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Was die ehemaligen und aktuellen Genossen der insolventen GENO Wohnbaugenossenschaft jetzt wissen sollten

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Um einmal etwas mehr Licht in die Diskussion um das Thema „Insolvenz der Geno eG Wohnbaugenoossenschaft“ zu bringen, haben wir ein Interview mit Rechtsanwalt Jens Reime aus Bautzen geführt. Rechtsanwalt Reime ist Mitglied des Gläubigerausschusses der Geno eG Wohnbaugenossenschaft.

Diebewertung.de: Herr Reime, Sie vertreten über 400 Geschädigte der GENO Wohnbaugenossenschaft. Was konnten Sie hierzu feststellen?

Reime:           Die Interessen der (ehemaligen) Genossen sind vielschichtig. Man kann sie aber in Gruppen einteilen:

  1. Diejenigen, welche bis 31.12.2017 aus der Gesellschaft ausgeschieden sind, können immer noch ihr Auseinandersetzungsguthaben zur Insolvenztabelle anmelden. Dies ist in der Regel erheblich weniger als tatsächlich eingezahlt wurde. Diejenigen die das bislang taten, wurden zur Insolvenztabelle als Insolvenzgläubiger bestätigt.
  1. Genossen, welche erst ab dem Jahr 2017 oder bis jetzt gar nicht ihre Kündigung erklärten, sind noch Genossen und haben ein Problem. Eine Kündigung ist nicht mehr möglich bzw. wurde ihre Kündigungserklärung aufgrund der Insolvenz nicht wirksam.
  1. Ratenzahler, mit Stundungsvereinbarung für ihre monatlichen Raten, ohne dass sie bis zur Insolvenzeröffnung alle Raten eingezahlten, haften nach Rechtsauffassung des Insolvenzverwalters für alle restlichen Raten auf einmal. Es fällt auf, dass derzeit nur Mandanten des Beitrittsjahres 2009 beansprucht werden. Dies dürfte mit der drohenden Verjährung zu tun haben.
  1. Für einige aktuelle Genossen und Mandanten der Kanzlei stehen wir derzeit in Verhandlungen mit dem Insolvenzverwalter zum Ankauf ihrer Wunschimmobilie. Es dreht sich hierbei im Wesentlichen um die Preisbildung und um die Bedeutung der bislang bezahlten Genossenschaftsanteile und Mieten sowie um deren beziffertes notarielles Vorkaufsrecht

Diebewertung.de:     Inwiefern beschäftigen sich derzeit die Behörden und die Gerichte mit den Fällen?

Erste Mahnbescheide sind säumigen Ratenzahlern zugegangen. Wir stehen derzeit in aussichtsreichen Verhandlungen für unsere Mandanten. Man muss hierbei berücksichtigen, dass sie nicht nur Schuldner, sondern auch Gläubiger sind wegen ihrer Ansprüche auf Schadensersatz. Insbesondere nicht rechtsschutzversicherte Mandanten, was im Genossenschaftsrecht häufiger vorkommt, verlangen eine behutsame und wirtschaftliche Mandatsführung.

Wir versuchen alles, um es nicht zu langwierigen und kostspieligen Gerichtsverfahren gegen Ratenzahler kommen zu lassen und haben schon erste Erfolge erzielen können.

Rund 80 Genossen, allerdings nicht von uns vertreten, klagen gegen den ehemaligen Vorstand Herrn Meier wegen Untreue zu Lasten des Vermögens der Genossenschaft auf Schadenersatz. Dies ist riskant, weil es noch keine rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung gibt.

Die Ermittlungen im Strafverfahren gegen die ehemaligen Vorstände der GENO bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart laufen, meine Mandanten wurden mittlerweile hierzu als Geschädigte befragt.

Äußerst fragwürdig war das agieren der Creditreform im Auftrag des ehemaligen Insolvenzverwalters Haffa. Für deren Geltendmachung von ungedeckten Verlusten gegen säumige Ratenzahler gibt es keine Anspruchsgrundlage.

Diebewertung.de: Was gilt, wenn der Vorstand rechtskräftig wegen pflichtwidrigen Verhaltens verurteilt wird? Musste der Vertrieb über diese Möglichkeit auch vor dem Kauf aufklären? 

Reime:           Dieses Risiko besteht quasi immer und ist per se nicht aufklärungsbedürftig. Allein deswegen können keine erfolgreichen Schadensersatzklagen begründet werden.

Diebewertung.de:  Was ist nun zu tun?

Reime:            Es muss geprüft werden, ob Genossen die noch nicht ausgeschieden sind, Schadensersatzansprüche haben und was dann mit dieser Erkenntnis zu veranlassen ist.

Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur anleger- und anlagerechten Beratung ist hierzu anwendbar. Da es keinen Emissionsprospekt gab, sind viele Fehler gemacht worden vom Vertrieb. Die Erfolgsaussichten sind daher sehr hoch sowohl Herrn Meier als auch einzelne Vermittler in Anspruch nehmen zu können, wenn es die Bonität zulässt bzw. eine Vermögenschadenversicherung vorhanden ist:

Immer Sicher Wohnen“ war ein Slogan und verschleierte die völlige Erfolglosigkeit des Konzeptes der GENO Wohnbaugenossenschaft eG. Nur ein Bruchteil der Genossen konnte ihre Wunschimmobilie beziehen. Man könnte fast von Alibi-Erfolgen sprechen, damit es auf der Vertriebsseite rund läuft. 

Diebewertung.de:     Ab wann ging es denn bergab mit der GENO? 

Reime :           Aus meiner Sicht war die GENO schon frühzeitig pleite. Nur mittels fragwürdigen Satzungsänderungen auf einer Mitgliederversammlung im Oktober 2014 konnte die Zahlungspflicht auf fällige Auseinandersetzungsguthaben ausgeschiedener Genossen abgewendet werden.

Diebewertung.de:     Herr Reime, mussten auch die Altgenossen, welche laufend Raten zahlten, vom Vorstand über diese finanziellen Schwierigkeiten informiert werden?

Reime:            Wir haben die Ermittlungsbehörden auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Strafbarkeit von Vorständen durch Unterlassung gegenüber Ratenzahlern aufmerksam gemacht. Die Satzungsänderung im Herbst 2014 dürfte auch ein aufklärungspflichtige Sachverhalt im Rahmen der Anlagevermittlung gewesen sein. Die rechtlichen Ansätze sind daher vielschichtig und erfordern ausgewogenes taktisches Vorgehen.

 

 

 

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