Der Internationale Gerichtshof (IGH) hat sich nun also des Themas „Klimagerechtigkeit“ angenommen. Ein Thema von weltbewegender Bedeutung, das jedoch erst durch eine Resolution der UNO-Generalversammlung im März 2023 auf die Agenda rutschte – nach jahrelanger Lobbyarbeit, nicht von Regierungen, sondern von Studenten auf Fidschi. Denn wer, wenn nicht eine Gruppe Studierender, sollte den nötigen Anstoß geben, während die Großmächte vor allem damit beschäftigt sind, sich gegenseitig auf die Füße zu treten?
Inselstaaten schlagen Alarm – mit Erfolg?
Ganz oben auf der Liste der Kläger: Vanuatu. Dieser kleine Inselstaat, der mittlerweile fast so viele Klimagipfel besucht hat wie Superstürme überstanden, möchte, dass die Welt endlich Verantwortung übernimmt. Schließlich droht man dort, buchstäblich im Meer zu versinken. Vanuatu fordert ein juristisches Gutachten, das klarstellt, dass Staaten verpflichtet sind, den Klimawandel nicht nur zu diskutieren, sondern tatsächlich etwas dagegen zu unternehmen.
UNO-Generalsekretär Antonio Guterres ließ es sich nach der Resolution nicht nehmen, dramatisch zu verkünden: „Sie schreiben gerade gemeinsam Geschichte.“ Ob diese Geschichte allerdings ein Happy End hat oder doch nur ein weiteres Kapitel aus der Abteilung „Reden statt Handeln“ wird, bleibt abzuwarten.
Zahlen, die kein Politiker ignorieren kann – oder doch?
Die Weltwetterorganisation (WMO) liefert dazu passend die harten Fakten: Der Meeresspiegel in Teilen des westlichen Pazifiks ist seit 1993 um bis zu 15 Zentimeter gestiegen, fast doppelt so viel wie im globalen Durchschnitt. Währenddessen steigt die Temperatur der Meeresoberfläche rund um Australien und Neuseeland dreimal so schnell wie anderswo. Doch wer braucht schon Korallenriffe oder intakte Fischbestände, wenn man stattdessen darüber streiten kann, wer die Schuld trägt?
Klimakatastrophen: Ein teures Hobby
Für die betroffenen Inselstaaten bedeuten diese Entwicklungen nicht nur den Verlust von Lebensraum, sondern auch eine gnadenlose Schuldenfalle. Ein Beispiel: Dominica verlor durch den Hurrikan „Maria“ 2017 satte 226 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts. Wer jetzt denkt, dass so etwas nicht möglich ist – es geht! Schließlich lassen sich auch Schulden verdoppeln, wenn man Kredite aufnehmen muss, um den Wiederaufbau zu finanzieren.
Vanuatus Außenminister kritisierte, dass die bisherigen Klimakonferenzen bestenfalls pauschale Summen anbieten, während die Inselstaaten regelrecht um ihr Überleben kämpfen. Sein Wunsch: Der IGH möge endlich für eine juristische Verbindlichkeit sorgen, damit die Verursacherstaaten nicht nur große Worte, sondern auch Taten liefern.
Hoffnung auf den IGH: Ein Funken Licht in einer düsteren Welt
Auch wenn das Urteil des IGH rechtlich nicht bindend ist, hoffen Staaten wie Vanuatu darauf, dass es die internationalen Klimadiskussionen in die richtige Richtung lenkt. Schließlich ist der IGH als wichtigstes Rechtsprechungsorgan der Vereinten Nationen bekannt dafür, einen moralischen Fingerzeig zu geben. Ob dieser Zeigefinger allerdings ausreicht, um die großen Emittenten zum Handeln zu bewegen, bleibt fraglich – schließlich ist Moral oft ein unbequemer Ratgeber in der Politik.
Fazit: Die Uhr tickt
Die Resolution, die den IGH mit der Bewertung von Klimagerechtigkeit beauftragt, beschreibt den Klimawandel als „beispiellose Herausforderung von zivilisatorischer Tragweite“. Doch ob diese Tragweite auch die Köpfe der Entscheidungsträger erreicht oder erneut im Dickicht aus Konferenzen, Kompromissen und kleinteiligen Verhandlungen stecken bleibt, bleibt abzuwarten.
Bleibt zu hoffen, dass der IGH es schafft, der Welt den Spiegel vorzuhalten – bevor dieser Spiegel ebenfalls vom steigenden Meeresspiegel überschwemmt wird. Bis dahin bleibt die Erkenntnis: Diejenigen, die am wenigsten zum Klimawandel beigetragen haben, zahlen bereits den höchsten Preis. Und die Verantwortlichen? Die diskutieren fleißig weiter.
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