Der frühere Wirecard-Chef Markus Braun will in dem Prozess gegen ihn nun doch aussagen. Sein Verteidiger, Alfred Dierlamm, sagte heute, falls das Landgericht München I dem noch offenen Antrag der Verteidigung auf Aussetzung des Verfahrens nicht folge, werde sich Braun wohl in der zweiten Januar-Hälfte äußern.
Ursprünglich hatte Braun bereits Mitte Dezember aussagen sollen, wegen von der Staatsanwaltschaft nachgereichter neuer Beweismittel kam es dann doch nicht dazu.
Dierlamm erweiterte vor der Ankündigung der Aussagebereitschaft allerdings den Antrag auf Aussetzung des Verfahrens. Die von der Staatsanwaltschaft noch nach der Erhebung der Anklage geführten Ermittlungen seien „ein Fass ohne Boden“, sagte Dierlamm. Die Verfahrenssituation sei mit rechtsstaatlichen Prinzipien nicht vereinbar, weshalb das Verfahren ausgesetzt werden müsse.
Er begründete das damit, dass die Anklage nach Eröffnung des Hauptverfahrens im großen Stil noch Beweismittel nachliefere, was eine Verteidigung unmöglich mache. Wie der Vorsitzende Richter Markus Födisch sagte, wird über den Aussetzungsantrag wahrscheinlich in diesem Jahr nicht mehr entschieden.
Unterdessen beschuldigte heute der Kronzeuge der Staatsanwaltschaft Braun als maßgebliche Figur bei jahrelangem Milliardenbetrug. „Wirecard war ein Krebsgeschwür“, sagte der mitangeklagte Manager Oliver Bellenhaus. „Es gab ein System des organisierten Betrugs.“ Braun sei ein „absolutistischer CEO“ gewesen. „Wenn er etwas sagte, wurde es so gemacht.“
Braun und Bellenhaus sitzen beide seit zweieinhalb Jahren in Untersuchungshaft, dritter Angeklagter ist der frühere Wirecard-Chefbuchhalter. Die Staatsanwaltschaft wirft den drei Angeklagten und weiteren Beschuldigten vor, eine kriminelle Betrügerbande gebildet und mit erfundenen Gewinnen die Kreditgeber des 2020 zusammengebrochenen Dax-Konzerns um 3,1 Milliarden Euro geprellt zu haben. Braun bestreitet die Vorwürfe.
„Er sieht sich als Opfer, und das ist ein bekanntes Muster“, sagte Bellenhaus über seinen früheren Chef. Blinde Loyalität zu Braun und dem seit zweieinhalb Jahren flüchtigen früheren Vertriebsvorstand Jan Marsalek habe ihn das Gesetz brechen lassen und ins Gefängnis gebracht.
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