Während sich die USA auf die zweite Amtszeit von Donald Trump vorbereiten, wirft eine zentrale Frage Schatten auf den bereits angespannten Wohnungsmarkt: Wer wird die dringend benötigten neuen Häuser bauen, wenn Trumps Pläne zur Massendeportation von Millionen undokumentierter Einwanderer umgesetzt werden?
Für Menschen wie Duewight Garcia, der seit 2019 in den USA lebt und in der Baubranche arbeitet, ist die Antwort beunruhigend. Garcia, der aus Honduras stammt und wegen unsicherer Bedingungen in seiner Heimat sein Touristenvisum überzogen hat, arbeitet seit Jahren im Bereich Trockenbau und Hausrahmenbau im Raum New York City. „Wir machen die Arbeit, die sonst keiner machen will“, erzählt Garcia im Gespräch mit CNN. Wie viele andere undokumentierte Arbeiter ist er ein unverzichtbarer Teil der Bauwirtschaft – einer Branche, die längst unter einem erheblichen Arbeitskräftemangel leidet.
Das Rückgrat der Bauwirtschaft: Immigrantische Arbeitskräfte
Laut dem Bureau of Labor Statistics gab es allein im September 282.000 offene Stellen im Baugewerbe. Und ohne die Unterstützung durch immigrantische Arbeitskräfte wären diese Lücken kaum zu schließen. Jim Tobin, CEO der National Association of Home Builders (NAHB), betont die Rolle von Einwanderern: „Immigrantische Arbeitskräfte sind entscheidend dafür, dass wir weiterhin bezahlbaren Wohnraum schaffen können.“ Doch Trumps geplante Massenabschiebungen könnten dieses fragile Gleichgewicht zerstören.
Rund 11 Millionen undokumentierte Einwanderer leben laut Schätzungen des Pew Research Center in den USA, und viele von ihnen arbeiten in der Bauwirtschaft. In Bundesstaaten wie Kalifornien, Texas oder New Jersey machen Einwanderer über die Hälfte der Bauarbeiter aus. Für New York, wo Garcia arbeitet, liegt dieser Anteil bei 46 %. Doch viele von ihnen sind nun von Trumps Plänen bedroht, die in einem kürzlich geposteten Statement auf Truth Social als „nationale Notwendigkeit“ bezeichnet wurden.
Mögliche Schocks für den Wohnungsmarkt
Die Bauwirtschaft befindet sich bereits am Limit: 1,5 Millionen neue Häuser müssen laut NAHB gebaut werden, um die wachsende Nachfrage zu decken. Doch wie soll das ohne genügend Arbeitskräfte funktionieren? Riordan Frost, Forscher am Joint Center for Housing Studies der Harvard University, warnt vor massiven Störungen des Wohnungsmarktes, sollte die Zahl der immigrantischen Bauarbeiter drastisch sinken. „Ein Rückgang von 50 % immigrantischer Arbeitskräfte könnte zu erheblichen Schocks führen“, so Frost.
Trotz dieser Warnungen wiegelt Edward Pinto vom American Enterprise Institute ab: „Arbeitskräfte sind nicht der Haupttreiber für die Volatilität in der Hausbauwirtschaft.“ Er hält die möglichen Auswirkungen von Deportationen auf den Wohnungsmarkt für begrenzt. Doch selbst er räumt ein, dass das Baugewerbe in vielen Regionen ohne undokumentierte Arbeiter nur schwer funktionieren würde.
„Amerikaner wollen diese Jobs nicht“
Während Trumps Team behauptet, dass mehr Amerikaner in die Baubranche einsteigen würden, gibt es daran erhebliche Zweifel. Stan Marek, CEO eines Bauunternehmens in Houston, erklärt: „Wir haben Schwierigkeiten, legale Arbeitskräfte zu finden. Ohne immigrantische Arbeitskräfte wird sich der Arbeitskräftemangel weiter verschärfen.“ Zudem sei es schwer, junge Amerikaner für die Bauberufe zu begeistern. „Selbst wenn wir heute mehr berufliche Bildung anbieten würden, hätten wir noch immer nicht genug Nachwuchs, weil es einfach leichtere Joboptionen gibt.“
JD Vance, Trumps neuer Vizepräsident, argumentiert, dass Amerikaner durchaus bereit seien, diese Jobs zu machen – allerdings nur zu besseren Löhnen. Doch Frost merkt an, dass es derzeit einen deutlichen Mismatch zwischen verfügbaren Arbeitskräften und den benötigten Fähigkeiten gibt. Bis sich das ändert, bleibt die Branche auf Einwanderer angewiesen.
Ein kurzes Vergnügen?
Viele Bauunternehmen setzen auf H-2B-Visa, um legal Arbeitskräfte aus dem Ausland einzustellen. Doch mit einer Obergrenze von 66.000 Visa pro Jahr ist die Konkurrenz um diese Arbeitskräfte enorm. Das US-Arbeitsministerium hat zwar zusätzliche 64.716 Visa für 2024 bewilligt, doch selbst das reicht nicht aus, um die Nachfrage zu decken.
Garcia, der nie die Möglichkeit hatte, rechtzeitig Asyl zu beantragen, ist sich der Unsicherheiten bewusst, die seine Zukunft bedrohen. „Ich bin geblieben, habe gearbeitet und Steuern gezahlt, in der Hoffnung, dass es irgendwie gut ausgeht“, erzählt er. Doch mit Trumps Amtsantritt sieht er diese Hoffnung schwinden.
Ein Teufelskreis für den Wohnungsmarkt
Befürworter von Massendeportationen behaupten oft, dass undokumentierte Arbeiter amerikanische Jobchancen verringern. Doch eine Studie von drei renommierten Ökonomen zeigt das Gegenteil: Undokumentierte Arbeitskräfte ergänzen die inländische Arbeitskraft, anstatt sie zu verdrängen. „Das Entfernen dieser Arbeitskräfte könnte sogar zum Nettoverlust von Arbeitsplätzen führen“, heißt es in der Studie.
Jennie Murray, CEO des National Immigration Forum, kritisiert die Abschiebungspläne als kurzsichtig. „Wirtschaft und Immigration sind untrennbar miteinander verbunden“, sagt sie. Garcia hofft, dass Trump dies erkennen wird: „Wenn sie eine Million Arbeiter deportieren, wird der Hausbau langsamer und die Preise steigen. Wir helfen dabei, die Wirtschaft im Gleichgewicht zu halten.“
Fazit: Ein gefährlicher Balanceakt
Trumps harte Linie in der Einwanderungspolitik könnte weitreichende Konsequenzen für den Wohnungsmarkt haben – und letztlich die Kosten für Eigenheime weiter in die Höhe treiben. Während Millionen Arbeiter um ihre Zukunft bangen, steht Amerikas Bauwirtschaft vor einer ungewissen Zukunft. Der Preis für diese Politik könnte am Ende höher sein, als Trump und seine Regierung erwarten.
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