Politik schützt das Großkapital – Sammelklagen in Deutschland weiterhin nicht möglich. Musterfeststellungklage weiter im Abseits.
„Das ist enttäuschend“, meint der Verbraucherschutzanwalt Helge Petersen in Kiel. „Damit werden wieder einmal die Verbraucher benachteiligt, die sich eine Einzelklage gegen ein Großunternehmen wie Bankhäuser oder Autokonzerne nicht leisten können“.
Der Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, dessen Kanzleien in Kiel und Hamburg mehrere tausend Anleger wegen fehlerhafter Anlageberatung durch Banken und Sparkassen sowie andere Finanzdienstleister vertreten, ist der Meinung, eine solche Sammelklage wäre auch ein probates Mittel gegen die massenhafte Falschberatung.
„So mancher Anleger würde gern klagen wollen, hat aber nicht den Mut dazu. Zu groß ist seine Angst, vor Gericht den Kürzeren zu ziehen. Die Banken sind doch zu mächtig, höre ich häufig als Argument“, berichtet Helge Petersen.
Die Sammelklage oder die deutsche Alternative „Musterfeststellungsklage“ wäre eine zivilrechtliche Gruppenklage, die im Falle ihres Erfolgs nicht nur dem Kläger Ansprüche verschafft, sondern jeder Person, die in gleicher oder ähnlicher Weise wie dieser betroffen ist – unabhängig davon, ob sie selbst geklagt hat.
„Das wäre doch eine Chance, die massenhaften Falschberatungsfälle, die sich im Sachverhalt ähneln, zugunsten der Kleinanleger zu regeln. Gerade diese Anleger sind es, die es zu schützen gilt. Sie haben in Unkenntnis meist ihr gesamtes Erspartes in einen unpassenden Fonds investiert, um im Alter etwas sorgenfreier bei kleiner Rente leben zu können“, klagt Helge Petersen an.
Er stützt insoweit den kürzlich in der „Junge Welt“ erschienenen Artikel mit dem Titel „Unter den Tisch gekehrt – Bundesregierung lässt Fristablauf für Gesetzesentwurf zu Sammelklagen verstreichen“. Der Verfasser des Artikels bringt es nach Auffassung von Helge Petersen auf den Punkt. Er macht die VW-Abgasaffäre für die Verzögerung des Gesetzesentwurfs verantwortlich. Vielleicht, so Helge Petersen, befürchtet man von Seiten der Politik eine Klagewelle bisher ungekannten Ausmaßes, sollte die Sammelklage beschlossen werden.
„Diesen Befürchtung zum Trotzmüsste sich der Justizminister Heiko Maas (SPD) gegen alle Widerstände in Politik und Wirtschaft durchsetzen, will er glaubhaft die Interessen der Verbraucher wahren und schützen. Das ist sein Job, denn immerhin ist er zugleich auch Verbraucherschutzminister der Bundesregierung“, fordert Helge Petersen.
Andernfalls bleibt es bei der traurigen Erkenntnis des Verfassers des vorgenannten Artikels: Die Betrüger werden geschützt, die Betrogenen bleiben auf ihrem Schaden sitzen. „Dasselbe gilt für die vielen Betroffenen des Falschberatungsskandals der Banken und Sparkassen im gesamten Bundesgebiet“, stellt Helge Petersen abschließend fest.
Bericht aus der „Junge Welt“, 07.06.2017: https://www.jungewelt.de/artikel/312000.unter-den-tisch-gekehrt.html?sstr=bundesregierung %7Cl %C3 %A4sst %7Cfrist
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