Die deutsche Wirtschaft präsentiert sich weiterhin in guter Verfassung.
Im dritten Quartal dieses Jahres konnte die gesamtwirtschaftliche Leistung erneut deutlich steigen. Auch die Erholung der Binnennachfrage hat sich fortgesetzt. Die Wachstumsbasis ist breiter und stabiler geworden. Im vierten Quartal ist zwar mit einem etwas schwächeren, aber immer noch „ordentlichen“ Wirtschaftswachstum zu rechnen. Im gesamten Jahr 2010 steigt das Bruttoinlandsprodukt um gut 3 ½ % – der stärkste Wachstumsschub seit der Wiedervereinigung. Zugleich werden am Jahresende 80 % der rezessionsbedingten Produktionsverluste wieder aufgeholt sein.
Angesichts höherer Beiträge in der Arbeitslosen- und Krankenversicherung sowie Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung wird die Konjunktur 2011 zunächst holprig starten. Auch die Exporte werden etwas langsamer wachsen. Im weiteren Jahresverlauf sollte die Binnennachfrage aber an Zugkraft gewinnen. Vor allem der sich fortsetzende Beschäftigungsaufbau, etwas höhere Lohnabschlüsse sowie freiwillige Sonderzahlungen in Branchen mit besonders guter Ertragslage werden die Kaufkraft stärken.
Im Durchschnitt des kommenden Jahres sollte die deutsche Wirtschaft um gut 2 % expandieren. Trotz der im Vergleich zum laufenden Jahr niedrigeren Rate, bleibt die Dynamik über dem Durchschnitt der Vorkrisenjahre. Die Bäume wachsen aber im kommenden Jahr nicht in den Himmel. Es muss klar sein, dass das außerordentlich starke Wirtschaftswachstum in diesem Jahr ein Sonderfall war.
Die europäische Staatsschuldenkrise stellt nicht nur ein potenzielles Konjunkturrisiko dar: Um weitere Ansteckungseffekte und letztlich das Auseinanderbrechen der Währungsunion zu verhindern, sind finanzielle Hilfen der Euro-Länder untereinander in der gegenwärtigen Lage unverzichtbar. Genauso wichtig ist es aber auch, dass erstens in den betroffenen Staaten ein strikter Konsolidierungs- und Reformkurs eingeschlagen wird und zweitens das finanzpolitische Regelwerk der Währungsunion verbessert wird.
Ein noch weitgehend offenes Reformvorhaben ist ein dauerhafter Krisenbewältigungsmechanismus für die Währungsunion. Er soll den Mitte 2013 auslaufenden Rettungsschirm ersetzen und ausdrücklich auch private Gläubiger an den Krisenkosten beteiligen. Ein transparentes Verfahren für die Bewältigung von Staatsschuldenkrisen unter Einbindung der privaten Gläubiger ist im Prinzip sinnvoll. In der Praxis werden sich aber gravierende Übergangsprobleme vom gegenwärtigen Rettungsschirm zu einem neuen Mechanismus ergeben. Was immer als künftige Maßnahme zum „Bail-in“ privater Gläubiger diskutiert werden wird: Klar ist, dass es eine Unterscheidung bei der Behandlung bestehender und künftiger staatlicher Verpflichtungen geben wird. Deshalb ist es zu begrüßen, dass die Beteiligung privater Gläubiger nur für Staatsanleihen gelten soll, die nach der Installation des neuen Mechanismus emittiert werden und mehrere EU-Regierungen zuletzt genau dies klargestellt haben. Ohne diese Vorgabe wären massive Probleme an den Finanzmärkten zu befürchten gewesen. Daraus ergibt sich allerdings, dass man in ein künftig stabileres System nur Schritt für Schritt hineinwachsen kann. Schon jetzt sind daher Planungen für die Übergangsphase nötig. Ohne eine überzeugende Antwort hierauf könnte ein neuer Krisenmechanismus sogar mehr zur Verunsicherung als zur Planungssicherheit beitragen.
Quelle: BDB
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