Die Nachricht, dass die DEGAG möglicherweise Insolvenz anmelden muss, würde bei allen Beteiligten – Aktionären, Inhabern von Genussrechten, Gläubigern und Geschäftspartnern – große Besorgnis auslösen. Eine Insolvenz eines Unternehmens von dieser Größe und Bedeutung birgt weitreichende Konsequenzen. Besonders für die Inhaber der Genussrechte stellt sich die Frage, wie ihre Forderungen im Insolvenzverfahren behandelt werden, und warum es von entscheidender Bedeutung ist, sich über eine Interessengemeinschaft eine starke Stimme im Gläubigerausschuss zu sichern.
Was ist eine Insolvenz und wie läuft sie ab?
Eine Insolvenz tritt ein, wenn ein Unternehmen zahlungsunfähig oder überschuldet ist. Die Insolvenz hat das Ziel, die Ansprüche der Gläubiger bestmöglich zu befriedigen, sei es durch eine Sanierung des Unternehmens oder durch eine geordnete Abwicklung (Liquidation). Der Ablauf ist wie folgt:
- Eröffnung des Insolvenzverfahrens: Das Unternehmen stellt einen Antrag auf Insolvenz. Das Gericht prüft, ob die Insolvenzgründe vorliegen, und ernennt einen vorläufigen Insolvenzverwalter.
- Erstellung einer Gläubigerliste: Alle Gläubiger, darunter auch die Inhaber von Genussrechten, werden aufgefordert, ihre Forderungen anzumelden.
- Bestimmung des Gläubigerausschusses: Das Insolvenzgericht entscheidet, ob ein Gläubigerausschuss gebildet wird. Dieser Ausschuss überwacht die Arbeit des Insolvenzverwalters und nimmt Einfluss auf wichtige Entscheidungen.
- Abwicklung oder Sanierung: Der Insolvenzverwalter prüft, ob das Unternehmen saniert werden kann oder ob eine Liquidation erfolgen muss.
- Verwertung der Insolvenzmasse: Im Falle der Liquidation wird das Vermögen des Unternehmens verkauft und die Erlöse an die Gläubiger verteilt.
Die Rolle der Genussrechte im Insolvenzverfahren
Genussrechte sind eine Mischform aus Eigen- und Fremdkapital, die oft mit hohen Renditeversprechen verkauft werden. Sie sind jedoch kein klassisches Fremdkapital wie Kredite und haben im Insolvenzfall meist eine nachrangige Position. Das bedeutet:
- Nachrangigkeit der Forderungen: Genussrechtsinhaber werden erst dann bedient, wenn alle anderen Gläubiger, wie Banken, Lieferanten oder Mitarbeiter, ihre Forderungen erhalten haben. Dies verringert die Chancen, dass Genussrechtsinhaber eine Rückzahlung oder Entschädigung erhalten.
- Kein Mitspracherecht: Genussrechtsinhaber sind formal keine Aktionäre und haben oft keine Mitspracherechte in unternehmerischen Entscheidungen oder im Insolvenzverfahren – es sei denn, sie schließen sich zu einer Interessengemeinschaft zusammen, um als starke Gruppe im Gläubigerausschuss vertreten zu sein.
Warum ist eine starke Stimme im Gläubigerausschuss wichtig?
Der Gläubigerausschuss ist eines der wichtigsten Gremien im Insolvenzverfahren. Er wird vom Insolvenzgericht eingesetzt und besteht in der Regel aus den größten oder wichtigsten Gläubigern. Seine Hauptaufgaben sind:
- Überwachung des Insolvenzverwalters: Der Ausschuss prüft, ob der Insolvenzverwalter im Sinne der Gläubiger handelt.
- Mitentscheidung bei wesentlichen Maßnahmen: Der Ausschuss entscheidet über zentrale Fragen, wie z. B. den Verkauf von Vermögensgegenständen, die Fortführung des Unternehmens oder die Annahme eines Insolvenzplans.
- Vertretung der Gläubigerinteressen: Er sorgt dafür, dass die Interessen aller Gläubiger – auch der Genussrechtsinhaber – angemessen berücksichtigt werden.
Wenn Genussrechtsinhaber nicht im Gläubigerausschuss vertreten sind, besteht die Gefahr, dass ihre Forderungen und Interessen übergangen werden. Eine Interessengemeinschaft bietet daher folgende Vorteile:
- Einfluss auf Entscheidungen: Eine starke Vertretung im Gläubigerausschuss ermöglicht es den Genussrechtsinhabern, Einfluss auf wichtige Entscheidungen zu nehmen, z. B. bei der Frage, ob das Unternehmen saniert oder liquidiert wird.
- Transparenz und Kontrolle: Die Interessengemeinschaft kann sicherstellen, dass die Genussrechtsinhaber über alle relevanten Entwicklungen informiert werden und keine Entscheidungen zulasten ihrer Forderungen getroffen werden.
- Gemeinsame Verhandlungsstärke: Einzelne Genussrechtsinhaber haben in der Regel wenig Einfluss. Als Gruppe treten sie mit einer gebündelten Forderung auf, was ihre Verhandlungsposition gegenüber dem Insolvenzverwalter erheblich stärkt.
Was könnte passieren, wenn die DEGAG tatsächlich Insolvenz anmeldet?
Die möglichen Szenarien bei einer Insolvenz der DEGAG sind vielfältig und hängen von der finanziellen Lage sowie den Entscheidungen des Insolvenzverwalters ab:
- Sanierung des Unternehmens:
- Wenn das Unternehmen noch eine Zukunftsperspektive hat, könnte es saniert werden. Das bedeutet, dass das Unternehmen durch Restrukturierungen, Einsparungen oder den Verkauf von Geschäftsbereichen fortgeführt wird.
- In diesem Fall könnten die Genussrechtsinhaber einen Teil ihrer Forderungen zurückerhalten, wenn das Unternehmen wieder profitabel wird.
- Eine Interessengemeinschaft im Gläubigerausschuss könnte darauf drängen, dass die Genussrechtsinhaber im Rahmen eines Sanierungsplans berücksichtigt werden, z. B. durch eine Umwandlung ihrer Forderungen in Anteile.
- Liquidation des Unternehmens:
- Sollte eine Sanierung nicht möglich sein, wird das Vermögen der DEGAG verkauft und der Erlös an die Gläubiger verteilt.
- Genussrechtsinhaber hätten in diesem Fall kaum Aussicht auf Rückzahlung, da ihre Forderungen nachrangig sind.
- Dennoch könnte eine starke Vertretung im Gläubigerausschuss sicherstellen, dass die Abwicklung transparent erfolgt und mögliche Fehlentscheidungen oder Benachteiligungen vermieden werden.
- Verkauf an Investoren:
- Eine weitere Möglichkeit wäre der Verkauf des Unternehmens oder von Teilen davon an externe Investoren.
- In diesem Szenario könnten Genussrechtsinhaber möglicherweise bessere Chancen haben, zumindest einen Teil ihrer Forderungen zurückzuerhalten – vorausgesetzt, sie sind im Gläubigerausschuss vertreten und können ihre Interessen aktiv einbringen.
Warum jetzt handeln?
Für die Genussrechtsinhaber der DEGAG ist es entscheidend, frühzeitig aktiv zu werden und sich in einer Interessengemeinschaft zu organisieren. Nur so können sie sicherstellen, dass ihre Interessen im Insolvenzverfahren nicht übergangen werden.
Die Vorteile einer Interessengemeinschaft liegen auf der Hand:
- Gemeinsame Rechtsvertretung: Die Gemeinschaft kann spezialisierte Anwälte und Berater engagieren, um die Genussrechtsinhaber bestmöglich zu vertreten.
- Kostenteilung: Die Kosten für juristische und finanzielle Beratung werden auf alle Mitglieder der Gemeinschaft verteilt, was die finanzielle Belastung für den Einzelnen reduziert.
- Stärke durch Einheit: Als geschlossene Gruppe haben die Genussrechtsinhaber eine deutlich stärkere Verhandlungsposition gegenüber dem Insolvenzverwalter und anderen Gläubigern.
Fazit: Die Bedeutung von Einfluss und Organisation im Insolvenzfall
Eine mögliche Insolvenz der DEGAG wäre ein schwerer Schlag für alle Beteiligten, insbesondere für die Inhaber von Genussrechten. Aufgrund der Nachrangigkeit ihrer Forderungen ist ihr Risiko besonders hoch. Umso wichtiger ist es, sich frühzeitig zu organisieren, um eine starke Stimme im Gläubigerausschuss zu haben.
Die Interessengemeinschaft bietet die Möglichkeit, Transparenz zu schaffen, Einfluss auf Entscheidungen zu nehmen und die Chancen der Genussrechtsinhaber im Insolvenzverfahren zu maximieren. Der Weg ist nicht einfach, doch durch kluge Organisation und eine aktive Vertretung der eigenen Interessen können die Betroffenen die Folgen der Insolvenz zumindest abmildern und eine gerechte Behandlung sicherstellen.
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