Anlegerschutz

Wirecard

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Die auch für Bank- und Finanzgeschäfte zuständige 29. Zivilkammer des Landgerichts München I hat heute die unter anderem gegen den Insolvenzverwalter der Wirecard AG gerichtete Klage einer Kapitalverwaltungsgesellschaft auf Feststellung von Schadener-satzforderungen zur Insolvenztabelle abgewiesen (Az. 29 O 7754/21).

Für die von ihr verwalteten Sondervermögen hatte die klagende Kapitalverwaltungsgesell-schaft Aktien der Wirecard AG ge- bzw. verkauft. Die Klägerin trägt nun vor, die Wirecard AG habe Kaptialmarktinformationspflichten vorsätzlich verletzt. Ohne diese Pflichtverletzung und in Kenntnis der wahren Situation hätte die Klägerin die von ihr auf den Erwerb von Wirecard Aktien gerichteten Transaktionsgeschäfte sämtlich nicht durchgeführt. Die Klägerin ist des-wegen der Ansicht, ihr stünden gegen die Wirecard AG Schadenersatzansprüche we-gen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung, § 826 BGB, sowie gestützt auf §§ 97, 98 WpHG zu. Diese Ansprüche hat die Klägerin daher zur Insolvenztabelle angemeldet. Der be-klagte Insolvenzverwalter und die weitere Beklagte haben dieser Anmeldung widersprochen.
Für die Frage, ob hier die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche zur Tabelle ange-meldet werden können, musste das Gericht vorab klären, ob es sich bei der behaupteten Forderung um eine Insolvenzforderung im Rang des § 38 InsO handelt. Diese Rechts-frage hat die Kammer dahin entschieden, dass dies nicht der Fall ist.

Die Klage war daher abzuweisen, ohne dass darüber entschieden wurde, ob entspre-chende Schadenersatzansprüche bestehen. Durch die Klageabweisung hat die Kammer daher nicht entschieden, dass keine Schadenersatzansprüche bestehen, sie hat ledig-lich entschieden, dass etwaig bestehende Schadenersatzansprüche der Klägerin nicht als Insolvenz-forderungen im Rang des § 38 InsO zur Tabelle festgestellt werden können.

Da Gericht stützt sich bei der Entscheidung im Wesentlichen auf folgende Erwägungen:
• Die Klägerin macht hier Ansprüche geltend, die auf ihrer Aktionärsstellung beruhen. Denn ohne ein zumindest zeitweises Halten der Aktien kann kein Schadenersatzan-spruch entstehen. Ansprüche, die auf einer Aktionärsstellung beruhen, können aber grundsätzlich nicht gemäß § 38 InsO zur Tabelle angemeldet werden.
• Dass die Klägerin behauptet, diese Aktionärsstellung nur aufgrund einer Täuschung erlangt zu haben, kann hier nicht zu einer anderen Beurteilung führen. Die Klägerin kann die von ihr verfolgten Ansprüche nicht anmelden, weil sie sich mit dem Aktienkauf dafür entschieden hat, eine Investition in Eigenkapital der Schuldnerin vorzunehmen. Über diese Investitionsform wurde sie aber nicht getäuscht.
• Weiterhin stehen einer Einordnung unter § 38 InsO die Kapitalschutzvorschriften ent-gegen. Das Schadenersatzverlangen der Klägerin ist wirtschaftlich auf die Erstattung des haftenden Eigenkapitals gerichtet. Der vom Bundesgerichtshof in der EM-TV Rechtsprechung festgelegte Vorrang einer Haftung für kapitalmarktrechtliche Informa-tionspflichtverletzungen gilt nur für die werbende Gesellschaft nicht jedoch für die in-solvente Gesellschaft.
• Bei einer Insolvenz ginge eine Einordnung der Schadenersatzansprüche der Aktionäre als Insolvenzforderung gemäß § 38 InsO zu Lasten der anderen Gläubiger der Gesell-schaft. Dies ist mit den maßgeblichen Grundwerten des Insolvenzrechts nicht verein-bar.
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.
Hintergrund:
Vorschriften aus der Insolvenzordnung (InsO) § 38

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