Schwarzes Pulver, Glasschläuche voller blauer Flüssigkeiten und jede Menge Hightech: Im südwestenglischen Tavistock zeigt das Unternehmen Altilium, wie sich aus alten Batterien neue Rohstoffe für die Mobilitätswende gewinnen lassen – und das mit Blick auf Kreislaufwirtschaft, Klimaschutz und geopolitische Unabhängigkeit.
Die Basis dafür ist ein unscheinbares Material namens „Black Mass“ – eine Mischung aus Graphit, Nickel, Lithium und Kobalt, gewonnen aus geschredderten Batterien von Elektrofahrzeugen. Was wie Abfall aussieht, ist in Wahrheit eine Rohstoff-Goldgrube.
Recycling statt Abbau: Der neue Rohstoffkreislauf
„Die Zukunft gehört Ländern, die Zugriff auf kritische Rohstoffe haben“, sagt Christian Marston, Mitgründer und Präsident von Altilium. Und genau hier setzt das Unternehmen an: Statt auf fragwürdige Minen in Indonesien oder der DR Kongo angewiesen zu sein, sollen Batterierohstoffe künftig ausrangierten Akkus entnommen und wiederverwendet werden.
Das Verfahren ist komplex: Aus dem geschredderten Material werden mithilfe eines hydrometallurgischen Prozesses – also ohne klimaschädliche Hochöfen – zunächst wertlose Metalle wie Aluminium oder Eisen entfernt, danach Schritt für Schritt wertvolle Metalle wie Nickel, Kobalt und Mangan extrahiert. Selbst Graphit, früher nur unter großem Energieeinsatz rückgewinnbar, kann nun mit Säurebad und Filterung wieder nutzbar gemacht werden.
Von der Laboridee zum industriellen Maßstab
2019 war Altilium kaum mehr als eine Idee. Heute betreibt das Unternehmen eine Recyclinganlage und plant bereits eine große Fabrik nahe Plymouth, mit der pro Jahr Rohstoffe für bis zu 150.000 Elektrofahrzeug-Batterien zurückgewonnen werden sollen. „Unsere Materialien sind voraussichtlich 20 % günstiger als konventionell gewonnene“, sagt Marston. Das bedeutet: wirtschaftlicher Vorteil plus Umweltgewinn.
Ein globales Rennen – mit europäischem Rückstand
Während Unternehmen wie Li-Cycle (Kanada/USA) oder Redwood Materials (USA) mit Milliardeninvestitionen aufholen, hat etwa der deutsche Chemiekonzern BASF sein Batterie-Recyclingprojekt in Spanien zuletzt auf Eis gelegt. Dabei ist laut IEA bis 2040 theoretisch über die Hälfte des weltweiten Lithium- und Nickelbedarfs durch Recycling abdeckbar – wenn Politik und Industrie mitziehen.
In der EU setzt man ab 2025 mit der neuen Batterieverordnung strengere Maßstäbe für Rückgewinnung und Recyclingquoten. Ein Schritt in Richtung zirkulärer Batterieproduktion, doch der Weg bleibt technisch und logistisch anspruchsvoll.
Umwelt- und Wirtschaftsfaktor zugleich
Neben den ökologischen Vorteilen – etwa dem Verzicht auf klimaschädliche Extraktion – geht es auch um strategische Unabhängigkeit. Batterien gelten inzwischen als kritische Infrastruktur, und wer über eigene Rohstoffe verfügt, hat Vorteile im geopolitischen Spiel. „Warum sollen wir unsere Altbatterien nach Asien schicken, wenn wir sie hier aufbereiten können?“, fragt Marston. Der Mehrwert, so seine Rechnung, müsse im Land selbst bleiben.
Ausblick: Vom Abfall zum Zukunftsrohstoff
Forschende wie Xiaochu Wei und Anna Hankin vom Imperial College London bestätigen: Die Technik steht bereit, Recycling kann binnen 5–10 Jahren bis zu 40 % der Batterierohstoffe liefern – unter einer Bedingung: Die Batteriehersteller müssten ihre Produkte künftig so konstruieren, dass sie besser recycelbar sind.
Ein frommer Wunsch – aber einer, der die Transformation zur Kreislaufwirtschaft beschleunigen könnte.
Fazit: Der vermeintliche Batterie-Müll ist in Wahrheit ein strategischer Schatz. Altilium und Co. zeigen, wie nachhaltige Innovation nicht nur die Umwelt, sondern auch Wirtschaft und geopolitische Souveränität stärken kann.
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