Seit dem Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH)vom 6. Oktober 2021 ist es überfällig, dass die betroffenen Sparkassen bei den Langzeitsparverträgen „Prämiensparen flexibel“ aktiv auf Ihre Kund*innen zugehen, statt weiter auf Verjährungen zu setzen. Weil die Sparkassen dem bisher immer noch nicht nachkommen, hat das Aktionsbündnis aus Bürgerbewegung Finanzwende, Geldratgeber Finanztip und Verbraucherzentrale Sachsen heute im Rahmen einer Protestaktion dem Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV), das Ergebnis einer Petition überreicht. Die Aufforderung von mehr als 17.500 Menschen: Zahlt die vorenthaltenen Zinsen nach!
„Das Spiel auf Zeit muss ein Ende haben“, meint Hermann-Josef Tenhagen, Chefredakteur von Finanztip, mit Blick auf das Jahresende und die damit verbundene erneute Verjährung von Zinsansprüchen Tausender Kunden, denen 2019 gekündigt wurde. „Allein 2021 hat der Bundesgerichtshof drei Mal geurteilt, dass die Klauseln zur Zinsanpassung in den Prämiensparverträgen unwirksam sind. Wie viele höchstrichterliche Urteile braucht es noch, bis die Sparkassen sich in Bewegung setzen, statt permanent auf die Verjährung der Ansprüche zu pokern?“, fragt Tenhagen.
„Weil wir Möglichkeiten schaffen wollen, die Verjährung der Ansprüche zu verhindern, haben wir auch 2022 Musterfeststellungsklage gegen eine weitere sächsische Sparkasse eingereicht“, berichtet Andreas Eichhorst, Vorstand der Verbraucherzentrale Sachsen. „Die vielfach hochbetagten Betroffenen würden es sehr begrüßen, wenn wir nicht auch im kommenden Jahr weitere Musterklagen einreichen müssten, sondern die Sparkassen endlich Einsicht zeigen würden und Prämiensparer zu ihrem Recht und Geld kämen.“
Auch Julian Merzbacher, Sprecher der Bürgerbewegung Finanzwende, appelliert: „Die Sparkassenkunden müssen fair behandelt werden. Schließlich haben sie den Sparkassen über viele Jahre ihr Vertrauen geschenkt.“
Mit der im Januar gestarteten Petition „Sparkassen: Zahlt die Zinsen!“ hatten nicht nur Sparkassenkund*innen die Chance, ein Zeichen zu setzen. Mehr als 17.500 Menschen erhöhen jetzt mit ihrer Unterschrift den Druck auf die Kreditinstitute. „Viel zu oft kommen Banken und Sparkassen mit ihrer Verzögerungstaktik durch“, sagt Julian Merzbacher von Finanzwende. „Es muss wieder gelten: Wer Fehler begeht, muss auch die Konsequenzen tragen und Verantwortung übernehmen – dies gilt erst recht in einem so sensiblen Bereich wie der Zinsberechnung.“
Hintergrund
In dem seit über zwei Jahren laufenden Rechtsstreit zwischen der Verbraucherzentrale Sachsen und vielen sächsischen Sparkassen hat der Bundesgerichthof seit 6. Oktober 2021 in drei Verfahren entschieden, dass die in den Langzeitsparverträgen „Prämiensparen flexibel“ verwendeten Klauseln zur Zinsanpassung unwirksam sind. Außerdem hat der BGH entschieden, dass bei der ergänzenden Vertragsauslegung ein langfristiger von der Deutschen Bundesbank veröffentlichter Zinssatz bei Wahrung des relativen Zinsabstands anzuwenden ist und die Verjährungsfrist frühestens mit Vertragsende beginnt. Die Entscheidung, welcher konkrete Referenzzins anzuwenden ist, muss das Oberlandesgericht Dresden noch treffen. Durch die Verzögerungstaktik der Sparkassen, die nach Ansicht des Aktionsbündnisses eigentlich auf die Einrede der Verjährung verzichten und auf die Kundschaft proaktiv zugehen sollten, drohen aber zum Jahresende erneut zahlreiche Zinsansprüche der betroffenen Kund*innen zu verjähren. Dies betrifft Verträge in vielen Regionen, beispielsweise der Sparkassen in Dresden, München, Nürnberg, Saarbrücken oder Osnabrück. Dort wurden 2019 in großem Umfang Verträge gekündigt. Nachforderungen verjähren in diesen Fällen zum 31. Dezember 2022.
Laut Berechnungen von Verbraucherschützer*innen entgingen den Sparenden oft mehrere Tausend Euro Zinsen beim Prämiensparen.
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