Im Juli erhielt der britische Milchbauer Patrick Holden ein außergewöhnliches Angebot: Ein angeblicher Vertreter einer französischen Supermarktkette wollte 22 Tonnen seines Spezial-Cheddars namens Hafod kaufen. Dies wäre der größte Auftrag gewesen, den er je erhalten hatte, und Holden freute sich über das wachsende Interesse an britischem Käse auf dem Kontinent. Doch der Auftrag stellte sich als geschickt eingefädelter Betrug heraus.
Am 14. Oktober wurde die Käselieferung von Neal’s Yard Dairy in London abgeholt und sollte zu einem Depot gebracht werden – doch sie verschwand spurlos. Der vermeintliche Käufer war eine Fälschung, und insgesamt 22 Tonnen Luxus-Käse im Wert von 300.000 Pfund wurden gestohlen. Der Raub machte weltweit Schlagzeilen und wurde als „The Great Cheese Robbery“ bekannt.
Warum Käse zum Ziel von Diebstählen wird
Lebensmittelkriminalität, einschließlich Schmuggel, Fälschung und Diebstahl, kostet die globale Lebensmittelindustrie laut WTO jährlich bis zu 50 Milliarden US-Dollar. Besonders begehrt sind Luxus-Lebensmittel wie hochwertige Käsesorten, die auf dem Schwarzmarkt hohe Preise erzielen können. Vergangene Fälle umfassen den Diebstahl von Käse im Wert von 80.000 Pfund in Italien und anderen europäischen Ländern.
Im Vereinigten Königreich ist die Nachfrage nach Käse stark gestiegen, was ihn zu einem lukrativen Ziel für Diebe macht. Zwischen 2022 und 2024 stiegen die Käsepreise um rund 25 %, und die Produktionskosten für Käse, die durch Energiepreise beeinflusst werden, haben ebenfalls zugenommen. Durch den Einsatz organisierter Verbrecherbanden wird der Diebstahl solcher Luxusprodukte effizienter.
Verbindungen zur organisierten Kriminalität
Laut Andy Quinn von der britischen National Food Crime Unit (NFCU) haben Lebensmittel und organisierte Kriminalität eine lange Verbindung. Kriminelle Netzwerke nutzen oft die bestehenden Vertriebskanäle legaler Unternehmen, um gestohlene Waren oder illegale Substanzen zu schmuggeln. Lebensmittelkriminalität ist dabei besonders attraktiv, da die Strafen weniger schwerwiegend sind als bei Drogenhandel, aber immer noch hohe Gewinne versprechen.
Einige Experten vermuten, dass der gestohlene Käse aus dem Neal’s Yard-Raub ins Ausland verschifft wird, möglicherweise in Länder wie Russland, wo es einen florierenden Schwarzmarkt für westliche Lebensmittel gibt. Hier werden Luxus-Lebensmittel wie Käse illegal eingeführt, da lokale Produkte nicht die gleiche Qualität bieten.
Innovative Maßnahmen zur Käse-Sicherheit
Zur Bekämpfung solcher Diebstähle hat das Parmigiano Reggiano-Konsortium in Italien Mikrochips in die Rinde ihres Käses eingebettet, um Herkunft und Authentizität sicherzustellen. Neal’s Yard Dairy plant zukünftig, bei größeren Käse-Bestellungen potenzielle Käufer persönlich zu besuchen, um Betrug zu vermeiden.
Schlussfolgerung
Der Diebstahl des Hafod-Cheddars ist nicht nur ein finanzieller Verlust, sondern bedroht das Überleben kleiner Familienbetriebe, die traditionelles Wissen und handwerkliches Können in die Käseherstellung einbringen. Patrick Holden räumt ein, dass ein Betrug solchen Ausmaßes das Ende für manche Bauernhöfe bedeuten könnte. Trotz der großen Verluste hat Neal’s Yard die betroffenen Lieferanten vollständig entschädigt, doch die Folgen für die Zukunft der Branche bleiben bestehen.
Luxuskäse bleibt attraktiv für Kriminelle, besonders in einer Zeit, in der geopolitische Konflikte und wirtschaftliche Krisen die Nachfrage nach wertvollen Lebensmitteln steigern.
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