Wie bereits gemeldet (Pressemitteilung Nr. 8 vom 19.03.2019), hat der Verwaltungsgerichtshof (VGH) auf die mündliche Verhandlung vom 18.03.2019 einer Klage der Deutschen Umwelthilfe stattgegeben und das Land verurteilt, den für die Stadt Reutlingen geltenden Luftreinhalteplan so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Jahresgrenzwerts von 40 Mikrogramm/Kubikmeter für Stickstoffdioxid (NO2) enthält, d. h. im konkreten Fall Fahrverbote in den Plan mit aufzunehmen.
In der heute den Beteiligten bekannt gegebenen Urteilsbegründung hat der 10. Senat des VGH unter anderem ausgeführt, dass der vorliegende Luftreinhalteplan nicht der aus europäischem und nationalem Recht folgenden Verpflichtung genüge, im Interesse des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung Überschreitungen des Jahresgrenzwertes für NO2 möglichst kurz zu halten. In den vergangenen Jahren wurde der Wert in Reutlingen stets überschritten; zuletzt betrug er 53 Mikrogramm/Kubikmeter für das Jahr 2018.
In dem Plan werde in dieser Situation zu Unrecht auf Dieselfahrverbote verzichtet, deren Einbeziehung in die vorgesehenen Minderungsmaßnahmen eine frühere Grenzwerteinhaltung ermöglicht hätte. Zudem seien die bei der Planung zugrunde gelegten Prognosen teilweise nicht hinreichend belegt; z. B. sei bei der Wirkung von Software-Updates für Pkw die Frage nach deren Nachhaltigkeit nicht thematisiert worden.
Auch die von der Stadt kurz vor der Gerichtsverhandlung neu in die Diskussion eingebrachten zusätzlichen Maßnahmen seien in ihrer Wirkung zu unsicher, um ein Absehen von Dieselfahrverboten als besonders effizienter Maßnahme zur Grenzwerteinhaltung zu rechtfertigen. Für die nunmehr erforderliche Neuplanung dürfe das verbindliche Ziel, den Grenzwert von 40 Mikrogramm/Kubikmeter schnellstmöglich zu erreichen, auch nicht mit Blick auf die gesetzliche Neuregelung im Bundes-Immissionsschutzgesetz relativiert werden.
Wenn man dieser Neuregelung entnehmen wollte, dass in der Regel Fahrverbote erst bei Überschreitung des Jahresgrenzwertes von 50 Mikrogramm/Kubikmeter in Betracht kämen, und zwar auch dann, wenn nur mit ihnen eine schnellstmögliche Grenzwerteinhaltung möglich sei, könne dadurch das Planungsermessen des Landes nicht gelenkt werden.
Denn bei einer solchen Auslegung verstieße die Neuregelung gegen zwingende Vorgaben des Europäischen Unionsrechts. Diesem komme aber ein Anwendungsvorrang zu mit der Folge, dass die – so verstandene – Neuregelung weder von Gerichten noch von Behörden beachtet werden dürfe.
Gegen das Urteil ist die Revision zum Bundesverwaltungsgericht möglich. Diese hat der VGH wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (Az. 10 S 1977/18).
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