Umfragewerte. Seit dem Amtsantritt der Ampelkoalition im Herbst 2021 hat sich der Wert der AfD in den Sonntagsumfragen von 10 auf 20 Prozent verdoppelt. Damit liegt sie zwei Prozentpunkte vor der Kanzlerpartei SPD. Die Union liegt mit 28 Prozent noch vor der AfD, kann jedoch keinen signifikanten Vorsprung erzielen.
Es ist an der Zeit, dass die Parteien der demokratischen Mitte aufmerksam werden. Die Rechtspopulisten gewinnen in ganz Deutschland an Zustimmung, nicht nur in Ostdeutschland. Im Streit um das Heizungsgesetz haben alle Beteiligten keine gute Figur abgegeben. Es gab handwerkliche Fehler und späte Nachbesserungen sowie viele öffentliche Auseinandersetzungen.
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts am Mittwochabend könnte hilfreiche Denkanstöße liefern. Es braucht mehr Raum und Zeit für sachliche politische Debatten. Entscheidend ist, wie die Botschaften zu Hause im Wahlkreis von den Wählerinnen und Wählern aufgenommen werden.
Es ist wichtig, den Kontakt zur eigenen Basis zu pflegen, insbesondere während der parlamentarischen Sommerpause. Die Bundestagsabgeordneten sollten diese Zeit nutzen, um die Anliegen der Menschen vor Ort wirklich zu verstehen. Alle Parteien der demokratischen Mitte sollten dies als Hausaufgabe für den Sommer betrachten. Die Arbeit in den Kommunen und im Wahlkreis ist wichtiger denn je, um das politische Feld nicht denjenigen zu überlassen, die lauter rufen und Forderungen stellen, ohne diese in der Regierungsarbeit unter Beweis stellen zu müssen.
Die Parteien der demokratischen Mitte, die in Regierungsverantwortung stehen, müssen sich wieder stärker ihren eigenen Bürgern zuwenden, ihnen zuhören und sie verstehen. Es geht darum, wie man mit der Energiekrise, der hohen Inflation und der wirtschaftlichen Erholung nach der Pandemie umgeht. Diese Themen beschäftigen die Menschen. Vor den Landtagswahlen im nächsten Jahr in Ostdeutschland, wo schwierige Mehrheitsverhältnisse in der politischen Mitte drohen, benötigt es Politikerinnen und Politiker, die kluge Antworten auf diese Fragen haben – ohne Streit und viel Ärger drum herum.
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