Der Skandal um das Unternehmen spitzt sich weiter zu: Nach dem bisher unerklärlichen Verlust von fast 2 Milliarden Euro und der zwischenzeitlichen Festnahme des ehemaligen Chefs hat das Unternehmen heute mitgeteilt, in die Insolvenz zu gehen: „Der Vorstand der Wirecard AG hat heute entschieden, für die Wirecard AG beim zuständigen Amtsgericht München einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens wegen drohender Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung zu stellen“.
Es werde derzeit geprüft, ob auch Insolvenzanträge für Wirecard-Töchter gestellt werden müssen. Die Aktie des Unternehmens wurde nach dieser Ankündigung für 60 Minuten vom Handel ausgesetzt. Danach stürzte sie um 80 Prozent auf nur noch 2,50 Euro ab. Seit der abermaligen Verschiebung der Bilanz für 2019 in der Vorwoche und dem Eingeständnis mutmaßlicher Luftbuchungen in Milliardenhöhe verloren sie damit inzwischen fast 98 Prozent.
Eine Hauptfigur der Affäre, der ehemalige Vorstand Jan Marsalek, wird in Südostasien vermutet. Marsalek war laut dem philippinischen Justizministerium am 3. März in der Hauptstadt Manila und reiste zwei Tage später wieder aus. „Es gibt jedoch einige Hinweise darauf, dass er kürzlich zurückgekehrt ist und möglicherweise noch dort ist“, sagte Justizminister Menardo Guevarra. Außerdem leiteten die Philippinen Geldwäsche-Ermittlungen ein.
Marsalek galt beim Zahlungsabwickler als rechte Hand des gestürzten Vorstandschefs Markus Braun. Er war für das Tagesgeschäft verantwortlich, wurde aber vergangene Woche zuerst suspendiert, am Montag dann fristlos entlassen – ein klares Anzeichen, dass Wirecard-Aufsichtsrat und -Vorstand mittlerweile davon ausgehen, dass Marsalek gegen seine Pflichten verstoßen hat.
Darüber hinaus kontrolliert Wirecards langjähriger Wirtschaftsprüfer Ernst & Young (EY) nun, ob dem Dax-Konzern nachträglich das Testat für den 2018er Jahresabschluss entzogen wird. Ein Sprecher von EY sagte: „Wir untersuchen alle neuen Informationen in Bezug auf die Jahresabschlüsse von Wirecard und werden alle gebotenen Maßnahmen ergreifen“. Zum jetzigen Zeitpunkt könne EY aber aufgrund der „berufsrechtlichen Verschwiegenheitspflicht keinen weiteren Kommentar abgeben“.
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