Wenn ein Gläubiger nach einem gewonnenen Urteil noch offene Rechtsanwaltskosten hat, die die Gegenseite trotz Aufforderung nicht bezahlt, kann er verschiedene Schritte unternehmen, um die Forderung durchzusetzen:
1. Zwangsvollstreckung einleiten
Da die Rechtsanwaltskosten in der Regel Teil des im Urteil festgestellten Anspruchs (z. B. Kostenerstattungsanspruch) sind, hat der Gläubiger einen vollstreckbaren Titel (das Urteil). Mit diesem Titel kann er die Zwangsvollstreckung einleiten.
Dazu sind folgende Schritte notwendig:
- Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Urteils: Diese kann beim Gericht, das das Urteil erlassen hat, beantragt werden.
- Beauftragung eines Gerichtsvollziehers: Der Gerichtsvollzieher kann z. B. in das Vermögen des Schuldners vollstrecken, Bankkonten pfänden oder Vermögensgegenstände beschlagnahmen.
- Konten- oder Lohnpfändung: Alternativ kann der Gläubiger einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (PÜB) beantragen, um Bankguthaben oder Gehaltszahlungen des Schuldners zu pfänden.
2. Antrag auf Vermögensauskunft (früher eidesstattliche Versicherung)
Wenn der Schuldner nicht zahlt und eine Zwangsvollstreckung ins Leere läuft, kann der Gläubiger vom Gerichtsvollzieher verlangen, dass der Schuldner zur Abgabe der Vermögensauskunft (ehemals „eidesstattliche Versicherung“) aufgefordert wird. In dieser muss der Schuldner sein gesamtes Vermögen offenlegen. Diese Information kann dem Gläubiger helfen, mögliche pfändbare Vermögenswerte ausfindig zu machen.
3. Drittschuldner suchen
Wenn der Gläubiger weiß, dass die Gegenseite Einkünfte (z. B. Gehalt) oder Forderungen gegen Dritte (z. B. gegen Geschäftspartner oder Banken) hat, kann er gezielt eine Forderungspfändung beantragen. Der Drittschuldner (z. B. Arbeitgeber oder Bank) zahlt dann direkt an den Gläubiger.
4. Eintrag ins Schuldnerverzeichnis oder Haftbefehl
Weigert sich der Schuldner, die Vermögensauskunft abzugeben, kann der Gläubiger beantragen, den Schuldner ins Schuldnerverzeichnis eintragen zu lassen. Dies hat erhebliche Konsequenzen für die Bonität des Schuldners. Außerdem kann das Gericht auf Antrag einen Haftbefehl gegen den Schuldner erlassen, um die Abgabe der Vermögensauskunft zu erzwingen.
5. Zinsen geltend machen
Falls die Gegenseite die Zahlung verzögert, kann der Gläubiger zusätzlich Verzugszinsen verlangen. Diese beginnen ab dem Zeitpunkt der Fälligkeit (meist ab Rechtskraft des Urteils oder der Zustellung der Kostenfestsetzung) und betragen in der Regel 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz (§ 288 BGB). Bei Handelsgeschäften können es sogar 9 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz sein.
6. Rechtsanwalt einschalten
Falls die Situation kompliziert ist oder der Gläubiger nicht sicher ist, wie er vorgehen soll, kann es sinnvoll sein, erneut einen Rechtsanwalt zu beauftragen. Die Kosten für die Zwangsvollstreckung und anwaltliche Unterstützung können in der Regel ebenfalls gegenüber dem Schuldner geltend gemacht werden.
Zusätzliche Hinweise
- Kostenfestsetzungsbeschluss: Falls die Rechtsanwaltskosten noch nicht ausdrücklich festgesetzt sind, sollte der Gläubiger einen Antrag auf Kostenfestsetzung bei dem Gericht stellen, das das Urteil erlassen hat. Erst mit einem Kostenfestsetzungsbeschluss hat er einen Titel über die Anwaltskosten.
- Verjährung beachten: Forderungen aus einem Urteil verjähren nach 30 Jahren (§ 197 BGB). Es ist daher ausreichend Zeit vorhanden, aber ein rechtzeitiges Handeln ist empfehlenswert.
Zusammenfassung: Der Gläubiger kann die offenen Rechtsanwaltskosten mit Hilfe des vollstreckbaren Titels durch Zwangsvollstreckung eintreiben. Wenn dies erfolglos bleibt, sind Vermögensauskünfte oder Pfändungen mögliche nächste Schritte. Zögern Sie nicht, einen Rechtsanwalt oder Gerichtsvollzieher einzuschalten, um die Durchsetzung Ihrer Forderung zu beschleunigen.
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