Am 09.09.2019 verurteilte die zuständige Strafrichterin am Amtsgericht München einen 46jährigen verheirateten Lieferanten aus München-Am Hart wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte im besonders schweren Fall zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten zur Bewährung und legte ihm auf, 90 Stunden gemeinnützige Arbeit abzuleisten.
Am 04.11.2018 gegen 13:15 Uhr wurden mehrere Streifen der PI 43 zur Erdgeschoßwohnung des Verurteilten beordert. Einsatzgrund war eine gemeldete Bedrohung mit einer Waffe. An der Einsatzörtlichkeit angekommen konnten vier Polizeibeamten den volljährigen Sohn des Verurteilten an einem Fenster ausmachen, der sich aus Angst vor ihm in seinem Zimmer verschanzt hatte. Einer der Beamten begab sich zu diesem Zimmerfenster um durch Befragung des Sohnes den Sachverhalt abzuklären, als der Verurteilte aus der Terrassentüre in den Garten kam und in Richtung des Fensters und damit auch unmittelbar auf diesen Beamten zulief. Er hielt ein Küchenmesser mit einer Klingenlänge von 20 cm und einen abgebrochenen Besenstiel in seinen Händen und machte einen wütenden Eindruck.
Aufgrund der lebensbedrohlichen Bewaffnung und des unberechenbaren Gemütszustandes des Verurteilten zog ein zweiter Beamter seine Dienstwaffe, forderte den Verurteilten auf das Messer fallen zu lassen und drohte den Schusswaffengebrauch an. Auf die lautstarke Aufforderung durch die Polizeibeamten, dass er stehenbleiben und das Messer weglegen solle, nahm der Verurteilte eine bedrohliche Haltung ein und erhob das Messer und den abgebrochenen Besenstiel. Der Verurteilte wurde mehrfach von den Polizeibeamten unter Androhung des Schusswaffengebrauchs aufgefordert, das Messer und den Stock abzulegen. Der Verurteilte warf schließlich das Messer neben sich auf den Boden. Anschließend näherte er sich den Polizeibeamten mit dem erhobenen Stock in der Hand. Daraufhin setze ein dritter Beamter das dienstliche Pfefferspray ein, woraufhin der Verurteilte den Stock zu Boden fallen ließ. Anschließend wurde der Verurteilte durch die Beamten fixiert, gefesselt und zur Anzeigenaufnahme zur Dienststelle verbracht. Der herbeigerufene Notarzt spülte ihm zuvor die Augen aus.
Der Verurteilte gab vor Gericht an, er sei mit dem Sohn im Garten gewesen. Dort habe sich das Messer befunden. In diesem Moment sei auch sein Sohn sehr aufgeregt gewesen, den er das erste Mal so erlebt habe. Der sei doppelt so groß und stark wie er. Er komme ansonsten gut mit ihm aus. Da er der Ältere und Vernünftigere sei, habe er das Messer an sich genommen, damit nicht noch mehr passiere. Er sei sich 100 % sicher, er habe die Beamten nicht bedroht. Er kenne sie, da sie ihn schon bei anderer Gelegenheit wegen seines Sohnes beraten hätten. Als die Waffe auf ihn gerichtet worden sei, sei er panisch geworden, habe sofort alles abgelegt und die Hände erhoben.
Der erste Beamte erklärte als Zeuge, als einziger schon im Garten am Fenster der Erdgeschoßwohnung in nur etwa fünf bis zehn Meter vom Verurteilten entfernt gestanden zu haben. Der Sohn habe wohl seine Freundin zu Besuch gehabt und angegeben, dass sein Vater gerade ausflippe. Der Verurteilte hätte den Besenstiel bis zum Schluss nicht losgelassen. „Ich hatte Schiss, da ich aufgrund der Entfernung nicht mehr meine Schusswaffe ziehen konnte. Zum Glück waren die Kollegen außerhalb des Zauns, welche ihn im Zaum hielten.“
Diese Version wurde auch von den weiteren Beamten glaubhaft bestätigt.
Im letzten Wort erklärte der Verurteilte „Ich möchte mich bei allen entschuldigen, dass es so weit kam.“
Die Richterin folgte den Aussagen der Beamten und wertete zugunsten des Verurteilten, „…dass er sich zuletzt entschuldigt hat und nicht vorbestraft ist. Zudem war die psychische Ausnahmesituation, in der sich der Angeklagte aufgrund des Streites mit seinem Sohn befand, strafmildernd zu berücksichtigen. Strafschärfend war zu berücksichtigen, dass der Angeklagte hier zwei gefährliche Werkzeuge bei sich führte und damit die Gefährdung für die Polizeibeamten besonders erhöht war. (…)
Die Vollstreckung konnte zur Bewährung ausgesetzt werden (…). Der Angeklagte hat eine positive Sozialprognose. Der Angeklagte ist familiär eingebunden und ist noch nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten.“
Urteil des Amtsgerichts München vom 09.09.2019, Aktenzeichen 823 Ds 252 Js 106503/19
Das Urteil wurde sofort rechtskräftig.
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