Der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart unter dem Vorsitz des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Norbert Taxis hat mit einem Urteil vom 30.04.2020 die Volkswagen-AG zu Schadensersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) an den Käufer eines Fahrzeugs mit einem Dieselmotor des Typs EA 189 verurteilt. Obwohl die Klage erst im Jahr 2019 erhoben wurde, hat der 7. Zivilsenat – anders als der 10. Zivilsenat des OLG Stuttgart (s. Pressemitteilung vom 15.04.2020 hier) – die Ansprüche nicht als verjährt angesehen.
Der Kläger hatte im Jahr 2012 ein Neufahrzeug des Typs VW Sharan bei einem Händler erworben. In diesem war eine sog. Umschalteinrichtung verbaut, die erkennen konnte, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand zur Ermittlung der Emissionswerte befand und in diesem Fall die Abgasrückführungsrate mit der Folge geringeren Stickoxidausstoßes erhöhte. Der Kläger machte wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung Schadensersatzansprüche geltend. Das Landgericht Heilbronn hatte erstinstanzlich die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Der Senat hat ihr überwiegend stattgegeben.
Der 7. Zivilsenat stellte – wie zuvor in anderen Fällen – fest, dass der Volkswagen AG ein sittenwidrig vorsätzliches Handeln vorzuwerfen sei. Entgegen der Auffassung des Landgerichts seien die mit der am 25.02.2019 erhobenen Klage geltend gemachten Schadensersatzansprüche nicht verjährt.
Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre und beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger (hier der Kläger) von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen.
Weder für eine Kenntnis des Klägers noch für eine grob fahrlässige Unkenntnis würden sich bis zum Schluss des hier relevanten Jahres 2015 ausreichende Anhaltspunkte ergeben. Die öffentlich verbreiteten Informationen durch die Adhoc-Mitteilung der Beklagten 22.09.2015 und die nachfolgende Presseberichterstattung lasse nicht auf eine hinreichende Kenntnis oder eine grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers von der Betroffenheit seines Fahrzeugs vom sog. Dieselskandal und von einem vorsätzlich sittenwidrigen Handeln der Beklagten schließen. Dem Kläger sei eine grobe Fahrlässigkeit auch nicht deshalb vorzuwerfen, weil er von der Möglichkeit, auf einer von der Beklagten eingerichteten Internetplattform die Betroffenheit seines Fahrzeugs zu überprüfen, nicht schon im Jahr 2015 Gebrauch gemacht habe. Zu diesem Zeitpunkt habe sich dem Kläger – trotz der Medienberichterstattung – ein aktives Bemühen um die Feststellung der Betroffenheit seines Fahrzeugs noch nicht aufdrängen müssen.
Die Verjährung, die danach frühestens mit dem Ablauf des Jahres 2016 begonnen habe, sei deshalb durch die am 25.02.2019 erhobene Klage rechtzeitig gehemmt worden.
Der Senat hat gegen seine Entscheidung die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.
Kommentar hinterlassen