Genossenschaften schließen als wirtschaftliche Vereine Geschäfte ab und investieren das Vermögen ihrer Mitglieder beispielsweise in Immobilien oder Projekte der Energieproduktion und -versorgung. Doch der gute Name der Rechtsform wird zunehmend von Unternehmen des Grauen Kapitalmarkts missbraucht, die mit staatlicher Förderung und Gewinnbeteiligungen um Anleger werben.
Genossenschaften unterliegen, anders als Genossenschaftsbanken wie die Volks- und Raiffeisenbanken, nicht der staatlichen Kontrolle durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Es ist daher möglich, im Falle einer Insolvenz als Mitglied alle eingezahlten Beträge zu verlieren oder sogar Nachzahlungen leisten zu müssen. Uns liegen bereits zahlreiche Anfragen von Betroffenen vor, die gerne ihr Geld wiedersehen würden.
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„Sicherer geht es nicht – Ihr Geld unter staatlicher und genossenschaftlicher Aufsicht. Die Entscheidung für Genossenschaftssparen bringt Sie garantiert nicht um den Schlaf. Sicher kennen Sie bereits einige Genossenschaften. Dazu zählen die Volks- und Raiffeisenbanken bei Ihnen vor Ort. Die Protectum ist eine Wohnungsbaugenossenschaft. Genossenschaften haben sich seit über 100 Jahren bestens bewährt.“
Die Protectum Wohnungsbaugenossenschaft eG (Protectum) wirbt auf ihrer Internetseite für das Sparen mit vermögenswirksamen Leistungen – einer staatlich geförderten Sparform. Dabei überweist oftmals der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer eine vereinbarte Summe auf ein Anlagekonto. Die Protectum baue und kaufe mit den vermögenswirksamen Leistungen ihrer Mitglieder Immobilien zur Wohnungsversorgung von Deutschland und spekuliere laut eigenen Aussgen nicht mit deren Geld, wie dies zahlreiche Finanzdienstleister gerade in jüngerer Vergangenheit getan hätten. Wir haben uns die Satzung der Protectum genauer angeschaut:
- Die Protectum eG verlangt ein sofort fälliges, nicht rückzahlbares Eintrittsgeld von 10 Prozent der Beteiligungssumme bei Einzahlungen in Raten. Da vermögenswirksame Leistungen stets in Raten angespart werden, ist das Eintrittsgeld also in diesen Fällen immer zu zahlen. So ist bei geförderte Verträgen sofort nach Antragsannahme der staatliche Zuschuss von 20 Prozent bereits zur Hälfte aufgezehrt.
- Die Mitgliedschaft muss gekündigt werden. Nach § 5 der Satzung beträgt die Kündigungsfrist 5 (!) Jahre, so dass nur derjenige, der sofort im ersten Jahr eine Kündigung ausspricht, nach sechs Jahren die Mitgliedschaft beenden kann. Doch wer macht das schon? Wer erst nach sieben Jahren kündigt, weil er weiß, dass eine staatliche Förderung diese Laufzeit voraussetzt, muss also insgesamt 12 Jahre warten, bis er die Beteiligung beenden kann. Für die Schließung des Mitgliedskontos ist sodann eine Gebühr in Höhe von 30,00 Euro fällig.
- „Reicht das Vermögen der Genossenschaft einschließlich der Rücklage und aller Geschäftsguthaben zur Deckung der Schulden nicht aus, so ist das ausscheidende Mitglied verpflichtet, von dem Fehlbetrag einen nach dem Verhältnis der Geschäftsanteile zu berechnenden Anteil, höchstens jedoch den Teil eines Geschäftsanteils, der noch nicht eingezahlt ist, an die Genossenschaft zu zahlen. Der Genossenschaft haftet das Auseinandersetzungsguthaben des Mitglieds für einen etwaigen Ausfall, insbesondere im Konkurs- oder Vergleichsverfahren.“ § 10 der Satzung besagt, dass Genossenschaftsmitglieder nur eine nachrangige Forderung auf Auszahlung ihrer etwaigen Guthaben besitzen. Sie müssen selbst dann noch weiter einzahlen, wenn sie bereits wissen, dass sie nichts wiederbekommen, und im Falle einer Insolvenz der Genossenschaft gehen sie leer aus. Wegen des kleinen Wörtchens „insbesondere“ wird die Genossenschaft die Rückzahlung des Geldes möglicherweise schon dann verweigern, wenn die Insolvenz nur droht bzw. sie dies behauptet.
Wir meinen: Der auf der Internetseite der Protectum geschürte Eindruck, es handele sich um eine Sparanlage („Genossenschaftssparen“) ist falsch. Tatsächlich handelt es sich um eine Gesellschaftsbeteiligung, bei der alle Verluste bis zur Höhe ihrer Einlage durch die Mitglieder getragen werden. Es ist also keineswegs sicher, dass derjenige, der seine vermögenswirksamen Leistungen dort ansparen will, sie auch zurückerhält.
Außerdem: Die Protectum erklärt auf ihrer Website, dass alle Genossenschaften einem gesetzlichen Prüfungsverband angehörten. Dieser prüfe einmal im Jahr die Genossenschaften. Merkwürdig nur, dass auf der Internetseite der Genossenschaft nirgendwo der Name des für die Protectum zuständigen Prüfungsverbandes zu finden ist – weder im Impressum noch in der Satzung. Wir haben die Protectum daher gefragt, welchem Prüfungsverband sie angehört. Sie fragte daraufhin zurück, auf welcher rechtlichen Grundlage wir die Auskunft einforderten. Wir finden es ausgesprochen besorgniserregend, dass die Protectum ein Geheimnis darum macht, (ob und) welchem Prüfungsverband sie angehört.
UPDATE 13.06.2016
Die Protectum teilte uns mit, dass der Veröffentlichung feherhafte Aussagen zum Genossenschaftsrecht zugrundeliegen. Insofern ist zu berücksichtigen, dass
– Mitglieder nach § 23 GenG mit Ihrer Anlage haften;
– die Volleinzahlungsverpflichtung gesetzliche begründet ist (§ 22 Absatz 4 Satz 1 GenG);
– die fünfjährige kündisungsfrist gesetzlich zulässig ist (§ § 65 Absatz 2 Satz 2 GenG).
Wohnungsgenossenschaft Grundwerte eG – modern und sicher?
„Die Wohnungsgenossenschaft hat sich zu einer modernen und sicheren Vermögensanlage entwickelt, die einer breiten Bevölkerungsschicht die Chance eröffnet, sich mit relativ kleinen Beträgen staatlich gefördert an einem großen Immobilienvermögen zu beteiligen…“
Diese Versprechen auf der Internetseite der Wohnungsgenossenschaft Grundwerte eG passen nicht zu dem, was einer Sparerin nach sechs Jahren Einzahlung und einem Jahr Wartezeit präsentiert wurde: ein Bilanzverlust von fast 500.000 Euro, der dazu führt, das sie ihr angespartes Geld nicht zurückerhält.
Dennoch geht das Werben um neue Sparer einfach weiter. Der zuständige Prüfungsverband hat die Wohnungsgenossenschaft bereits ausgeschlossen, doch diese wehrt sich vor Gericht dagegen.
Sparfreunde Deutschland eG – keine hochriskante Spekulation?
„…der Sinn jeder Genossenschaft schließt jede hochriskante Spekulation aus. Die unabhängige Prüfung durch den Genossenschaftsverband sorgt zusätzlich für Kontrolle und Sicherheit. Die Genossenschaft gilt als eine der mit Abstand insolvenzsichersten Rechtsformen in Deutschland.“
Die Tatsache, dass die Genossenschaft auf ihrer Internetseite mit Renditen von 12 Prozent wirbt und die Aufwertung von Lebens- und Krankenversicherungsverträgen anbietet, lässt große Zweifel an dieser Behauptung aufkommen. Wir raten: Finger weg!
GENO Wohnungsbaugenossenschaft eG – ohne Schulden ins Eigenheim?
Die Verbraucherzentrale Sachsen fragte im Februar „Schwäbisches Mietkaufmodell vor dem Ende?“ und berichtete über strafrechtliche Ermittlungen gegen die GENO Wohnungsbaugenossenschaft eG, Ludwigsburg, früher Genotec. Bekannt wurde das Unternehmen mit einem Mietkaufmodell, mit welchem es Menschen auch mit wenig Erspartem und ohne Schulden ins Eigenheim schaffen sollten. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft Stuttgart gegen die Verantwortlichen der Firma. Es geht um den Verdacht des gewerbsmäßigen Betrugs und der vorsätzlichen Insolvenzverschleppung. Auch bei dieser Wohnungsbaugenossenschaft dürften zahlreiche Anleger ihr Geld verloren haben.
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