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„Wissen ist der beste Schutz“

pixelcreatures (CC0), Pixabay
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Christian Bock, Leiter der BaFin-Abteilung für Verbraucherschutz, über die „Erhebung zur Finanzkompetenz von Erwachsenen in Deutschland im Jahr 2019“.

Der erste Teil der Erhebung zur Finanzkompetenz der Deutschen hat etwas vom PISA-Test – nur für Erwachsene: 99 Prozent der Befragten können 1.000 Euro korrekt durch fünf teilen, 56 Prozent können einen Zinseszins richtig ermitteln und 21 Prozent beantworten alle Fragen zum Finanzwissen korrekt – vom Nullzinssatz über die Inflation bis zur Risikostreuung.

Männer schneiden dabei etwas besser ab als Frauen.

Aber nicht nur über das Finanzwissen gibt die Studie Aufschluss, auch die Einstellungen von Verbraucherinnen und Verbrauchern lassen sich daraus ablesen. So neigen 33 Prozent der Befragten dazu, das Kleingedruckte zu ignorieren, solange es keine Probleme gibt. Und 50 Prozent wähnen ihr Geld bei einer Bank, die Pleite geht, nicht sicher.

Herr Bock, die BaFin hat die Finanzkompetenz der Deutschen untersucht: Wie ordnen Sie die Ergebnisse ein?

Positiv ist, dass acht von zehn Befragten den Zusammenhang zwischen Risiko und Rendite kennen. Sie wissen also, dass hohe Zinsversprechen mit hohem Risiko einhergehen und dürften dem Versprechen von Mondzinsen nicht so leicht auf den Leim gehen. Es bleibt aber eine Herausforderung, noch mehr Menschen zumindest ein Grundwissen über so elementare Dinge wie eine Jahresverzinsung zu vermitteln. Jenseits einzelner Umfrageergebnisse gilt: Wissen ist eben immer noch der beste Schutz vor falschen Entscheidungen.

Wie informieren sich die Verbraucherinnen und Verbraucher?

Die Studie zeigt, dass sich drei Viertel der Erwachsenen bei mehreren Unternehmen informieren, bevor sie investieren. Ein Viertel der Befragten tut das aber nur bei einem Anbieter. Ihnen fehlt dann natürlich eine Vergleichsmöglichkeit. Wer es bei einem Angebot belässt, sollte trotzdem, nein, er sollte gerade dann gründlich auf die Vertragsinhalte schauen, sie durchlesen und im Zweifel solange nachfragen, bis er alles verstanden hat. Ein Ratschlag, der selbstverständlich an alle Verbraucherinnen und Verbraucher gerichtet ist. Ich weiß, dass das manchmal lästig ist. Aber das Gute ist ja: Verbraucher dürfen einem Anbieter lästig werden. Umgekehrt wäre das weitaus kritischer.

Wie trägt die BaFin zur Verbraucheraufklärung bei?

Wir setzen schon weit vor der konkreten Investitionsentscheidung an und klären umfassend über alle Kanäle auf, die uns zur Verfügung stehen.

Da wäre zum Beispiel die BaFin-Internetseite: Dort gibt es eine eigene Rubrik speziell für Verbraucher, die Informationen über bestimmte Finanzprodukte bereithält und auch Warnungen vor unseriösen Anbietern bündelt. Broschüren zu verschiedenen Themen, die wir auf Messen und Anlegertagen verteilen, stehen auch im Internet bereit – einige sogar in Leichter Sprache.

Eine Zielgruppe liegt uns besonders am Herzen: die Seniorinnen und Senioren. Sie haben wir in den vergangenen Monaten an einem Digitalen Stammtisch über sicheres Reisen, Direktinvestments und die Digitalisierung informiert.

Und nicht zu vergessen: Im BaFinJournal veröffentlichen wir immer wieder Beiträge für Verbraucher, beispielsweise über Chancen und Risiken bestimmter Finanzprodukte – zuletzt standen Faktorzertifikate im Mittelpunkt.

Was ist der Nutzen einer umfangreichen Aufklärung, wenn Verbraucher das Kleingedruckte dann doch nicht lesen?

Laut Umfrage liest ein Drittel das Kleingedruckte voll und ganz oder zumindest überwiegend. Aber zugegeben: Das ist kein Traumergebnis. Ich rate jedenfalls keinem, das Kleingedruckte zu ignorieren. Man fährt besser mit der Einstellung, das Kleingedruckte großzuschreiben.

Es geht darum, die Rechtsfolgen der eigenen Verträge zu verstehen. Der Verbraucher geht Verpflichtungen ein und Ansprüche haben Voraussetzungen.

Beides muss einem klar sein. Bestimmte gesetzlich vorgeschriebene Informationen wie die Basisinformationsblätter oder die wesentlichen Anlegerinformationen sind kurz und prägnant und stellen die wichtigsten Eigenschaften und Risiken des Produkts dar. Und dass überraschende Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam sein können, sollte niemand als Freibrief interpretieren, sie gar nicht erst zu lesen.

Wie ist es nach Ihrer Einschätzung um die Beschwerdekultur in Deutschland bestellt?

Die Studie zeigt, dass sich Verbraucher ganz selten offiziell beschweren, obwohl es durchaus Probleme gibt. Nehmen wir Buchungen auf dem eigenen Konto, die der Kunde nicht nachvollziehen kann. Manche Verbraucher haben so eine Situation schon einmal erlebt und sich bestimmt gefragt, was sie machen sollen. Ich empfehle den Betroffenen, als erstes sofort auf die eigene Bank zuzugehen, um die Sache zu klären.

Das gilt auch bei Versicherungen. Wenn das nicht funktioniert, gibt es Ombudsleute und Schlichtungsstellen. Die BaFin selbst betreibt eine Schlichtungsstelle, die sich mit Streitigkeiten von Verbrauchern mit Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten oder Kapitalverwaltungsgesellschaften befasst – vorausgesetzt, dass keine private anerkannte Schlichtungsstelle zuständig ist.

Auch Verbraucherzentralen können unterstützen. Letztlich kann es aber auch erforderlich sein, einen Rechtsanwalt zu kontaktieren, um sein Recht einzuklagen.

Wir als BaFin haben aber immer auch die Gesamtheit der Kunden im Blick, die kollektiven Verbraucherinteressen: Wenn Kunden also zum Beispiel unser Verbrauchertelefon anrufen oder sich auf anderem Wege bei uns beschweren, wie es 2019 rund 17.000 Menschen getan haben, dann prüfen wir, ob in dem Unternehmen ein Missstand vorliegt. Dem gehen wir dann nach. Das machen wir aber nur, wenn das Unternehmen unter unserer Aufsicht steht.

Das wohl erstaunlichste Ergebnis ist, dass 50 Prozent der Befragten denken, ihr Geld sei bei einer Bank nicht sicher, wenn sie zahlungsunfähig ist. Ist das überhaupt eine Glaubenssache?

Nein. Die Sicherungssysteme in Deutschland garantieren Einlagen bis 100.000 Euro, wenn eine Bank zahlungsunfähig wird. Das ist keine Frage des Glaubens, sondern eine Frage der Kenntnis über das Einlagensicherungssystem. Umfassend und übersichtlich kann man sich darüber übrigens in unserer Broschüre zur „Schieflage einer Bank oder eines Versicherers“ (siehe Linkempfehlungen) informieren.

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