Die anhaltende Wirtschaftskrise hinterlässt immer tiefere Spuren in der deutschen Unternehmenslandschaft. Wie das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) bekannt gab, meldeten im Oktober insgesamt 1.530 Personen- und Kapitalgesellschaften Insolvenz an – ein alarmierender Anstieg von 48 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Das Institut spricht von einer Insolvenzwelle, die das Resultat eines „perfekten Sturms“ ist: Eine Kombination aus anhaltender konjunktureller Schwäche, explodierenden Energie- und Rohstoffkosten sowie steigenden Zinsen setzt den Betrieben massiv zu.
Exporte und Produktion im freien Fall
Auch die übrige Wirtschaft zeigt deutliche Schwächesignale. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes verzeichneten die deutschen Exporte im September einen Rückgang von 1,7 Prozent gegenüber dem Vormonat. Das Minus fällt damit deutlicher aus, als von Experten zuvor prognostiziert. Besonders betroffen sind Märkte in Asien und den USA, wo die Nachfrage nach deutschen Produkten infolge der weltweiten Rezessionsängste spürbar zurückgeht.
Ein noch gravierenderes Bild zeigt sich bei der industriellen Produktion. Hier fiel die Gesamtleistung der Industrie, des Baugewerbes und der Energieversorger im Vergleich zum Vormonat um 2,5 Prozent. Besonders die schwächelnde Automobilbranche – traditionell ein Rückgrat der deutschen Wirtschaft – trägt zu diesem Rückgang bei. Die Produktionskürzungen in der Autoindustrie haben direkte Auswirkungen auf Zulieferer, den Maschinenbau sowie auf die Energienachfrage.
Kostendruck erdrückt Unternehmen
Das IWH betont, dass insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) von der aktuellen Krise betroffen sind. Viele Betriebe hätten bereits während der Pandemie ihre Rücklagen aufgebraucht und stünden nun vor dem Problem, drastisch gestiegene Betriebskosten nicht mehr decken zu können. Energieintensive Branchen wie die Chemie-, Metall- und Bauindustrie befinden sich dabei in besonders prekärer Lage. Hinzu kommt der massive Zinsanstieg, der die Finanzierung von Investitionen für viele Unternehmen nahezu unmöglich macht.
Experten warnen vor Dominoeffekt
Wirtschaftsexperten warnen davor, dass die Insolvenzwelle noch lange nicht ihren Höhepunkt erreicht hat. „Was wir derzeit sehen, ist nur die Spitze des Eisbergs“, erklärte ein Sprecher des IWH. Viele Unternehmen versuchen bislang, durch Einsparungen oder den Verkauf von Vermögenswerten über Wasser zu bleiben. Doch ohne eine nachhaltige wirtschaftliche Erholung und Entlastung bei den Kosten drohe eine weitere Zuspitzung der Situation.
Die Entwicklungen werfen zudem einen Schatten auf den Arbeitsmarkt. Während die Arbeitslosenquote bislang relativ stabil blieb, wird befürchtet, dass zunehmende Firmenpleiten in den kommenden Monaten zu einem deutlichen Anstieg der Erwerbslosenzahlen führen könnten.
Regierung unter Druck
Angesichts der dramatischen Entwicklungen wächst der Druck auf die Bundesregierung, rasch und entschlossen zu handeln. Wirtschaftsverbände fordern gezielte Hilfspakete für besonders betroffene Branchen sowie steuerliche Entlastungen, um den Liquiditätsengpass vieler Betriebe zu entschärfen. Doch auch langfristige Maßnahmen, wie etwa der schnellere Ausbau erneuerbarer Energien und eine Reform der Unternehmenssteuern, stehen auf der politischen Agenda.
Ob die Bundesregierung die Krise entschärfen kann, bleibt abzuwarten. Klar ist jedoch: Die deutsche Wirtschaft steht vor einer ihrer härtesten Bewährungsproben seit der Finanzkrise 2008.
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